Mehr als die Hälfte der Einfamilienhäuser in Europa könnten, laut einer Studie, bei der Strom- und Wärmeversorgung autark sein. Das hat allerdings seinen Preis.

Mehr als die Hälfte der Einfamilienhäuser in Europa könnten laut einer Studie bei der Strom- und Wärmeversorgung autark sein – zumindest theoretisch. Die Studie bezieht sich dabei allerdings lediglich auf die auf Hausdächern verfügbare Solarkapazität. Bis 2050 könnte der Anteil demnach von 53 auf 75 Prozent steigen. Ob sich dies für Hausbesitzer auch rechne, ist eine andere Frage.

53 % der europäischen freistehenden Häuser hätten im Jahr 2020 laut der Studie demnach allein mit lokaler Sonneneinstrahlung auf Dächern ihren Stromverbrauch decken können. Für einzelne Haushalte gibt es allerdings keinen wirtschaftlichen Vorteil, unter aktuellen oder zukünftigen Bedingungen vollständig autark zu sein, obwohl die Kosten in einigen Fällen auf dem Niveau des Netzanschlusses liegen. Die Forscher schätzen, dass die Selbstversorgung für 5 % der 41 Millionen freistehenden Einfamilienhäuser in Europa im Jahr 2050 wirtschaftlich machbar sein wird, wenn die Haushalte bereit sind, bis zu 50 % mehr zu zahlen, als die Kosten für einen vollständigen Bezug von Strom und Wärme vom Netz.

Autarke Einfamilienhäuser bleiben teuer

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es also auch im Jahr 2050 nicht die wirtschaftlichste Wahl sein wird, vom Netz zu gehen. Die Netzkosten werden steigen, während erneuerbare Energietechnologien erschwinglicher werden. Dennoch wird es wahrscheinlich nur sinnvoll sein, in autarke Gebäude zu investieren, wenn man bereit ist, mehr für die Autarkie zu bezahlen.

Um Regionen und Gebäudetypen zu identifizieren, die sich besser für die Selbstversorgung eignen, stellten die Forscher eine Datenbank mit Haushalten in ganz Europa zusammen und identifizierten 4.000 Häuser, die in Bezug auf Architektur, Strombedarf der Haushalte, klimatische Bedingungen und die lokalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für verschiedene Regionen repräsentativ waren. Anschließend entwarfen die Forscher für jedes repräsentative Haus optimale Energiesysteme, die den Bedarf an elektrischer und thermischer Energie vollständig decken und gleichzeitig die Kosten minimieren würden. Zu diesen Systemen gehörten Maßnahmen wie Solaranlagen auf Dächern, Kleinwindkraftanlagen, verschiedene Arten von Speichersystemen, Wärmepumpeninstallationen sowie Nachrüstungs- und Dämmmaßnahmen.

Häuser in sonnigen europäischen Ländern wie Zypern, Malta und Italien haben ein größeres wirtschaftliches Potenzial für die Selbstversorgung, während nordeuropäische Länder wie Finnland, Norwegen und Schweden (wo es ein großes Missverhältnis zwischen hohem Energiebedarf im Winter und Sonneneinstrahlung gibt) das geringste Potenzial haben. Regionen mit größeren Dächern wie Dänemark, Slowenien, die Niederlande und Frankreich haben auch ein größeres Potenzial für die Selbstversorgung. Die Forscher stellten auch fest, dass es in Ländern mit hohen Stromkosten wie Deutschland ein größeres Potenzial für autarke Gebäude gibt, da es weniger finanzielle Anreize gibt, am Netz zu bleiben.


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