Was ist beim Thema rund um fair produzierten Kaffee zu beachten?
Dieser Artikel wurde am 7. Juli 2021 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Kaffee kommt von weit her und in den meisten Fällen können wir so gut wie gar nicht feststellen, wie dieser produziert wurde. Weder, wie die Menschen, noch wie der Kaffee selbst behandelt wurden. In diesem Beitrag gehe ich der Frage nach, was hinter dem Fair Trade Gütesiegel steckt, und was zusätzlich noch zu beachten ist.

Dafür habe ich den Kaffee-Experten Gustavo Quintero von Espiritu Cafe befragt.

Wenn der Kaffee im Schatten von Bananen- oder Avocadobäumen wachsen darf, fühlt er sich am wohlsten. – Photocredit: facebook.com/espiritucafe.colombia

Was ist fair?

Fairness ist ein sehr großer Begriff, zu dem jeder von uns ein Gefühl hat, aber sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was denn nun fair ist. Das Fair Trade Gütesiegel hilft uns dabei, schnell zu erkennen, ob Güter wie etwa Kaffee gewisse faire Standards einhält. Aber genauso wie beim Thema Nachhaltigkeit hat Fairness mehrere Ebenen.

Die Leute hinter dem Gütesiegel achten auf die Einhaltung sozialer, ökologischer und ökonomischer Standards. Es bedeutet, dass sie nicht nur den Handel selbst und die finanziell faire Abgeltung für die Ware berücksichtigen. Zusätzlich achten sie auf die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen, unterstützen Kooperativen von kleineren Betrieben, und verteilen Prämien, um den Bio-Anbau und generell nachhaltige Praktiken zu fördern.

Die Röstung muss gar nicht so frisch sein, aber frisch gemahlene Bohnen haben das meiste Aroma. – Photocredit: rawpixel.com/ID: 3337168

Nachhaltige Kaffeeproduktion

Aber was sind diese nachhaltigen Praktiken? Die Kaffeepflanze ist eigentlich eine Schattenpflanze. Wächst er also auf den typisch bekannten Kaffeeplantagen, dann ist er mehr Sonne ausgeliefert, benötigt dadurch mehr Bewässerung, ist anfälliger auf Schädlinge. Wenn der Kaffee jedoch in seiner natürlichen Umgebung wachsen kann, sind die meisten Düngemittel und Pestizide gar nicht nötig. Schließlich geht es – wenn wir Fairness ganzheitlich denken – auch darum, der Umgebung und den Pflanzen gegenüber fair zu sein.

Auf die Qualität achten ist fair

Wenn wir auf die Qualität der Kaffeeproduktion achten, hat das ebenfalls nachhaltige und dadurch faire Aspekte. Wird etwa die Kaffeebohne in der Sonne getrocknet anstatt mit einer Maschine? Und wird der Kaffee im Produktionsland geröstet und dadurch zusätzlich Wertschöpfung im Land behalten? All diese Dinge werden von Gustavo bei Espiritu Cafe berücksichtigt. Und das zeichnet sich im Weiteren auch durch eine Wertschätzung aus. Die Wertschätzung der Qualität des Produktes und die Wertschätzung in der Produktionskette vor Ort. Diese Wertschätzung gibt er über die Bewusstseinsbildung, die er beim Verkauf betreibt, an die Konsumenten und Konsumentinnen weiter.

Wenn uns bewusst ist, was hinter der Produktion eines Lebensmittels steht, wie viel Aufwand dahinter steckt, und welche kleinen Dinge wir machen können, die einen großen Unterschied machen, kann dies dazu führen, dass wir selbst wertschätzender mit den Produkten umgehen. Dann werfen wir sie nicht leichtsinnig weg, wenn wir zu viel gekauft haben, oder konsumieren sie nicht in Massen, ohne sie wirklich bewusst zu genießen.

Single Origin

In den meisten Fällen wird der Kaffee von vielen Orten in einem gemeinsamen Container gelagert. Dadurch können wir unmöglich feststellen, wo genau der Kaffee nun tatsächlich herkommt, bzw. auch wie alt die einzelnen Bohnen sind, wenn sie geröstet werden. Werden jedoch die Bohnen direkt nach der Ernte und Trocknung vor Ort geprüft, geröstet und verpackt, ist nicht nur die Quelle des Kaffees nachvollziehbar. Es wird auch sichergestellt, dass die Bohne im frischen Zustand durch das Rösten haltbar gemacht wird.

Meistens werden Kaffeebohnen von unterschiedlichen Orten zusammengemischt und erst dann abgepackt. – Photocredit: unsplash.com/Julian Andres Carmona Serrato

Single Origin, also das Sicherstellen, dass der Kaffee nur von einem Ort kommt, hat somit mehrere Vorteile, und fördert zusätzlich noch die lokale Wirtschaft, weil mehr Arbeitsschritte im Ursprungsland stattfinden.

Worauf ist zu achten?

Gustavo vertreibt seinen Kaffee, der auf der Finca seines Vaters in Kolumbien wächst, mit besonderer Begeisterung, und erklärt jedem, den es interessiert, was wir alles beim Kaffee beachten können.

Der Spalt in der Kaffeebohne etwa zeigt mit seiner Farbe an, ob die Bohne in ihrer natürlichen Geschwindigkeit durch die Sonne getrocknet wurde, oder durch einen beschleunigten Prozess. Ist der Spalt hellbraun bis weiß wurde die Bohne in der Sonnen getrocknet, ist er dunkel, waren Maschinen mit im Spiel. Auch die Qualität der Röstung ist an der Bohne zu erkennen. Hat sie kleine Risse, dann war die Röstung zu heiß. All das hat Auswirkungen auf den Geschmack.

Wenn der Spalt der Bohne hell ist, ist es ein Zeichen, dass sie natürlich in der Sonne getrocknet wurden. – Photocredit: wikimedia.org/MarkSweep

Fazit

Fair produzierter und gehandelter Kaffee hat sehr viele Ebenen, die den meisten von uns nicht in vollem Umfang bewusst sind. Viel wird durch das Fair Trade Gütesiegel bereits ausführlich überprüft. Direct Trade – wie das Vorgehen von Espiritu Cafe bezeichnet wird – geht hier wie beschrieben noch einen Schritt weiter.

Die Wertschätzung ist ein wesentlicher Aspekt von Fairness, der nur dann in vollem Umfang möglich ist, wenn wir auf die Details im Produktionsprozess genauer achten und darüber Bescheid wissen. Und das gilt sowohl für Kaffee, wie für alle anderen Produkte, die wir konsumieren oder nutzen.

Erst wenn sich die Wertschätzung von Lebensmitteln durch das tiefe Bewusstsein über den Aufwand wirklich auch im gezahlten Preis und dem Anspruch an Qualität bei jedem Produktionsschritt widerspiegelt, kann aus meiner Sicht von einem wirklich fairen Produkt gesprochen werden.

Quellen

Espiritu Cafe
fairtrade.at: Fairtrade Siegel
fairtrade.at: Fairtrade-Standards
coffeescience.de: Kaffeewelt
kaffeeroesterei-kirmse.de: Fairtrade Kaffee – Direct Trade