Fotocredit: Magistrat Wien
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Josef Gottschall von der Abteilung Wien Kanal des Magistrats Wien spricht im Interview über die Dritter Mann-Tour durch die Wiener Kanalisation. Und was Besucher dabei für den Alltag lernen können.
Dieser Artikel wurde am 10. Mai 2019 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Josef Gottschall von der Abteilung Wien Kanal des Magistrats Wien spricht im Interview über die Dritter Mann-Tour durch die Wiener Kanalisation. Und was Besucher dabei für den Alltag lernen können.

Was ist die Dritter Mann-Tour?

Die „Dritter Mann“-Tour ist eine Führung auf den Spuren des britischen Filmklassikers „Der dritte Mann“ von Carol Reed. Schlüsselszenen in diesem Film spielen in der Wiener Kanalisation. Wir wollten diesen tollen Schauplatz der Öffentlichkeit zugänglich machen und den Besuchern zugleich zeigen, dass er nicht nur eine Filmkulisse ist, sondern auch ein Arbeitsplatz. Die Führung dauert eine Stunde und teilt sich gleichermaßen auf den Film, wie auf das Kanalthema auf. Uns ist es auch wichtig zu erklären, wie Kanalarbeit funktioniert, aber auch die Bedeutung des Kanalnetzes als Infrastruktur und als wichtiges Fundament für die Gesundheit der Stadt.

Fotocredit: Magistrat Wien
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Der Film „Der Dritte Mann“ feiert übrigens heuer am 31. August sein 70-jähriges Filmjubiläum. Am Samstag, den 31. August 2019, führen wir aus diesem Anlass im Rahmen des Wiener Filmfestivals am Rathausplatz den Film bei freiem Eintritt in der englischen Originalversion vor. Filmbeginn ist um 20:30.

Die Wiener Kanalisation scheint ja als Filmkulisse geradezu ideal. Gab es noch weitere Filmdrehs?

Wir hatten sogar eine Anfrage für „Mission Impossible“. Als Drehort kam das dann aber nicht in Frage, weil es sich nicht umsetzen ließ, dass hier Motorboote fahren. Gedreht wurde unter anderem aber schon für Netflix-Serien wie Berlin Station, für den Filmklassiker „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“, für Kommissar Rex, Soku Donau und auch für die Christine Nöstlinger-Verfilmung „Maikäfer flieg“

Was möchte die Tour Besuchern noch vermitteln?

Der Kanalarbeiter erklärt den Teilnehmern anhand der Arbeitsschritte vor allem auch, was nicht in den Kanal gehört. Unser Appell: Das Klo ist kein Mistkübel! Wir wollen die Menschen animieren, über ihr Verhalten nachzudenken, aber ohne erhobenen Zeigefinger. Es gehören zum Beispiel keine Essensreste ins Klo, weil diese die Ratten anziehen. Auch das Katzenkistl gehört nicht im Klo entsorgt, sondern im Restmüll. Fett und Ölreste sollen nicht ins Abwasser gelangen. Und auch keine Feuchttücher. Denn diese verkleben sich wie zu einem Haarzopf, der dann die Pumpen lahmlegt. Das ist vor allem für kleinere Gemeinden mit kleineren Anlagen eine sehr große finanzielle Belastung. Die Pumpen müssen dann nämlich händisch zerlegt, gereinigt und wieder zusammengebaut werden. Das ist sehr aufwändig.

Fotocredit: Magistrat Wien
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Was darf denn dann ins Klo?

Nur das, was der menschliche Körper ausscheidet – und normales Klopapier. Es ist genau genommen sogar gesetzlich verboten, Abfall in der Kanalisation zu entsorgen. Ein großer Irrglaube ist ja auch, dass Feuchttücher und feuchtes Klopapier dasselbe sind. Dabei sind billige Kosmetiktücher und Feuchttücher oftmals aus reißfestem, synthetischen Material, das sich im Wasser nicht auflöst. Feuchtes Klopapier ist viel teurer. Und auch davon sollte man laut Herstellerangaben nur maximal drei Blatt pro Spülung ins Klo werfen.

Wo kann es noch zu Problemen kommen?

Beim Inhalt des Aschenbechers zum Beispiel. Giftstoffe, die sich im Wasser aus benützten Zigarettenfiltern lösen, können in großen Mengen zum Problem werden. Legen Sie einmal ein paar gebrauchte Zigarettenfilter ins Wasser. Sie werden staunen wie das aussieht. Gerade bei biologischen Kläranlagen könnte das problematisch werden, weil diese Stoffe dann erst von den Bakterien abgebaut werden müssen. Andere Materialien, die sich nicht auflösen, bleiben am Werkzeug und an den Stiefeln der Kanalarbeiter hängen und erschweren ihnen die Arbeit. Es ergibt ja auch überhaupt keinen Sinn, dass man etwas wo reinwirft, wo an es dann erst wieder mühevoll rausholen muss. Wieso entsorgt man es dann nicht gleich im Müll?

Fotocredit: Magistrat Wien/Mark-Probst
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Wie viele Kanalarbeiter gibt es in Wien?

Wir haben 450 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon sind 200 Kanalarbeiter. Ungefähr zwei Drittel aller Mitarbeiter sind im Kanal unterwegs – sei es, weil sie als Bauingenieure und Bauingenieurinnen die Bauwerke und die Standfestigkeit der Röhren kontrollieren, sei es, dass sie als Chemikerinnen und Chemiker Wasserproben nehmen oder als Elektriker Pumpwerke reparieren.

Wie sieht Kanalarbeit in Wien aus?

Unser Kanalnetz ist 2.500 Kilometer lang. Das entspricht in etwa der Strecke von Wien nach Paris und retour. Wenn wir maschinell reinigen, sind unsere Kanalarbeiter mit zwei Arten von Lkws in der Stadt unterwegs: Einerseits mit einer Art Staubsauger, mit der sie Abfälle aus der Kanalisation saugen, andererseits mit einer Art Hochdruckreiniger, mit der sie die Kanalisation mit Wasser reinigen. Dort wo wir mit diesen Fahrzeugen nicht zufahren können, vor allem in der Innenstadt, muss die Arbeit dann händisch verrichtet werden. So haben wir z.B. Im Vorjahr täglich 20 Tonnen Ablagerungen entfernt.

Fotocredit: Magistrat Wien
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Info: Die Kanaltouren finden von Mai bis Oktober  von Donnerstag bis Sonntag zwischen 10 und 20 Uhr statt. Eine Reservierung ist unbedingt erforderlich. Es gilt ein Mindestalter von 12 Jahren.

Quelle: Energieleben Redaktion

Foto: Magistrat Wien


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