Das industrielle, kapitalistische Wirtschaftssystem zerstört die Menschen und die Mitwelt global, selbst bei der Herstellung eigentlich natürlicher Produkte.
Dieser Artikel wurde am 23. Oktober 2015 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Leder ist eigentlich ein Naturprodukt, das bei einer ordentlichen, handwerklichen Bearbeitung tatsächlich nachhaltig gehandhabt werden kann. Wegen der stetig zunehmenden Globalisierung, die in Wahrheit die Fortsetzung des Kolonialismus ist, geraten jedoch die alten Handwerksbetriebe in Europa immer mehr unter Druck und müssen schließlich aufgeben. Eine Kapitalistische Wirtschaft muss nun einmal überall dort, wo es möglich ist, Kosten reduzieren und die möglichen Gewinne stetig steigern. Dieses System muss permanent wachsen, um zu überleben. Da Leder an sich ein Abfallprodukt beim Schlachten ist, kann nur noch bei der Verarbeitung – und das ist im Wesentlichen die Gerberei – gespart werden.

Leben und arbeiten im Inferno

In Dhaka-Hazaribag in Bangladesch arbeiten tausende von Menschen unter Bedingungen, wie man sie sich in Dante´s Inferno vorstellt. Sie sind dabei, jährlich mindestens 14 Millionen Tierhäute zu Leder und fertigen Lederprodukten zu verarbeiten (http://www.arte.tv/guide/de/051620-000/giftiges-leder).
Es sind ausschließlich Ungelernte, Kinder, Frauen und Männer aus den Slums, die täglich mindestens 12 Stunden arbeiten müssen, um überhaupt auf allerniedrigstem Niveau existieren zu können. Sie wurden ursprünglich aus den Dörfern vertrieben – siehe „Landraub“ (https://www.energieleben.at/der-kampf-gegen-den-hunger-un-nachhaltigkeitsagenda-2015/) – und müssen nun jede „Arbeit“ annehmen, die ihnen angeboten wird. Die Konzerne, die ihnen diese Arbeit geben – über lokale Subunternehmer – rühmen sich noch, nun doch soziale Dienste zu leisten, indem sie diesen Menschen „Lohn und Brot“ gäben. In Wahrheit sind diese Kreaturen jedoch versklavt. Ohne jeden Arbeitsschutz, in unerträglichem Gestank und ohne helfende Maschinen bearbeiten sie das Rohleder in allen erforderlichen Schritten, bis sie entweder schwer verletzt werden – oder gar infolge der schleichenden Vergiftungen sterben. Die Kinder haben niemals eine Aussicht auf eine Schulbildung, weil sie ebenfalls mitarbeiten müssen und oft gar das Schulalter nicht einmal erreichen.
Die „Gerberei“ genannten „Betriebe“ nutzen sodann die denkbar billigsten Methoden, z.B. absolut veraltete Gerbkessel und gehen dabei mit allen denkbaren – in Europa längst verbotenen oder wenigsten nicht mehr gebräuchlichen – Chemikalien zu Werke, vergeuden Unmengen an Wasser, welches sodann – mit all den Giften vermengt – ungefiltert direkt in offenen Kanälen, quer durch die Slums in den zentralen Fluss gelangt, in dem die Menschen sich waschen und dessen Wasser sie trinken. Fische gibt es hier schon lange nicht mehr.
Lederreste werden nicht etwa „entsorgt“, sondern vermengt mit Schlachtabfällen getrocknet, gepresst und schließlich zu Tier- und Fischfutter verarbeitet, samt aller verwendeten Chemikalienresten. So landen diese schließlich in den Mägen der Europäer, wenn sie industriell hergestelltes Geflügel oder Garnelen aus Zuchtfarmen verspeisen. Im Körper jedes zweiten Europäers lassen sich inzwischen die Gifte Chrom und Quecksilber und Lösungsmittel aus diesen Betrieben nachweisen. Die lokalen Behörden wissen um all diese Probleme, versuchen sie auch mit Hilfe strenger Umwelt- und Arbeitsgesetze zu bekämpfen, aber scheitern an korrupten Politikern und der Macht der transkontinentalen Konzerne.

Es geht anders, wie tausende Jahre Nutzung von Leder beweisen

Menschen nutzen Leder wohl, seitdem sie aufrecht gehend ihr eigenes Fell verloren. Die europäische Lederindustrie, besonders in Österreich und Deutschland, kämpft zwar um ihr Überleben angesichts der globalen Billigkonkurrenz, aber hält immer noch ihr traditionelles Handwerk hoch. In vorbildlich geführten Manufakturen arbeiten qualifizierte und gut bezahlte Fachleute mit Hilfe oft einfachster Maschinen unter hervorragenden Arbeitsbedingungen. Inzwischen wird bei der Gerberei und dem Färben des Leders sogar weitestgehend auf pflanzliche Materialien gesetzt und der Wasserverbrauch auf das notwendige Minimum reduziert. Abwässer werden bereits an den Betrieben auf Trinkwasserqualität aufbereitet und eventuell anfallende Reste am Ort kompostiert. Leder kann also, wie seit je her auf eine natürliche und damit nachhaltige Weise verarbeitet werden und zählt zu recht zu den hochwertigsten Materialien für Kleidung, Taschen, Schuhe und Möbelbezüge. Ein handwerklich gut hergestelltes Lederprodukt konnte und kann ohne weiteres ein Menschenleben lang halten, ein Mann hat eben „seine Ledertasche“, gute Lederkoffer, ja Jacken und Mäntel konnten gar „vererbt“, als auch über Generationen genutzt werden.
Natürlich hat diese nachhaltige Arbeit ihren Preis, solange die Menschen in einem Geldsystem leben. Rechnet man jedoch die mögliche Nutzungsdauer ein, ist so ein Naturprodukt hundertmal billiger, als die in dem Inferno Dhakas erzeugte Billigware, die oft, nicht nur weil die wechselnde Mode es verlangt, sondern weil die Verarbeitungsqualität oft auf „Ramschniveau“ ist und dann nach wenigen Jahren auf dem Müll landet.
Wenn die gedankenlosen Schnäppchenjäger und dem Unfug der wechselnden Moden unterworfenen Europäer anfangen würden, wieder nachhaltig zu konsumieren, also auch die erworbenen Produkte schätzen lernten, könnten die verzweifelten Menschen in den „Billiglohnländern“, also ihre Arbeitssklaven, wieder zurück in ihre Heimat gehen, den transnationalen Agrarkonzernen ihr Land wieder abnehmen und ein menschenwürdiges Leben führen – in wirklich wieder „blühenden Landschaften“.

http://www.peta.de/13-fakten-die-uns-die-globale-lederindustrie-verheimlicht
http://vdl-web.de/
http://www.dandc.eu/de/article/die-vor-und-nachteile-der-exportproduktion-der-indischen-lederindustrie