Der Nährstoffgehalt von Gemüse ändert sich selbst nach der Ernte, wenn man es weiter einem regelmäßigen Lichtwechsel aussetzt.
Dieser Artikel wurde am 23. August 2013 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Gemüse ist gesund. Das weiß jeder. Selten denkt man aber daran, dass jedes Gemüse noch eine lebende Pflanze ist, wenn man es im Supermarkt kauft und zu Hause im Dunkel der Gemüselade verschwinden lässt. Gemüse schlafen legen, das könnte man auch dazu sagen.

Eh wurscht, oder? Nicht ganz, da Pflanzen wie alle anderen Lebewesen intensiv auf ihre Umwelt reagieren. Jeder kennt die Sonnenblumen, die sich über den Tag hinweg mit der Sonne mitdrehen und weiß, dass manche Blumen, wenn es Nacht wird, ihre Blüten schließen. Forscher der Rice University haben nun in einer Studie gezeigt, dass Pflanzen nicht nur äußerlich auf den Tagesverlauf reagieren, sondern auch innerlich: Pflanzen regeln anhand des Tag-/Nacht-Rhythmus, welche Phytochemikalien wann produziert werden. So werden zB Abwehrhormone immer dann produziert, wenn die Insektenzeit des Tages beginnt, und Raupen ihrer Fresslust nachgehen möchten.

Weiß man um diesen Rhythmus und versteht ihn, kann man seine Auswirkungen nutzen, um den Nährstoffgehalt von Gemüse für den Menschen beim Essen zu maximieren.

Janet Braam, Biochemie-Professorin an der Rice University, und ihr Team hat versucht, diese Zyklen zu erforschen, und Gemüse wie Kohl, Brokkoli, Spinat, Salat, Zucchini, Heidelbeeren, Karotten oder Süßkartoffeln untersucht. Für die Studie wurde die eine Hälfte einer Gemüsesorte einem normalen Tag-/Nacht-Zyklus ausgesetzt, während man für die andere Hälfte den Rhythmus umgekehrt hat. Kurz: die eine Hälfte hatte Jet-Lag, die andere Hälfte nicht. Das gesamte Gemüse wurde dann einer Horde hungriger Raupen zum Fraß vorgeworfen.

Die Raupen fressen, laut Braam, normalerweise am späten Nachmittag, so dass zum Beispiel grünes Blattgemüse wie Kohl unter Tags eine erhöhte Produktion an Glucosinolaten aufweist, eine chemische Verbindung, die Raupen nicht gerade mögen. Die Studie hat aufgezeigt, dass Kohlgemüse, das einem normalen Tag-/Nacht-Rhythmus ausgesetzt wurde, erheblich weniger Schäden aufweist, als wenn es zuvor im Dunkeln gelegen hat. Das gleiche konnte für die anderen Gemüsesorten nachgewiesen werden. Selbst Früchte und Wurzeln produzieren als Reaktion auf Licht eine Form von Insektenschutz. Warum das wichtig ist? Weil Glucosinolate auch mit Krebs-Vorbeugung in Zusammenhang gebracht werden.

Damit besteht die Möglichkeit, dass auch der Gehalt von Vitaminen und Antioxidantien mit dem Tagesverlauf variiert. Das Team um Professorin Braam plant schon weitere Studien, um das Phänomen weiter und genauer zu erforschen. Ihr Ziel ist es herauszufinden, wie man diesen Effekt ideal für die menschliche Ernährung nutzbar machen kann.

Vielleicht hat der Kühlschrank der Zukunft nicht nur ein Licht, dass beim Öffnen angeht, sondern ein integriertes, programmierbares Licht, damit das Gemüse zum Abendessen nicht nur gut schmeckt, sondern auch die höchstmöglichen Nährstoffgehalt aufweist, den es haben kann.