Es bewegt sich der Trend definitiv in Richtung ökofaire Mode. Aus einer Marktnische wird schön langsam eine ernstzunehmende Branche.
Dieser Artikel wurde am 20. September 2013 veröffentlicht
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Die WearFair Messe findet im Herbst zum sechsten Mal statt und ist mit über 5000 BesucherInnen zu einem Fixpunkt für nachhaltige Mode und Design in Österreich geworden. Das diesjährige Motto der Messe lautet: “WearFair & mehr – DIE Messe für Mode & Lifestyle – ökologisch, fair, nachhaltig!” Vom 27.-29. September wird in der Tabakfabrik Linz neben Mode auch aktuelles zu Mobilität, Ernährung und nachhaltigem Lebensstil präsentiert.

In der letzten Zeit haben sich Schlagzeilen über Unglücke und Todesfälle in Textilfabriken gehäuft. Inwiefern hat sich leider vor allem durch diese traurigen Medienberichte in der Gesellschaft eine verstärkte Sensibilisierung für die Missstände in der Bekleidungsindustrie gebildet?

Die zahlreichen Tragödien von Zulieferbetrieben der Bekleidungsindustrie haben –  ausgelöst durch die weltweite Berichterstattung – bestimmt eine Bewusstseinsbildung aller Käuferschichten bewirkt. Es ist für Jedermann nachvollziehbar, dass z.B. ein T-Shirt für EUR 9.90,-, welches in Bangladesh gefertigt und um die halbe Welt verschifft wird, nicht zu fairen und akzeptablen Bedingungen für Mensch und leider meist auch für die Umwelt, produziert werden kann. Die “Billig um jeden Preis” Mentalität hat mit dieser Tragödie leider ein Gesicht bekommen. Die Medien prangern dabei vor allem die Politik der “Ich wusste von nichts” Einkaufsabteilungen großer Bekleidungsketten an, die sich bei solchen Katastrophen jeglicher Verantwortung entziehen. Da muss man sich als Konsument schon überlegen, ob man ein Glied dieses Kreislaufes sein möchte.

Genau das passiert im Augenblick. Der informierte Konsument fragt mehr denn je nach und verlangt, dass die von ihm erstandene Ware ethisch und ohne Konsequenzen für die Mitmenschen, die Umwelt und im weitesten Sinne die Welt sowie auch Wirtschaftspolitik ist. Dieses Wissen um seine Macht als Käufer setzt er nun verstärkt ein um Veränderungen zu bewirken. Wir, von der “WearFair & mehr” spüren diese Strömung ganz deutlich. Die Menschen sind viel aufgeschlossener unserer Messe gegenüber. Sponsoren zeigen sich interessiert und vor allem unsere AusstellerInnenzahl ist heuer enorm gewachsen. Auch die Zuschriften an unsere Kontaktadressen haben sich stark vermehrt und das generelle Interesse an unserer Messe ist signifikant gestiegen.

Wie ist die Nachfrage nach fairer ökologischer Mode global bzw. national?

Die globale und vor allem die nationale Nachfrage nach ökologischer Mode ist im Steigen. Doch auch hier kommt es darauf an, was man als ökologisch faire Mode bezeichnet. Ein Produkt aus Biobaumwolle  – das Angebot dieser Produkte, vor allem großer Ketten ist sehr stark gestiegen – kann nicht als ökologisches Produkt gelten. Es geht um eine faire, ökologisch einwandfreie Zuliefererkette, die sicherstellt, dass faire Löhne an die Arbeiter bezahlt werden, Sozialstandards eingehalten werden und die Umwelt und deren Ressourcen weitestgehend geschont werden. So eine Zulieferkette sicherzustellen ist schwierig, arbeitsintensiv und natürlich in Hinblick auf die Zertifizierungen auch teuer. Dennoch greifen auch immer mehr große Textilkonzerne diese Ideen auf und setzen sie um.  Es bewegt sich der Trend definitiv in Richtung ökofaire Mode. Aus einer Marktnische wird schön langsam eine ernstzunehmende Branche.

Sind für KonsumentInnen faire Arbeitsbedingungen und umweltschonende Erzeugung neben Design und Style wichtige Faktoren beim Kleidungskauf bzw. sind diese auch bereit dafür mehr zu zahlen?

Ja, der Konsument denkt um. Stimmen Design und Style, sind sie bereit mehr für ökofaire Mode zu bezahlen. Sie bezahlen ja auch mehr für Biogemüse & -fleisch! Wie viel mehr ist jedoch schwer abzuschätzen, da dies vom jeweiligen Budget des Käufers abhängt.

Inwiefern ist Ihrer Meinung nach das Bewusstsein für nachhaltige und faire Textilien bereits am Massenmarkt und bei globalen Modeketten angekommen?

Das Bewusstsein für nachhaltige und faire Textilien hat bereits den Massenmarkt erreicht und nicht wenige Großunternehmen versuchen durch “Greenwashing” aus diesem Trend Profit zu schlagen. Ein klangvoller Name einer “Grünen Kollektion” sagt jedoch sehr wenig über die Hintergründe der Produktion für diese Bekleidungslinie aus. Ich persönlich denke, dass viele Konzerne sich darauf verlassen, dass das genügt und die Konsumenten nicht nachfragen oder nachprüfen, sondern einfach ein bisschen mehr zahlen und man damit als Unternehmen wiederum mehr verdienen kann. Verstehen Sie mich nicht falsch, lieber Biobaumwolle als herkömmliche Textilien, aber dies kann wirklich nur ein erster Schritt sein. Genauso wichtig ist es auch den Zulieferbetrieben und deren Angestellten eine faire Bezahlung, menschenwürdige und gesundheitsunbedenkliche Arbeitsbedingungen zu ermöglichen sowie weltweite Umweltstandards für die Bekleidungsproduktion zu setzen – auch wenn die gesetzlichen Bestimmungen hier in den einzelnen Herstellungsländern oft viel niedriger sind als hierzulande.

Wie können KonsumentInnen Orientierung über die verschiedenen Qualitätssicherungen im Bereich der ökofairen Mode finden?

Es gibt ein große Anzahl an Gütesiegeln, die sich mit den verschiedenen Standards weltweit auseinandersetzen. Auf unserer Website finden Sie z.B. den “Ethical Fashion Guide” zum freien Download um sich im “Gütesiegeldschungel” zurechtzufinden. Auch wird sich auf unserer Messe die Initiative “bewusst kaufen” interaktiv mit diesem Thema befassen. Interessierte Konsumenten finden ferner im Internet viele Seiten Informationen über dieses Thema.

Die Oberösterreicherin Ulrike Varty ist seit Februar 2013 die neue Geschäftsführerin der “WearFair & mehr” Messe. Die Messe wurde 2008 im Zuge der gleichnamigen Initiative von Südwind und dem Klimabündnis gegründet. Im Jahr 2012 waren 120 Labels auf der Messe vertreten.