Ob Obst, Gemüse, Gewürze, Mehl, Nudeln, Essig oder Honig – in Lunzers Maß-Greißlerei werden Bio-Lebensmittel unverpackt angeboten. Der Konsument bringt eigene Gefäße mit oder füllt sich die gewünschten Produkte vor Ort selbst in Mehrweggläser oder Papiersackerl. Tipps für die richtige Lagerung gibt’s auch dazu. Die Idee ist doppelt gut – weniger Verpackung bedeutet weniger Abfall und der bewusste Einkauf nach eigenem Maß hilft, Lebensmittelabfälle zu vermeiden. Das Konzept hat mich von Anfang an fasziniert! Wenn ich einmal bewusst darauf achte, wie viel Müll wir in einem (noch) zwei Personen Haushalt produzieren, wird mir ganz anders. Müllvermeidung ist also auf jeden Fall ein Thema für mich, daher hab ich Andrea Lunzer, die Inhaberin der Maß-Greißlerei, für euch interviewt.
Wie kamst du auf die Idee, eine Greißlerei nach Maß zu eröffnen?
Ich war im Nachhaltigkeits-, Verpackungs- und Lebensmittelbereich tätig, arbeitete u.a. im Marketing der Biolinie „Zurück zum Ursprung“ von Hofer. Dort war ich für Verpackungen verantwortlich und wollte schon dort einen alternativen Weg einschlagen. Ich sah, dass es durchaus eine Nachfrage gibt, dass es den Leuten nicht egal ist, wie ihre Produkte verpackt sind. Das war eine Bestätigung, in Richtung nachhaltige Verpackungen weiterzuarbeiten. Anfang 2012 habe ich mich selbstständig gemacht. Ich suchte nach einem Geschäftsmodell, in dem ich meine Leidenschaft zum Beruf machen konnte. Ursprünglich wollte ich Unternehmen als Beratin zur Verfügung stehen, stolperte dann aber über das Lokal hier und habe spontan beschlossen, das Konzept der Maß-Greißlerei zu versuchen. Die ganze Umbauphase über war sehr unsicher, wie das Konzept bei den Konsumenten in Wien ankommen wird, aber schon nach der Eröffnung war ich zuversichtlich und erfreut. Es scheint als wären die Wiener bereit dafür.
Welche Ansprüche stellst du an deine Produkte, sprich was kann der Konsument hier erwarten?
Es ist alles biologisch und, wenn möglich, auch regional. Bei den Zitrusfrüchten geht das natürlich nicht, die bekommen wir aus Italien und Griechenland. Es ist vor allem bei Gewürzen sehr schwer, sich regional zu ernähren. Bei Tee und Gewürzen greife ich auf die Mühlviertler Bergkräutergenossenschaft und auf Sonnentor zurück. Sofern erhältlich, sind die Produkte Fair-Trade-zertifiziert. Bei allen Produkten müssen Preis und Qualität stimmen, und die Herkunft sollte so nahe wie möglich sein. Ich setze vermehrt auf kleinere Hersteller und arbeite gerne direkt mit den Bauern zusammen. Somit bleibt das Geld nicht bei den Zwischenhändlern liegen.
Ist generell ein Trend zu umweltfreundlicher Verpackung, bzw. weniger Verpackung ersichtlich, oder ist das kein Thema für große Konzerne?
UmweltfreundlichER schon, zum Beispiel wird teilweise schon eine Verpackung auf Zellulose- statt Erdölbasis verwendet. Diese ist einen Tick besser, allerdings ist auch hier die Abbaudauer noch ungefähr 30x so lange wie das Leben der Produkte, welche damit verpackt werden. Außerdem wird hier beim Herstellprozess viel Wasser und Energie aufgewendet. Meiner Meinung nach bedarf es eines Umdenkens des gesamten Systems, also Unternehmen, Hersteller, Konsumenten, weg von der Wegwerfgesellschaft.
Was kann man als Konsument tun, um möglichst umweltschonend einzukaufen? (Außer in die Maß-Greißlerei zu kommen 😉 )
Man kann zum Beispiel auf Märkten einkaufen, dort werden viele Produkte noch lose verkauft. Außerdem bieten kleinere Hersteller (direkt oder am Markt) ihre Produkte in Gläsern an, welche sie dann auch gerne zurück nehmen (auch ohne Pfandsystem, einfach fragen) Obst und Gemüse gibt es ohnehin vermehrt offen, am Land gibt es auch kleinere Bioläden die offenes Getreide verkaufen. Im Supermarkt sollte man den Mut haben, bei der Feinkost mit einem eigenen Gefäß zu kommen – man wird vielleicht komisch angeschaut, kann aber hier einiges an Verpackung einsparen.
DANKE Andrea für das Interview!
Andrea Lunzer (32) ist in Tadten im Burgenland an der Grenze zu Ungarn aufgewachsen. Nach der Matura in Wien verbrachte sie ein Jahr in London. Später studierte sie Marketing für Erneuerbare Energien und nachwachsende Rohstoffe am Campus Wieselburg der Fachhochschule Wiener Neustadt.
Die nebenberufliche Fitness- und Ernährungstrainerin beschäftigt sich schon seit ihrer Jugend mit gesunder Ernährung und alternativen Lebensweisen. 2010 begann die begeisterte Hobbyköchin ihren Foodblog „Fit & Glücklich“. Dort vereint sie ihre Liebe zu gutem Essen und Sport mit dem Versuch, die Balance im Leben zu finden. Seit 2012 vernetzt sie mit einer Kollegin auch noch die Österreichischen Foodblogger auf einer eigenen Plattform.