Fotocredit: Julius Hirtzberger/EU Ordinary Heroes Kampagne
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Das Projekt LIFE befasst sich mit der Wiederansiedelung des Sterlet in der Donau. Fischökologe Thomas Friedrich spricht im Interview über das Projekt.
Dieser Artikel wurde am 5. Juni 2020 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Überfischung, Wanderbarrieren und Veränderungen des Lebensraumes in der Donau wäre dem Sterlet beinahe zum Verhängnis geworden, befand der Fisch sich doch bereits am Rande der Ausrottung. Doch seit 2015 befasst sich das EU-Projekt LIFE mit der Wiederansiedelung der Stör-Art in der Donau. Fischökologe Thomas Friedrich, der sich schon seit seiner Jugend für den Stör interessiert, leitet das Projekt. Im Interview spricht er darüber, wie die Vermehrung funktioniert, was für ihn und das Projekt der größte Erfolg wäre und darüber, wie viele Sterlets bereits ausgesetzt wurden.

Wie kam das Projekt zur Wiederansiedelung des Sterlets in der Donau zustande?

Der Niedergang der Stör-Bestände ist ja in der Donau schon relativ lange ein Thema. Bisher wurde allerdings wenig dagegen umgesetzt. 2012 hat eine Gruppe engagierter Menschen – darunter waren auch Vertreter von NGOs – die „Danube Sterlet Task Force“ gegründet. Schließlich haben wir auf Rat der Kommission zum Schutz der Donau einen Projektantrag gestellt. Die Zusammenarbeit mit der MA 45, die das Projekt nicht nur mitfinanziert, sondern die auch Projektpartner ist, war dann ein wahrer Glücksgriff. Der Antrag wurde von der EU bewilligt.

Fotocredit: Thomas Friedrich
Fotocredit: Thomas Friedrich

Wie sieht der zeitliche Rahmen des Projekts aus?

Unser LIFE-Projekt läuft seit Herbst 2015 und noch bis Ende 2021. Im ersten Jahr waren rein bauliche Maßnahmen vorgesehen. Danach wollen wir insgesamt fünf Jahre lang die Zucht betreiben.

Wie funktioniert die Zucht des Sterlets?

Würden wir kommerzielle Methoden der Fischzucht anwenden und die Tiere dann auslassen, dann wären diese nicht fit genug und hätten auch nicht die nötige Prägung, also zu wenig Bezug zu ihrem zukünftigen Lebensraum. Deshalb haben wir einen Schiffscontainer zur Zuchtstation umgebaut. Dort befinden sich Becken mit Donauwasser. Die Muttertiere – sozusagen die letzten Mohikaner in der Donau – fangen wir und streifen ihnen die Eier aus dem Bauch. Das tut dem Fisch nichts. Die Fische wachsen somit von Anfang an im Donauwasser auf und werden mit allen Gerüchen und Bakterien konfrontiert. Sie bekommen auch ausschließlich Naturfutter, also Insektenlarven, die sie auch in der Donau finden würden.

Fotocredit: Thomas Friedrich
Fotocredit: Thomas Friedrich

Wie viel Sterlet-Nachwuchs gibt es bereits?

Heuer haben wir bereits rund 22.000 Larven plus ein paar Muttertiere, die noch in der Zuchtstation leben. In einigen Wochen werden wir die ersten paar dann in der Donau freilassen, da es in den Becken sonst zu eng wird. In den vergangenen Jahren haben wir bereits insgesamt 145.000 Fische freigelassen. Zum Teil haben wir auch ein paar Eier aus der ungarischen Donau. Wichtig ist uns aber, dass die Muttertiere autochtones Material sind. Dass sie also nicht aus der Zucht oder aus anderen Gebieten, wie aus dem Kaspischen Meer stammen, wo der Sterlet ebenfalls heimisch ist.

Was will man über den Sterlet herausfinden?

Wir wissen derzeit recht wenig über den Lebenszyklus des Sterlets. In die Donau kann man leider nicht hineinsehen wie in andere Gewässer. 30 der Tiere sind seit ein paar Wochen mit einem Sender im Naturpark unterwegs. Es gibt Empfangsstationen und auch von Booten aus können wir die Tiere orten. Wir möchten erforschen, wo sie unterwegs sind, wo sie den Winter verbringen, wie weit sie wandern, wo ihre Laichplätze sind. Bisher ist die Dauer aber noch zu kurz gewesen, um erste Erkenntnisse zu gewinnen.

Fotocredit: Thomas Friedrich
Fotocredit: Thomas Friedrich

Warum werden die Jungfische gerade in der Oberen Donau ausgesetzt?

Ursprünglich waren in der Donau fünf Störarten heimisch. Der Sterlet ist der einzige, der übriggeblieben ist. Er hat eine relativ kurze Wanderung. Alle anderen Arten brauchen den Zugang zum Meer, der derzeit durch Wasserkraftwerke versperrt ist. Sobald der Wasserweg durchgängig offen ist, lassen sich auch die anderen Störarten wiederansiedeln. Wir planen derzeit ein Nachfolgeprojekt, um auch die anderen Arten langfristig zu erhalten, da die Wilderei an der Unteren Donau immer noch ein Problem ist.

Was wäre ein Erfolg für das Projekt?

Das Projekt wäre erfolgreich, wenn wir Jungfische in der Donau fangen, selbst, wenn wir selber keine mehr aussetzen. Das würde dann bedeuten, dass sich der Sterlet wiederangesiedelt hat und selbst vermehrt. Das lässt sich allerdings leider innerhalb des Projektzeitraums nicht erfassen. Da wären weitere zehn Jahre an Monitoring nach Projektende nötig. So lange braucht der Sterlet, der ja 30 bis 40 Jahre alt wird, um geschlechtsreif zu werden. Kurzfristig betrachte ich als Erfolg, wenn wir die Fische selbst vermehren können und die eigenen freigelassenen Fische  wiederfangen können.

Quelle: Energieleben Redaktion

Fotocredit: Julius Hirtzberger/EU Ordinary Heroes Kampagne


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