Klamottenkur
Klamottenkur
Minimalgarderobe für bewussten Modekonsum.
Dieser Artikel wurde am 6. September 2017 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Die Kampagne Modeprotest hat es sich mit ihrer Aktion Klamottenkur zum Auftrag gemacht, mit bewusstem Modekonsum dem Fast Fashion-Trend zu trotzen. Die steigende Zahl an Wegwerfmode und neue Erkenntnisse darüber, dass mittlerweile Plastikfasern aus Synthetikgewebe die Ozeane belasten, machen eine Klamottenkur und einen nachhaltigen Umgang mit Kleidung dringend nötig. Da es auf Seiten der Produktion noch keine massentauglichen Alternativen gibt, ist vor allem unser Verhalten als Konsumenten gefragt.

Klamottenkur mit Minimalgarderobe von 50 Kleidungsstücken

Eine Klamottenkur mache ich gerade mehr oder weniger unfreiwillig. Ich bin nach Schottland ausgewandert und trage seit fast zwei Monaten nur die Klamotten, die ich in einem Koffer transportieren konnte. Die Auswahl ist klein, und doch fühle ich mich immer gut gekleidet und vermisse nichts. Es ist seltsam: Oft habe ich mich vorher morgens gefragt, was ich denn anziehen und was eventuell aussortieren solle. Als ich fürs Auswandern packte, waren diese Entscheidungen auf einmal ganz klar und schnell getroffen. In dieser Situation wusste ich ohne groß zu überlegen, was meine Lieblingsteile sind, was praktisch und was bequem zu tragen ist.

Diese andere Perspektive möchte Modeprotest mit ihrer Klamottenkur herstellen. Seit 2012 läuft diese Aktion immer zur Fastenzeit, aber natürlich kann man jederzeit mit dem Modediäten anfangen. Bei der Klamottenkur sieht es so aus, dass man sich für eine Minimalgarderobe aus 50 Kleidungsstücken entscheiden soll, die man dann 7 Wochen lang ausschließlich trägt und sich und seine Modebedürfnisse dabei beobachtet und reflektiert.

Kunstfasern aus Klamotten – von der Waschmaschine in den Ozean

Hintergrund ist der rapide steigende Trend von Fast Fashion, Wegwerfmode und Klamottenüberfluss. Hinzu kommt, dass mittlerweile bereits 60 Prozent der Klamotten Weltweit mit Kunstfasern, vor allem Polyester, hergestellt werden, wie ein Hintergrundpapier von Greenpeace zeigt. Und wie man herausgefunden hat, lösen sich Kunststofffasern beim Waschen und gelangen über die damit überforderten Kläranlagen in Flüsse und Ozeane.

Eine Fleece-Jacke kann beispielsweise bis zu einer Million Fasern pro Waschgang verlieren. So kommen in Europa alleine schon 30.000 Tonnen Mikroplastik aus Waschmaschinen zusammen, die im Meer landen. Hier werden sie von Kleinstlebewesen aufgenommen, die dadurch nicht gut gedeihen oder eingehen. In der Nahrungskette verursacht diese einen fatalen Dominoeffekt bis hin zum Wal, für den nicht mehr genügend Futter zur Verfügung steht.

Mit bewusstem Modekonsum gegen Massenproduktion

Bei der mittlerweile erreichten Massenproduktion wäre es keine Lösung, Kunstfasern wieder mit natürlichen Fasern zu ersetzen, denn das würde das Problem durch massiven Wasserverbrauch und Pestizideinsatz in der Baumwollproduktion nur verschieben. Alternative Konzepte, wie etwa Fasern aus Bananenschalen, oder das Recyceln von Altkleidern sind bisher technisch nicht ausgereift genug, um dem Massenmarkt standzuhalten. Bewährt hätte sich bisher nur das Recyceln von PET-Flaschen zu Polyesterfasern, wobei wir wieder bei der Mikroplastikproblematik wären. Wie wir sehen, bisher kommen wir aus der Nummer nicht raus und es bleibt nur noch unser Konsumverhalten, an dem man die Schrauben nur noch justieren kann.

Die Klamottenkur lädt dazu ein, den Kleiderschrank auf den wirklichen Bedarf an Klamotten zu reduzieren. Und an diesen Bedarf kann man sich mit der Aktion herantasten. Dafür gibt es eine praktische Schritt für Schritt-Anleitung und Tipps zum Klamottenfasten, damit sich nachher nicht der Jojo-Effekt im Kleiderschrank einstellt.

Quellen:
http://www.modeprotest.de/
http://www.klamottenkur.de/
Hintergrundpapier Greenpeace: Mikrofasern – Gefahr aus dem Kleiderschrank, Juli 2017. https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/i03971-20170718-greenpeace-flyer-mikrofaser.pdf
Foto: Copyright Martina Liel

Martina Liel ist Germanistin (M.A.) und arbeitet seit 2009 als freie Texterin und Autorin mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit und Healthcare. Seit 2013 bloggt sie über ein Leben mit Endometriose, einer chronischen Erkrankung, bei der ein nachhaltiger und gesunder Lebensstil eine wesentliche Rolle spielt. Ihr Buch “Nicht ohne meine Wärmflasche – Leben mit Endometriose” ist im März 2017 erschienen.