Ein vertikaler Garten, der in jede Küche passt, gut aussieht, sich ins Interieur einfügt und quasi ein essbares Kunstwerk darstellt? Das Ganze dann auch noch, ohne wirkliche Arbeit aber dafür köstlichen, frischen Ertrag zu haben? Das geht. Denn „Herbert“ ist ein Indoor-Gartensystem, das seinem Besitzer nur eines abringt: ab und zu das Wasser zu wechseln. Wann man das tun muss, das sagt einem das Gerät selbst. Entwickelt wurde Herbert von Ponix Systems – ein Wiener Unternehmen, das die Lebensmittelvisionäre Alvaro Lobato-Jimenez und Alexander Penzias gegründet haben. Wir haben den selbsternannten „Pflanzenfanatiker“ Alexander Penzias zum Interview getroffen, in dem uns der 33-Jährige mit seiner Leidenschaft fürs Indoor-Garten ordentlich angesteckt hat.
Was genau ist Herbert?
Alexander Penzias: Den Herbert erklärt man am besten so – er ist ein LED-beleuchteter Bilderrahmen, den man sich an die Wand hängt und in dem man Kräuter, Blumen und Salate züchten kann. Man kann damit sein eigenes grünes, buntes Bild gestalten, umarrangieren und vor allem essen! Herbert ist also einerseits ein Designelement, aber vor allem ist er ein Indoor System fürs Garteln. Es ist einfach und vor allem sauber: Da ist keine Erde drinnen, er funktioniert ausschließlich mit Wasser.
Wie bist du auf die Idee bekommen, diesen vertikalen Garten zu entwickeln?
Alexander Penzias: Da gab es drei Ansätze. Beginnen wir bei den Fischen, beim ständigen Umziehen oder bei der Nachhaltigkeit?
Äh … bei den Fischen bitte.
Alexander Penzias: Also gut, dazu muss man wissen, dass ich nicht nur seit jeher ein ziemlicher Pflanzenfanatiker bin, sondern auch ein gewisses Faible für Aquarien und Fische habe. Während meines Studiums hab ich das bis zum Exzess betrieben, da hatte ich bis zu zehn Aquarien daheim. Jetzt muss ich aber fast doch bei den Umzügen anfangen.
Aber sehr gerne doch: Was haben also Umzüge mit dem Herbert zu tun?
Alexander Penzias: Mein Vater war Handelsdelegierter. Das heißt, bis zu meinem Studium habe ich weniger als die Hälfte meines Lebens in Österreich gelebt. Wir waren ständig im Ausland, sind immer wieder umgezogen. Aber ich hatte schon immer Tiere, Pflanzen und Wasser sehr gern. Mit den vielen Umzügen war es gar nicht so leicht, diese Teile der Natur so nahe wie möglich bei mir zu haben. Einem Hund willst du ja so ein ständiges Umziehen nicht antun. Am leichtesten konnte man Tiere, Pflanzen und Wasser da noch mit Fischen, Wasserpflanzen und somit in Aquarien vereinen.
Jetzt sind wir also wieder bei den Fischen?
Alexander Penzias: Genau. Und während meiner 18 Jahre Beschäftigung mit den Aquarien hab ich mich immer wieder gewundert, dass die Wasserparameter in den gleich aufgebauten Aquarien unterschiedlich waren. Also hab ich zu recherchieren begonnen und so bin ich auf Aquaponic gestoßen, wo man den Kreislauf der Fischzucht mit dem Kreislauf der Pflanzenproduktion verbindet. Man muss ja normalerweise in einem Aquarium häufig das Wasser wechseln, weil sonst die Stoffwechselprodukte der Fische überhand nehmen und die werden recht schnell schädlich für die Fische. Auf der anderen Seite sind das aber natürliche Nährstoffe für Pflanzen. Vereinfacht ausgedrückt heißt das: Wenn ich das Wasser der Fische in ein anderes System einleite, wo Pflanzen drinnen sind, ziehen sich die Pflanzen die Nährstoffe aus dem Wasser, säubern und filtern es dadurch und dann leitest du das Wasser wieder zurück. Und so züchtest du zum Beispiel Speisefische und Pflanzen gemeinsam. So wurde ich mit Thema der Nahrungsmittelproduktion konfrontiert.
Und wenn wir jetzt bei der Nahrungsmittelproduktion sind und bedenken, dass im Herbert keine Fische schwimmen, dann sind wir jetzt wahrscheinlich beim dritten Teil seiner Entstehungsgeschichte: der Nachhaltigkeit. Richtig?
Alexander Penzias: Richtig. Einer der Entstehungsgedanken war auch, dass durchschnittlich jeder Haushalt eine Unmenge an Nahrungsmitteln wieder wegwirft. Man kauft sich riesigen Kochsalat, macht sich aus der Hälfte einen Salat, am nächsten Tag kommt man voll fertig von der Arbeit, bestellt sich Pizza und am Tag darauf ist die andere Salathälfte schon welk. Als Gesellschaft sitzt man dann da und sagt: „Ja ist blöd, aber irgendwie auch wieder wurscht, weil ich geh in den nächsten Supermarkt und kauf mir um 1,50 Euro gleich den nächsten Salat.“ Wir wollten hier mehr Bewusstsein schaffen und so hat unsere Ideologie begonnen.
Wie schafft der Herbert jetzt aber nachhaltiges Bewusstsein für das Thema Nahrungsmittelproduktion?
Alexander Penzias: Wir wollen nicht schimpfen im Sinn von: „Du, du, du trägst dazu bei, dass die Welt zugrunde geht.“ Solche Konfrontationen schätzen die wenigsten Menschen. Mit Herbert wollen wir Leute spielerisch und mit Emotion an das Thema der nachhaltigen Lebensmittelproduktion heranführen. Indem du siehst, wie das Pflänzchen rauskommt, wie schnell das keimt, indem du den Unterschied zu Salaten und Kräutern aus dem Supermarkt schmeckst, indem es optisch was hermacht, ohne dass du Arbeit damit hast. Haut dir draußen am Balkon der Sturm alle Töpfe um und macht dir die Pflanzen kaputt, ist das dem Herbert fünf Meter Luftlinie weiter drinnen ganz wurscht. Du kannst jederzeit ernten, was du verbrauchen willst und der Rest wächst einfach weiter, ohne dass du ihn wegschmeißen musst. Und das alles eben ganz simpel und ohne Dreck. Der Herbert funktioniert nur mit Wasser – mit ihm gibt’s also ein sauberes Garteln.
Apropos nur mit Wasser? Man sagt doch zum Beispiel, dass Staunässe super schlecht für Pflanzen ist. Wie geht das zusammen?
Alexander Penzias: Stimmt, gieß nie zu viel, sonst entsteht Staunässe. Bei uns wachsen aber die Pflanzen nur im Wasser. Der Knackpunkt ist, dass durch Staunässe das Wasser still steht, wodurch letztlich kein Sauerstoff mehr darin ist und damit die Wurzeln ersticken. Dann kann die Pflanze keine Nährstoffe mehr aufnehmen und dadurch stirbt sie. Der Clou ist, dass du wissen musst, wie viel Sauerstoff im Wasser gelöst sein muss, damit die Wurzeln nicht ersticken. Und damit die Pflanzen – salopp gesagt – unter Wasser atmen können.
Und Herbert weiß, wie viel Sauerstoff das Wasser braucht?
Alexander Penzias: Ja, zuerst einmal muss man eben wissen, dass die Pflanzen einen bestimmten Bedarf an Sauerstoff haben. Daraus haben wir ein ausgeklügeltes System entwickelt, mit dem das Wasser konstant in Bewegung ist. So ist durch den ständigen Austausch mit der Luft immer Sauerstoff im Wasser. Du hast unter den drei Bepflanzungsmodulen noch mit Holz verkleideten Platz. Dahinter ist ein Wassertank versteckt mit einer geräuschlosen Wasserpumpe. Die saugt das Wasser vom Tank an und pumpt es in das oberste Modul, von dort fließt Wasser wieder hinunter in den Wassertank.
Welche Pflanzen kann ich denn in die Module reingeben?
Alexander Penzias: Du kannst im Endeffekt alles hineingeben. Wir bieten aber ein eigenes Sortiment an Pflanzen als Saatgut an, bei denen wir wissen, dass sie zu 100 Prozent einwandfrei und gut wachsen werden – auch aus Düngersicht. Und wir freuen uns natürlich, wenn unsere Saatgut-Produkte gekauft werden, denn damit finanzieren wir ja auch, dass Herbert weiterleben kann.
Wieso heißt der Herbert eigentlich Herbert?
Alexander Penzias: Das ist meine Lieblingsfrage, die ist immer so ein Icebreaker. Die Leute mögen den Namen. Herbert heißt Herbert, weil wir finden, dass Pflanzenzucht ein extrem emotionales Thema für viele Menschen ist. Für mich besonders: Ich hab in meinem Leben sicher schon an die 4000 Pflanzenzucht-Tests gemacht und ich freu mich immer noch jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn ein Pflänzchen wächst. Das ist wie Weihnachten für mich. Unser Name sollte also einen persönlichen und emotionalen Bezug haben, darum wollten wir uns nicht „Veggienator“ oder so nennen. Und da wir ein Österreichisches Unternehmen sind, wollten wir, dass der Name mit unserem Sprachkreis verbandelt aber trotzdem auf der ganzen Welt auszusprechen ist. Herbert ist international aussprechbar und auf englisch züchtet man außerdem nicht Kräuter sonders „Herbs“. Und so ist der Herbert geboren.
Ein österreichisch internationaler Produktname also – hat sich das bewährt?
Alexander Penzias: Eindeutig, aber das liegt nicht nur am Namen unseres Produkts sondern vor allem auch daran, dass Herbert so einfach und eindrucksvoll funktioniert. Andere vertikale Gärten konzentrieren sich vor allem auf Zierpflanzen. Unseren Bilderrahmen-Inhalt kann man einfach essen, er ist gesund – und er schmeckt extrem gut. Darum haben wir Kunden auf der ganzen Welt, eben weil wir einzigartig sind. Ein Viertel unseres Umsatzes machen wir beispielsweise in den USA.
Wer braucht den Herbert?
Alexander Penzias: Wir haben eine extrem breite Kundenschicht. Vom 20-jährigen Studenten bis hin zur 75-jährigen Oma, die vom Land in die Stadt gezogen ist und ihren Kräutergarten vermisst. Prinzipiell braucht den Herbert jeder, der in der Stadt wohnt, frische, gesunde Kräuter haben will und sich keinen Garten leisten kann. Wir haben viele Kunden, die eh schon eine Zuneigung zum Pflanzenzüchten aber bisher eben keinen Platz dafür gefunden haben. Wir wollen mit Herbert aber auch Menschen ermutigen, daheim zu Garteln, die bisher nicht so vertraut damit sind. Einfach um unseren Teil dazu beizutragen, dass weniger Lebensmittel verschwendet und sie nachhaltiger angebaut werden.
Den Herbert gibt es mit Starter-Set ab 490 Euro hier zu kaufen: https://shop.ponix-systems.com
Fotos: © Ponix Systems (4), Vlad Cupşa (1)
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