Tiefschwarze längliche Schoten, von außen wunderbar verrunzelt werden mir entgegen gestreckt. Sie verströmen den intensivsten Vanillegeruch, den ich bis dato riechen durfte. Inmitten vieler Menschen steht ein Mann, in der Hand sein Vanilleschotenstrauß und ruft „Vanilla from Uganda“, diesen Spruch wiederhohlt er ständig. Ein energetischer Rhythmus will einen zu diesem Marktgesang fast tanzen lassen. So einen Enthusiasmus beim Anpreisen der Ware bin ich aus dem deutschsprachigen Raum nicht gewohnt. Fasziniert bleibe ich stehen und lausche dem Vanillebauern aus Uganda. Dabei bin ich in Eile, in zehn Minuten werde ich von Freunden in Kasachstan erwartet. Der Weg aus Guatemala war dann doch weiter, als ich eingeschätzt hatte. Wer jetzt versucht mein Reiseverhalten zu enträtseln, dem sei folgendes verraten: Meine Weltreise spielt sich in Turin, Italien ab. Hier versammeln sich alle zwei Jahre Klein- und Kleinstbauern aus der ganzen Welt. Wenn ich das so sage, meine ich tatsächlich aus der ganzen Welt!
Was bringt mich hierhin?
Auf der Terra Madre treffen sich Klein- und Kleinstbauern, Köchinnen, Studenten der Lebensmittelwissenschaften und Agrarwissenschaften, sowie die Aktivistinnen der Slow Food und Slow Food Youth Netzwerke. Ich war bis jetzt zwei Mal dabei. Beim ersten Mal als Jugenddelegierte für unser Wiener Convivium und das zweite Mal als Unterstützung von Landwirten, die einen besonderen Roggen – das Waldstaudekorn aus dem Waldviertel – in Turin präsentierten.
Slow Food und das Terra Madre Netzwerk:
Slow Food ist eine international agierende Non-Profit-Organisation, die der Fast Food Gesellschaft einen Gegenentwurf bietet. Durch eine dezentrale Struktur unterscheiden sich Aktionen in den jeweiligen Ländern, sie sind auf die relevante Problematik vor Ort angepasst.
Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Agro-Biodiversität: Alte Sorten und Tierrassen, sowie traditionelle Handwerkstechniken sollen durch bewussten Konsum vor dem Aussterben gerettet werden. 2004 wurde das Terra Madre Netzwerk von Slow Food gegründet, um den Menschen, die durch ihre täglichen Aktionen und ihre Art der Lebensmittelproduktion die Umwelt und lokale Gemeinschaft bewahren, eine gebündelte Stimme zu geben.
Kulturelle und kulinarische Vielfalt:
Neben der schieren Menge an den verschiedensten kulinarischen Besonderheiten, bietet die Terra Madre eine ganz eigene Atmosphäre. Gerne erinnere ich mich an folgende Szenen zurück: Spontan wird ein anderthalb Meter langer, schwerer Holzlöffel, den die Schweizerdelegation als Dekoration mitgebracht hat zu einer Limbo- Stange verwandelt. Männer und Frauen jeden Alters in den unterschiedlichsten Trachten singen und tanzen miteinander.
Die besonderen kulinarischen Schätze werden nur durch Sondergenemigungen extra für dieses Event eingeführt. In tiefe Diskussionen verfalle ich mit einem phillipinischen Bergbauern und einem Jungbauern aus Kenia. Viele der Teilnehmer und Teilnehmerinnen sind zum ersten Mal in Europa. Ob Vertreter der Europäischen Kommission, der FAO, der indigenen Bevölkerung, begabte Imker oder Saatgutspezialistinnen: Alle tragen sie einen Teil bei, mögliche Ansätze für eine sozialere und umweltfreundlichere Welt werden ausgetauscht und debattiert.
Gut zu Wissen:
Die Terra Madre ist für alle Besucher geöffnet. Für mich ein ganz besonderes Ereignis, dass jeder einmal erlebt haben sollte.
Quellen und weiterer Lesestoff:
http://www.slowfoodyouthnetwork.org/
Bilder/Fotografin: Vera Kondratiuk
Die Freischnauzeköchin ist zum Bloggen über ihre Freude an der Fotografie von Essen gekommen. Seit 2013 gibt es ihre vegetarischen Rezepte online und Tipps zum (nachhaltigen) Leben in Wien. Die in ihrem Studium der Agrarwissenschaften erworbenen Erkenntnisse und ihre Erfahrungen als urbane Gärtnerin teilt sie gerne mit ihrer Leserschaft. Ihr Augenmerk richtet sie hierbei auf zukunftsweisende und umweltfreundliche Lösungen.