Ungewöhnlich aber effizient: Energie aus Inkontinenz-Abfällen. Von “Windel-Willi” bis zu Biogas aus Windeln.
Meckenbeuren am Bodensee, hier ist “Windel-Willi” seit fünf Jahren im Einsatz, das einzige Windelkraftwerk seiner Art weltweit. In dem Windelverbrennungsofen wird aus Inkontinenzabfällen Energie gewonnen. Neben Windeln werden z. B. auch Einmalhandschuhe, Zellstofftücher oder Verbandsmaterial verwertet.
Nun hat auch die Wissenschaft die Windeln zur Energieerzeugung entdeckt. Eine Forschergruppe der Technischen Hochschule Mittelhessen geht der Frage nach, wie man die rund 200.000 Tonnen Inkontinenzabfälle, die jährlich in Deutschland anfallen, effizient und ökologisch in Energie umwandeln kann.
Einzige Windelverbrennungsanlage weltweit
“Windel-Willi” ist fleißig – er verbrennt im Jahr bis zu 4.200 Tonnen Windeln, seine Feuerleistung beträgt 1.240 Kilowatt. Mit dieser Leistung kann eine Wäscherei betrieben werden, die täglich acht Tonnen Wäsche behandelt, eine Großküche, die täglich 3.000 Essen bereitet, und Gewächshäuser mit einer Nutzfläche von 96.000 Quadratmetern.
Dabei werden die strengen Auflagen für Müllverbrennungsanlagen eingehalten. Die Abfälle verbrennen bei bis zu 1.000 Grad, die Abgase werden mehrfach gereinigt, die übriggebliebene Asche wird ordnungsgemäß entsorgt. Zudem steht rund um die Uhr steht ein Notdienst bereit. Ersatzteile werden für den Notfall in einem eigens eingerichteten Lager vorgehalten.
Vielleicht sind es ebendiese Auflagen, die ein Nachbauen der Anlage bisher verhindert haben. Denn Interesse besteht an dem patentierten Windelkraftwerk. Es kamen schon Vertreter aus verschiedenen Ländern zur Besichtigung angereist, so aus Italien, Spanien oder den USA. Doch Windel-Willi bleibt einzigartig.
Biogas aus Windeln
Nun haben auch Wissenschaftler die Windeln für die Energiegewinnung entdeckt, allerdings bekommt Windel-Willi dadurch keine Konkurrenz. Denn die Forscher der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen untersuchen, wie man aus Inkontinenzabfällen Biogas gewinnen und die Gärreste verwerten kann.
In einer Versuchsanlage werden die Windeln zerkleinert und anschließend einem Gärreaktor zugeführt. Die Gärreste, wie etwa übriggebliebener Kunststoff, werden gewaschen, entwässert und stofflich oder thermisch weiter verwertet. Auf diese Weise werden täglich bis zu 12 Kilogramm Windeln verarbeitet.
70 Liter Methan aus 1 Kilo Windelabfall
Pro Kilogramm Windeln liefert die Anlage rund 70 Liter Methan. Dies entspricht etwa dem Umsatz, den man z. B. mit Zuckerrüben erzielt. Somit stellen Inkontinenzabfälle eine effiziente Quelle der Biogas-Erzeugung dar. Neben der ökologischen wie betriebswirtschaftlichen Tragfähigkeit des Verfahrens werden im nächsten Schritt die Vorteile gegenüber der Verbrennung und sinnvolle Logistikkonzepte herausgearbeitet.
Quellen:
http://www.stiftung-liebenau.de
http://www.thm.de/site/aus-lehre-und-forschung/2769-wertschoepfung-aus-windeln.html
Foto: © Martina Liel