Regional statt global
Regional statt global
Wieso regionaler zu essen allen hilft und auch globale Auswirkungen hat
Dieser Artikel wurde am 3. Juli 2020 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Zum Frühstück einen Kaffee aus Brasilien, dazu ein Müsli mit einer Banane aus Ecuador, als Snack ein Stück Schokolade aus Kakaobohnen von der Elfenbeinküste und mittags zum Chinesen… wir reisen nicht nur im Urlaub gerne, sondern mögen es auch bei unserer Lebensmittelauswahl oft mehr international als regional! Wieso das langfristig den Hunger auf der Welt verschlimmert und wieso wir regionaler essen sollten, möchte ich heute hier behandeln.

Essen von irgendwo

Kennt ihr auch die vollen Obstbäume auf den Streuobstwiesen hier in Österreich, auf denen viel gutes Obst einfach verdirbt? Das Absurde ist nämlich: wir beziehen einen Großteil unserer Waren aus dem Ausland, obwohl vieles davon auch in Österreich vorhanden ist. Wieso das so ist? Weil es im Ausland billiger ist. Paradox oder? Selbst der Transport kostet fast nichts.

Der Selbstversorgungsgrad mit Obst in Österreich lag 2018/19 nur bei 35%. Bei Gemüse sind es sogar 55%. Ein Wert von 100 Prozent würde anzeigen, dass im Inland genau so viel von einer Obstsorte produziert wie konsumiert wird. Das heißt also, nur ungefähr ein Drittel des gegessenen Obstes kommt aus Österreich. Klar, manche Sorten gibt es bei uns einfach gar nicht, wie Bananen. Und manches gibt es nur für einen sehr kurzen Zeitraum, wie beispielsweise Sommerobst (Beeren, Marillen, Kirschen).

Sollten wir so etwas also gar nicht mehr essen? Oder nur in der Saison? Das lässt sich natürlich pauschal nicht beantworten, ein gesundes Bewußtsein dafür, woher das Essen kommt ist jedenfalls einmal nicht verkehrt. Genau das versuche ich meinen Kindern auch immer mitzugeben. Daher gibt es bei uns außerhalb der Saison kein exotisches Obst (außer zu Weihnachten, für unseren traditionellen Obstchristbaum!).

Äpfel aus Chile, Fotocredit: Ulrike Göbl

Regionale Grundversorgung ist krisensicher

Spätestens die globale Corona-Krise hat uns gezeigt, dass es nicht immer besser ist, alles zu globalisieren. Um Krisen abzufedern sollten manche Dinge einfach direkt in der Region abgedeckt sein, zum Beispiel die Grundversorgung. 

Jedes Land, jede Region ist nämlich grundsätzlich in der Lage, sich selbst zu ernähren. Nehmen wir als Beispiel gleich Wien: hier gibt es beispielsweise eine Gemüse Erzeugergenossenschaft, in der 150 Familienbetriebe jährlich mehr als 43.000 Tonnen frisches Gemüse produzieren. Regional und qualitativ hochwertig. Auch Obstbauern gibt es eine Vielzahl und sogar Reis wächst direkt neben Wien in Gerasdorf. 

In anderen Regionen Österreichs ist das nicht anders. Wir Österreicher könnten sogar ausschließlich von heimischen Bioprodukten leben, das wurde ganz offiziell berechnet. Die Abhängigkeit von Futterimporten würde sich dann reduzieren, die Ernährung wäre gesunder und auch die Umwelt würde profitieren. Voraussetzung wäre allerdings, um zehn Prozent weniger Fleisch zu essen oder die vermeidbaren Lebensmittelabfälle um ein Viertel zu reduzieren. Wie wäre es, wenn wir einfach beides anstreben?

Trotz allem global denken

Für uns hier in Österreich funktioniert der Weltmarkt momentan noch wunderbar. Andere Länder, die knapper bei Kasse sind, haben aber schon jetzt extreme Probleme damit. Preisschwankungen am Markt kosten jedes Mal Existenzen  und Monokultur-Plantagen belasten die Umwelt. 

Ich dachte immer, es müsse am Weltmarkt doch genug Nahrung für alle geben. Gibt es auch. Doch leider wird diese sehr ungleich verteilt und manche haben so viel, dass Reste einfach weggeworfen werden. Andere produzieren eine ganze Menge, jedoch für andere. Sie selbst hungern oft, da durch die Monokulturen der Boden zerstört wird. Auch durch die Produktion von Kraftfuttermittel wie Soja oder Mais wird viel wertvolle Ackerfläche verwendet, die dann nicht zum Anbau von Lebensmitteln für den Eigenbedarf zur Verfügung steht.

Wir dürfen hier also nicht nur an uns denken, es bedarf (wie so oft) eines globalen Umdenkens.

Internationale Küche, Fotocredit: Ulrike Göbl

Das Nahe wieder aufwerten 

Ich wohne mittlerweile am Stadtrand von Wien und hier gibt es einige Erzeuger direkt im Umland. So können wir Obst, Gemüse und Fleisch regional, also direkt aus der Region beziehen. Das fühlt sich toll an und ganz Besonders, ich habe irgendwie eine ganz andere Beziehung zu meinem Essen. Es lässt sich schwer beschreiben. Klar, manches davon ist teurer, als importierte Produkte im Supermarkt. Das liegt einerseits an den höheren Löhnen hier in Österreich, natürlich aber noch an viel mehr Faktoren. Wie schon angesprochen gleichen das auch die billigen Transportkosten nicht aus.

Denken wir aber einfach ein bisschen um, kaufen bewußter ein und ändern nur einen Teil unseres Einkaufsverhaltens, hat das schon große Auswirkungen – global ebenso wie regional.

Greift doch beim nächsten Mal zu den österreichischen Äpfeln, den inländischen Zwiebeln und sucht euch vielleicht sogar regionale Anbieter in eurer Umgebung heraus. Ich versichere euch, das Gefühl beim Essen wird ein anderes sein – ein ganz Besonderes!

Quellen:
Demeter Magazin, 16.08.2019, Susanne Kiebler, “Regional essen, global denken
Statista.com, “Selbstversorgungsgrad mit Obst
Orf, 23.05.2018, “Bio könnte Österreich ernähren
Kurier, 19.03.2020, “Österreich kann sich mit Nahrung gut selbst versorgen