Was Architekten und Bauherren als grüne und nachhaltige Architektur verkaufen, erfüllt diese Kriterien bei näherer Betrachtung oft kaum.
Dieser Artikel wurde am 12. Februar 2020 veröffentlicht
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Passivhäuser, also Häuser, die dank hoher Wärmedichtung und Wärmetauschern kaum Wärme verlieren und keine aktiven Wärmequellen benötigen, gelten auf Grund des niedrigen Energiebedarfs als besonders nachhaltig und grün. Allerdings wird hier meist nicht miteingerechnet, dass auch die Materialien, aus denen das Haus erbaut wurde, bei ihrer Herstellung Energie benötigten und Emissionen verursachten. Der Nachhaltigkeitsexperte Chris Magwood hat sich genau diesen Aspekt genauer angesehen. Gerade in Passivhäusern werden Stoffe zur Dichtung verwendet, die in ihrer Herstellung unglaublich energieintensiv sind. Hierzu zählen beispielsweise gewisse Schaumdichtungen, die aus erdölbasierten Stoffen unter hohem Druck hergestellt werden.

Sieht man sich die Energie- und Emissionsbilanz eines Passivhauses also genau an, soll heißen, beachtet man den gesamten Lebenszyklus aller verwendeten Materialien – von der Gewinnung bis zur Entsorgung (oder im besten Fall Wiederverwertung) – schaut das Ergebnis in Punkto Nachhaltigkeit oft nicht ganz so rosig aus. Schnell merkt man, dass sich hier einiges an Emissionen versteckt, diese nennt man auf Englisch embodied oder embedded emissions. Schätzungen davon wie hoch der Anteil an solchen embodied emissions bei einem konventionellen Gebäude sind, gehen zwar auseinander, doch man kann von rund 20 bis 60 Prozent ausgehen. Bei Passivhäusern, die im Betrieb keine Emissionenabgeben, hingegen sind also bis zu hundert Prozent den embedded emissiones zuzurechnen.

Doch es geht auch anders. Viele Materialien, die bisher in vermeintlich grünen Gebäuden verwendet werden, könnten durch wirklich nachhaltige, grüne Materialien ersetzt werden. Ein Beispiel wäre Stroh, welches sich gut als Dämmmaterial eignet. Stroh bindet in seinem Wachstumsprozess mehr CO2 als es verursachen würde, würde es in Bauwerken verwendet; genau gesagt bindet es rund 60-mal so viel CO2 wie es verursacht. Ein anderes Material, das sehr interessant ist, wenn man wirklich nachhaltig bauen möchte und die embedded emissions niedrig halten will, ist Hempcrete. Dieses Material ersetzt Beton (engl. Concrete) und besteht aus Hanf (engl. Hemp), Kalziumoxid und Kieselerde. Während Beton riesige Mengen an CO2 Emissionen verursacht, bindet Hempcrete große Mengen davon. Ein durchschnittlich großes Wohnhaus, das mit diesem nachthaltigen Material errichtet wurde, kann an die 4.000 Kilogramm CO2-Equivalente binden.

Die Liste solcher wirklich nachhaltigen, grünen Materialien ließe sich noch eine ganze Weile fortführen, daran liegt es also nicht, dass viele Gebäude, die als nachhaltig präsentiert werden, dies nur vermeintlich sind. Was es braucht ist mehr Bewusstsein und einen Willen zum Umdenken.

Quelle: thewalrus.ca


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