Mehr Grün in der Stadt / Fotocredit: Pxhere
Mehr Grün in der Stadt / Fotocredit: Pxhere
Mit mehr Grün in der Stadt kann der Urban Heat Island Effect wirkungsvoll reduziert werden.
Dieser Artikel wurde am 17. Juni 2019 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Die ersten richtig heißen Sommerwochen ziehen ins Land, der Schweiß steht auf der Stirn und die hitzebedingte Trägheit macht sich in den Städten breit. Vom Stadtrand zur Stadtmitte kann es zu einem Temperaturunterschied von bis zu 12°C kommen1. Dem „Stadtdschungel“ fehlt es eindeutig an Pflanzen. Grüne Infrastrukturen können für die notwendige Abkühlung sorgen und den Urban Heat Island Effekt (Urbaner Hitzeinseleffekt) reduzieren.

 

Was sind grüne Infrastrukturen?

Grüne Infrastrukturen sind Netzwerke (semi-) natürlicher Lebensräume, wie Parks, begrünte Fassaden und Dächer, Wasser(wege) mit grünen Freiflächen oder auch Alleen, die strategisch eingesetzt werden, um viele notwendige Ökosystemleistungen zu erfüllen.2 Der Einsatz von Pflanzen ermöglicht nicht nur eine Verbesserung der Wasser- und Luftqualität, der Biodiversität, des Regenwassermanagements und des Mikroklimas, sondern eben auch einen reduzierten Temperaturanstieg.3 Die Menschen bekommen dadurch eine gesundere Umwelt, die sich positiv auf ihre eigene Gesundheit und Lebensqualität auswirkt.2

Mehr Grün in der Stadt soll nicht einfach eine ästhetische Verschönerung darstellen, sondern funktionell als Infrastrukturmaßnahme eingesetzt werden, um die steigenden Herausforderungen des Klimawandels zu meistern und nachhaltige Städte zu schaffen.4 Wichtig dabei ist es zu beachten, dass geeignete Pflanzenarten ausgewählt werden, die den extremen Standortbedingungen des Stadtklimas angepasst sind.

 

Urban Heat Island Effekt1

Der Urban Heat Island (UHI) Effekt beschreibt den starken Temperaturunterschied zwischen dem Stadtgebiet und seinem Umland. Dieser entsteht durch die dichte Verbauung und der damit verbundenen Versiegelung von vormals durchlässigen Oberflächen.

Der Wasserkreislauf wird durch die Bodenversiegelung unterbrochen, weshalb die Verdunstungsprozesse in ihrer natürlichen Form gestört werden. Anstatt das Regenwasser versickern zu lassen, wird es sofort über den Kanal abgeleitet. Das Niederschlagswasser kann gar nicht vor Ort verdunsten. Die Evapotranspirationsleistung ist somit stark vermindert, weshalb auch der Abkühlungseffekt stark reduziert ist.

Die Gebäude stellen eine Barrikade für die natürliche Luftzirkulation dar und nehmen vermehrt Wärme auf, insbesondere wenn es sich um dunkle Materialen handelt. Die Wärme wird gespeichert und langsam über Nacht abgegeben, wodurch eine Abkühlung nicht oder sehr verspätet einsetzt. Nicht zu vergessen ist auch die entstehende Abwärme von Industrie, Fahrzeugen und technischen Anlagen wie Klimaanlagen, die den UHI Effekt zusätzlich verstärkt.

Gemindert werden kann der UHI Effekt mit dem bewussten Einsatz von Pflanzen, die noch zusätzlich beschatten, und versickerungsfähigen Oberflächen.

 

Grüne Infrastrukturmaßnahmen zur Reduktion des UHI Effekts

Um die Vorteile grüner Infrastrukturen zu nutzen, können verschiedene Maßnahmen gesetzt werden. Der UHI Strategieplan der Stadt Wien listet viele verschiedene strategische Maßnahmen auf, die im urbanen Raum Abhilfe gegen die Tropenhitze schaffen können. Hier ein kleiner Überblick über die Maßnahmen unter Anwendung von Pflanzen. (Andere Maßnahmen entnehmen Sie bitte dem UHI Strategieplan).1

 

Gebäudebegrünung / Fotocredit: Flickr
Gebäudebegrünung / Fotocredit: Flickr

 

Dach- und Fassadenbegrünung

Gründächer, wie im letzten Beitrag schon näher beschrieben, oder Fassadenbegrünungen können direkt an den Gebäuden installiert werden. Es gibt auch verschiedene Arten der Fassadenbegrünung. Die Ausführungsarten reichen von Begrünungen mit Bodenanschluss, in Trögen oder direkt an der Fassade befestigten Modellen mit oder ohne Rankhilfe.5 Die vielfältige Ausgestaltung ermöglicht eine Begrünung so gut wie aller Fassadentypen, sofern die statische Eignung gegeben ist.6 Die Stadt Wien vergibt Förderungen für neue Dachbegrünungen und Fassadenbegrünungen mit max. 2.200€.

Vertikale Begrünungen können auch als Ausgleichsmaßnahmen für größere Infrastrukturprojekte, wie zum Beispiel (Stadt-) Autobahnen, eingesetzt werden.7 Im kleineren Rahmen sind Fassadenbegrünungen auch als vertikale Gärten zu Urban Gardening Zwecken relativ leicht umzusetzen.8

 

 

Offene Oberflächen: grün und blau

Aufgelassene Industrieareale, verbaute Wasserwege oder sonstige Brachflächen können renaturiert, unbebaute Flächen für die Freiraumnutzung gestaltet werden. Offene Wasseroberflächen tragen ebenso zur Abkühlung bei – nicht nur, wenn man selbst hineinspringt.

 

 

Mehr Wasser in der Stadt / Fotocredit: Pxhere
Mehr Wasser in der Stadt / Fotocredit: Pxhere

 

Entsiegelung: wasserdurchlässige Oberflächen

Transportwege und -flächen, die keiner ständigen, starken Belastung ausgesetzt sind, können mit durchlässigen Oberflächenbefestigungen ausgestattet werden. Wassergebundene Decken, Schotterrasen, Pflasterungen mit offenen Fugen oder Rasengittersteine befestigen nicht nur den Boden, sondern helfen auch aktiv ein nachhaltiges Regenwassermanagement für das Stadtgebiet zu ermöglichen. Bei Starkregenereignissen kann so mehr Regenwasser versickern und entlastet das Kanalnetz.

 

Parks, Wälder, Stadtbäume und Alleen

Kleine Grünflächen verbessern das Mikroklima, große Grünflächen wie Parks haben auch weiterreichende Auswirkungen auf das Mesoklima einer Stadt. Die abkühlende Wirkung von Bäumen ist so groß, dass sie auch tagsüber wirkt und zusätzlich Schatten spendet. Die Stadt Wien ist von der „natürlichen Klimaanlage“ überzeugt.9

 

Wasserdurchlässige Oberflächen, überall wo es möglich ist / Fotocredit: Pexels
Wasserdurchlässige Oberflächen und Pflanzen, überall wo es möglich ist / Fotocredit: Pexels

 

Der Sommer muss in der Stadt nicht unerträglich heiß sein. Die Vorteile von bewusst eingesetzter Vegetation sind bekannt und und werden fortlaufend weiter erforscht.10 Jede und Jeder kann für etwas mehr Grün in der Stadt sorgen. Wer gleich damit anfangen will, kann sich gleich mal für ein Fassadenmodul bewerben oder schlichtweg selbst kreativ werden.

 

Quellen: 1 UHI STRAT – Stadt Wien | 2 European Commission | 3 INTERREG  | 4 Irish Examiner | 5 Leitfaden Fassadenbegrünung | 6 GRÜNSTATTGRAU | 7 Alexandra Medl | 8 Energieleben | 9 ORF | 10 Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau

 

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