Aus stillgelegten Kohlebergwerken könnte der für die Elektromobilität so wichtige Rohstoff gewonnen werden.
Dieser Artikel wurde am 10. Mai 2021 veröffentlicht
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Der Abbau von Lithium ist umstritten – hauptsächlich aus Umweltgründen. Rohstoffe spielen jedoch eine zentrale Rolle bei der Energiewende und sind auch ein Schlüsselelement der Elektromobilität. Lithiumvorkommen in Europa machen jedoch nur 1-2% der weltweiten Produktion aus. Beide Probleme könnten der Vergangenheit angehören: Laut Volker Presser vom Leibniz-Institut für neue Materialien könnte Deutschland bald zumindest einen (kleinen) Teil seines eigenen Lithiumbedarfs decken können: aus dem Grubenwasser in verlassenen Bergbautunneln.

Pressers Forschungsprojekt MERLIN befasst sich mit der Gewinnung von Lithium aus dem Wasser stillgelegter Bergwerke. In den ehemaligen Kohlefeldern des Ruhrgebiets und der Saar sickern Regenwasser und Oberflächenwasser durch Hunderte von Metern Gesteinsschichten in die alten Bergbautunnel. Und dort wird es schließlich zu Grubenwasser. Auf dem Weg in die Tiefe reichert es sich mit Mineralien wie Natrium, Kalium und Kalzium an. Obwohl diese Substanzen häufig vorkommen und als solche nicht viel Aufmerksamkeit erregen, reichert sich diese Art von Wasser auch mit Elementen wie Strontium, Barium oder Lithium an. Diese wiederum sind für die Industrie sehr interessant. Schätzungsweise 1.900 Tonnen hochwertiges Lithium könnten jährlich in den Bergwerken gewonnen werden. Bislang wurde es zusammen mit dem Grubenwasser über Flüsse wie die Blies und die Saar abgeleitet. Das muss getan werden, damit sich in den ehemaligen Bergbauregionen das Trinkwasser nicht mit dem belasteten Wasser aus den Kohlegruben vermischt.

Lithium spielt bei der Elektromobilität eine Schlüsselrolle. Aus diesem Grund konzentriert sich das Projekt auf die „ionenselektive Elektrochemie“. Beim MERLIN-Prozess funktioniert das so: Zuerst wird das Grubenwasser durch die spezielle MERLIN-Zelle geleitet. Diese enthält zwei Elektroden mit unterschiedlichen Polaritäten. Lithium- und Chlorionen werden von einer der Elektroden angezogen. Während alle anderen gelösten Substanzen zusammen mit dem Grubenwasser aus der Zelle abgegeben werden. Dann fließt Süßwasser in die Zelle, die Lithium und Chlor in Form von Lithiumchlorid sammelt. Mit jeder Wiederholung dieses Vorgangs steigt die Konzentration von Lithiumchlorid im Wasser. Das Lithium endet als Feststoff, nachdem das restliche Wasser verdampft ist. Da die angelegte elektrische Ladung während der Entladung fast vollständig wiederhergestellt wird, ist der MERLIN-Prozess zudem eine energieeffiziente Methode.

In Deutschland geht man davon aus, dass die derzeitige Produktionskapazität für Akkus von aktuell weniger als 10 Gigawattstunden bis 2025 auf 70 bis 240 Gigawattstunden steigen könnte. Das würde einem gesteigerten Lithiumbedarf von bis zu 30.500 Tonnen pro Jahr bedeuten. Das gefilterte Grubenwasser dürfte dabei hilfreich sein. Ein Liter des Grubenwassers kommt aber nur auf etwa 20 Milligramm Lithium. Das würde 1.900 Tonnen Lithium jährlich gleichkommen.


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