Um den ITER ist es ruhig geworden: der International Thermonuclear Experimental Reactor soll einen neuen Weg zur Energieproduktion aufzeigen. Die teilnehmenden 35 Nationen müssen zwei Sachen ertragen: laufende Verzögerungen und laufende Verteuerungen. Das Budget wurde um das Dreifache überschritten, für jedes geplante Jahr mindestens ein weiteres angehängt. Fünf Jahre nach dem Spatenstich ist der Bau in vollem Gang, der Forschungsbetrieb soll ab 2023 aufgenommen werden.
Fusionsenergie hat als “saubere” Nuklearenergie begonnen und ist in die gleichen Probleme geraten wie die letzte Generation der Kernspaltungsreaktoren: massive Budgetüberschreitungen und massive Projektverzögerungen. Und es ist nicht einmal klar, ob der ITER jemals mehr Strom produzieren kann, als er im Betrieb verbraucht.
Dieses Problem greift ein Mitte Juli veröffentlichter Forschungsbericht auf, der einen neuen Fusionsreaktor skizziert: den ARC. Kurz für “affordable, robust, compact”, wurde das Konzept am Plasma Science and Fusion Center des MIT entwickelt. Ziel der Studie war es, auf Basis bestehender Forschungsreaktoren und Reaktordesigns eine neue Combined Fusion Nuclear Science Facility (FNSF) zu entwickeln, der folgende drei Ziele erfüllt:
- Kostenreduktion
- Größenreduktion
- Einfachere Konstruktion
ARC (der nichts mit dem namensgleichen ARC-Reactor von Tony Stark zu tun hat) ist ein Tokamak-Reaktor mit einer Leistung von 200 bis 250 MW und ist wesentlich kleiner als das ITER-Design: mit einem Außenradius von 3,3m und einem Innenradius von 1,1m ist er nur halb so groß (6,2m Außenradius und 2m Innenradius). Gleichzeitig wurde die Magnetfeldstärke von 5,3T auf 9,2T erhöht. Möglich machen das Rare-Earth Barium-Copper-Oxide (REBCO), ein neues Material für Supraleiter, dass beim Baubeginn des ITER noch am Beginn des Forschungsprozesses stand.
Die schnelle technische Entwicklung schafft ein neues Problem für die Fusionsforscher: man gibt sehr viel Geld dafür aus, inzwischen überholte Technologie zu bauen. Und jede weitere Verzögerung am ITER macht das Problem noch offensichtlicher. Stoppt man den Bauprozess des ITER, wird es wiederum schwer, ein internationales Projekt dieser Größenordnung mit aktueller Technologie wieder in Gang zu bringen.
Soll man die Fusionsforschung weiter voran treiben, oder sich für die Energieversorgung auf etablierte erneuerbare Technologien verlassen?