Artenvielfalt
Artenvielfalt
Wieso Artenvielfalt das Klima schützt und unsere Ernährung für die Zukunft sichert!
Dieser Artikel wurde am 5. Juni 2020 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Die Verbindung zwischen unseren Lebensmitteln, Biodiversität und der Klimakrise ist vielen Menschen, die Gärten, Felder oder Almen bewirtschaften, schon länger bewusst. In die Öffentlichkeit sickern diese Informationen jedoch eher langsam durch beziehungsweise ist den meisten die Tragweite dieses Zusammenhangs nicht bewusst. Am 22. Mai war internationaler Tag der biologischen Artenvielfalt und das nehme ich zum Anlass, euch heute ein bisschen zu diesem Thema zu informieren. 

Klimakrise im Garten

In meinem kleinen Naturgarten habe ich schon gemerkt, dass viele Pflanzen mit den Klimabedingungen der letzten Jahre nicht gut zurecht gekommen sind. Bisher verlässliche Sorten leiden unter Hitze und Trockenheit, plötzlichen Regenfällen und Temperaturschwankungen. Dann breiten sich schnell Krankheiten wie Mehltau auf den Zucchinipflanzen aus und den Gurken war es wohl irgendwann zu kalt. 

Diese Probleme kenne nicht nur ich, die ganze Landwirtschaft ist betroffen. Es kommt immer wieder zu Missernten und Totalausfällen. Aktuelles Beispiel ist der heurige Spätfrost im April, bei dem viele Obstbauern um ihre Ernte gezittert haben. Teil des Problems ist, dass die Landwirtschaft aufgrund höherer Nachfrage immer intensiver betrieben wird und es mehr um Profit, als um Nachhaltigkeit geht. Chemisch-synthetische Düngemittel und Pestizide werden eingesetzt, die dem Boden mehr schaden als helfen. Außerdem werden billige Hybridsorten aus der Massenproduktion gepflanzt, anstatt die zum jeweiligen Standort passende Sorte. Das verschlimmert das Problem dann noch mehr.

Artenvielfalt
Fotocredit: Jametlene Reskp auf Unsplash

Artenvielfalt als Lösung

Ein Lösungsbestandteil ist dabei auf jeden Fall die Artenvielfalt. Das bedeutet, dass anstelle einer bestimmten Apfelsorte viele verschiedene am Markt verfügbar sind. Jede schmeckt anders, sieht ein bisschen anders aus, enthält ein bisschen andere Nährstoffe, und jede Sorte stellt ein bisschen andere Ansprüche an den Standort. So kann die angebaute Sorte immer an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden. (Neben Äpfeln kennen wir die Artenvielfalt auch von Tomaten – hier gibt es große und kleine Sorten, rote und gelbe, gepunktete und sogar solche mit Haaren!)

Samenfestes Saatgut und Hybridsorten

Diese beiden Begriffe sind euch vielleicht schon einmal unter gekommen, doch wisst ihr auch, was sie bedeuten? Ich wusste es lange nicht, hier also eine kurze Erklärung:

Eine Pflanzensorte ist dann samenfest, wenn aus ihrem Saatgut wieder eine “gleiche” Pflanze nachwächst. Setzt man zum Beispiel samenfesten Tomatensamen in den Boden,  wächst daraus eine Tomatenpflanze mit ähnlicher Gestalt und Eigenschaften wie die Elternpflanze. (Die Elternpflanze ist jene Pflanze, von der der ausgebrachte Samen stammt.) Diese samenfeste Sorte kann sich also wie früher ganz natürlich vermehren.

Bei nicht-samenfesten Sorten ist der natürliche Weg dagegen nicht möglich. Hier handelt es sich um Hybridsorten, die mittels Kreuzungen von Inzuchtlinien erzeugt werden. Dabei werden nur gesunde und besonders leistungsfähige Linien weiter gezüchtet, was dazu führt, dass sich die Pflanzen in Größe, Form, Reifezeit so gut wie nicht mehr unterscheiden. Das einzige Ziel dabei ist, möglichst hohe Erträge zu erzielen.

Samenfeste Sorten sind im Vergleich zu Hybridsorten anpassungs- und entwicklungsfähiger. Die Pflanzen können mit klimabedingtem Stress und Schocks besser umgehen und sind somit für eine resiliente Landwirtschaft eigentlich unverzichtbar. 

Artenvielfalt
Fotocredit: Joshua Lanzarini auf Unsplash

Vorteile von Artenvielfalt

Mittlerweile gibt es Studien die belegen, dass mit der Zahl der Pflanzenarten auch der Biomasse-Ertrag und die Bodenfruchtbarkeit steigen. Jede zusätzliche Pflanzenart trägt dabei zur Ertragssteigerung und Fruchtbarkeit bei. Ihr wisst ja, dass Pflanzen Kohlenstoff speichern und Nährstoffe erschließen. Je mehr unterschiedliche Arten daran beteiligt sind, desto produktiver und stabiler ist ein Ökosystem. 

Das Essen der Zukunft

Eine Ernährung die auf biologische Landwirtschaft, samenfestes Saatgut und organische Stoffe zur Düngung setzt, ist also klimafreundlicher, als industrielle Landwirtschaft. Biologische, diversifizierte Landwirtschaft spart Wasser, stärkt die Pflanzen, belebt die Böden, bildet Humus und bindet damit klimaschädliches CO2. Es ist ein komplexes System, dass das Klima reguliert.

Setzen wir auf saisonale, lokale und regionale Sorten erhalten wir zusätzlich mehr Sicherheit was den Ertrag betrifft und größere Ernten. Es ist also eine win-win Situation.

Die Pläne der Agrarlobby

Natürlich sind auch der Agrarlobby diese Umstände bekannt, doch um mehr Profit zu machen wünscht sie sich mehr einheitliches, genormtes Saatgut. Dieses muss dann jedes Jahr neu gekauft werden (da sich, wie oben beschrieben, diese Hybridsorten nicht einfach so vermehren lassen) und die großen Agrarmultis erzielen höhere Gewinne.

Aktive Klimapolitik

Als Einzelne können wir natürlich unseren Beitrag leisten, doch die Rahmenbedigungen für mehr Vielfalt und samenfestes Saatgut müssen durch aktive Klimapolitik gegeben sein. 

Neben der bekannten Bewegung “Fridays for Future” gibt es mittlerweile auch die Allianz “Farmers for Future”. In dieser solidarisieren sich aktive oder zukünftige Bauern, Gärtner und Land- und Forstarbeiter, Imker und Hirten mit der jungen Bewegung und geben ihren Stimmen mehr Gehör.

Der Schlüssel zum Erfolg wäre, dass möglichst viele Sorten von möglichst vielen Menschen an möglichst vielen Standort angebaut werden. Es ist wichtig, dass politische Anreize für eine biologische, artenreiche Landwirtschaft geschaffen werden.

In meinem kleinen Naturgarten finden sich daher, trotz des beschränkten Platzangebots, mehrere Sorten Tomaten, verschiedene Kohlrabiarten und auch verschiedene Kürbissorten. Wollt ihr jetzt mehr über Artenvielfalt erfahren, gibt es zum Beispiel hier ein Interview mit dem Verein Arche Noah, von dem ich auch mein Saatgut beziehe. Damit wünsche ich euch wie immer viel Spaß beim Garteln, und vielleicht denkt ihr nächstes Mal beim Saatgutkauf an diesen Artikel!

Quellen:
Arche Noah Magazin 04/2019, Dagmar Urban, “Unser Beitrag – So schützt Vielfalt das Klima”
Allmydeer, Verena Hirsch, 26.09.2019, “Samenfestes Saatgut: Schnell und einfach erklärt