Gewässer schreiben Stadtgeschichte.
Dieser Artikel wurde am 23. Oktober 2015 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Die Geschichte der österreichischen Bundeshauptstadt wurde über Jahrhunderte von der Donau und ihren vielen kleinen und größeren Zubringern geprägt. Hochwasserschutz ist seit langem ein wichtiger Teil dieser Geschichte, ebenso auch der Schutz von Fischen, welche die Bevölkerung ernährten.

Viele der kleinen Bäche sind heute verschwunden, die Donau fließt reguliert weit weg vom Stadtzentrum. Die Sorgen rund um Überschwemmungen und einen Fluss, der regelmäßig Teile der Stadt erobert, sind großteils vergessen.

Ausstellung über Wiener Gewässer

Eine Ausstellung im Wiener Stadt- und Landesarchiv zeigt nun noch bis 26. Februar 2016 die Umweltgeschichte Wiens und seiner Gewässer.

Spannend dazu ist das Projekt “Vienna‘s Urban Waterscape 1683-1918. An environmental history.“, das sich dem Thema ganz genau annimmt. Projektleiterin ist dabei Verena Winiwarter, Dekanin an der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Als stellvertretende Projektleiterin ist Getrud Haidvogl, von der BOKU Wien, tätig.

Wir haben uns aus diesem Anlass mit Winiwarter unterhalten. Sie ist gemeinsam mit Christoph Sonnlechner (Archiv) ebenso als Projektleitung der Wiener Ausstellung im Einsatz.

Verena Winiwarter
Verena Winiwarter

Wien und seine Gewässer: Was schließt das mit ein?

Die Donau und ihre ehemaligen Arme, heute Alte Donau und Donaukanal, den Wienfluss, die Liesing und die vielen heute unterirdisch fließenden Wienerwaldbäche wie den Ottakringer- und den Alserbach. Dazu kommt das Grundwasser, ohne das Wien sich nicht zur Weltstadt entwickelt hätte.

Was zeigt die Ausstellung?

Auf insgesamt zwölf reich bebilderten Tafeln zeigt ein interdisziplinäres Team, wie sich die Nutzungen, Verschmutzungen und Regulierungen entwickelt und auf das Leben in Wien ausgewirkt haben, vom Wäschermädel bis zum Müller auf der Schiffsmühle. Wir zeigen aber auch den Umgang mit Hochwässern, In den Vitrinen sind kostbare Bestände aus dem Archiv ausgestellt, die sonst nicht zu sehen sind.

Können Sie kurz beschreiben, was besonders am Wiener Hochwasserschutz ist?

Die Donauinsel ist ein einmaliges Hochwasserschutzbauwerk. Eine aus 30 Millionen Kubikmetern Erde aufgeschüttete künstliche Insel dieser Größe könnte heute vermutlich gar nicht mehr errichtet werden, man bekäme keine Genehmigungen dafür. Möglich war dieser wirksame Bau, weil das „Inundationsgebiet“ [Überschwemmungsgebiet, Anm. d. Red.], ein fast 500 m breiter Streifen unbebauten Landes am Linken Donauufer, im Zuge der großen Regulierung 1870-75 angelegt wurde. Eine positive Nebenwirkung früherer Eingriffe, sozusagen.

Welche Auswirkungen hat dieser auf die Umwelt?

Es ist nicht der Hochwasserschutz allein, der sich auswirkt. Es wirkt die Regulierung insgesamt, etwa durch Absenkung des Grundwasserspiegels und Verlust der unterirdischen Verbindung zu den wenigen verbliebenen Auwäldern, es wirkt das Kraftwerk Freudenau als Geschiebesperre und Hindernis für wandernde Fische (es gibt aber eine Fischtreppe!), die Auswirkungen sind vielfältig – wir leben in einer gänzlich vom Menschen verantworteten Flusslandschaft, deren Dynamik wir mit viel Aufwand kontrollieren. Es gilt auch hier: Wenn man eine Wirkung (Hochwasserschutz, Schifffahrt) erzielen will, muss man Nebenwirkungen in Kauf nehmen.

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Quellen:

Text: Interview und Presseaussendung BOKU

Foto oben: Wiener Wildnis: Geführte Bootsfahrt durch das Freizeitparadies, Foto unten: LW 2014

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