Egal wo und wie wir leben, wir sind immer zumindest mit den Folgen von Entscheidungen in der Gruuppe konfrontiert. Sogar wenn wir alleine wohnen und für uns selbst arbeiten. Egal ob es darum geht, was wir essen, wo wir wohnen, oder wie wir eine nachhaltigere Welt schaffen. In den meisten Fällen sind andere Menschen in irgendeiner Form involviert. Entweder, weil sie davor schon Entscheidungen getroffen haben, welche Lebensmittel überhaupt angeboten werden, oder wie die Umgebung gestaltet wurde, in der wir wohnen. Aber wie können Entscheidungen so getroffen werden, dass sie für alle wirklich passen?
Aufgrund unserer vorherrschenden politischen Struktur halten sehr viele Menschen die demokratische Mehrheitsentscheidung hoch. Ist doch die sinnvollste und schnellste Methode, zu entscheiden, oder? Aber lasst uns diese Form, und auch andere Formen der Entscheidungsfindung mal genauer betrachten.
Einer entscheidet
Egal ob Monarchie, Diktatur, oder die Entscheidungsfindung in vielen Firmen heutzutage. Überall gilt, dass eine Person ganz oben steht, und für alle anderen entscheidet. Welche Werte und Ziele im Fokus dieser einen Person stehen, ist jedoch sehr häufig nicht im Einklang mit den Werten und Zielen der einzelnen Personen, über die entschieden wird. Vor allem werden diese in den meisten Fällen nicht einmal gefragt, was sie denn brauchen oder wollen.
Die Mehrheit entscheidet
Die Mehrheitsentscheidung ist uns als Möglichkeit der Entscheidung in der Gruppe wohl bekannt. Die Gruppe wird gefragt, und das was die meisten wollen wird gemacht. Aber der Rest schaut komplett durch die Finger.
Wenn wir uns die Zeit nehmen, uns wirklich mit dem Gefühl auseinander zu setzen, dass gerade andere über uns entschieden haben, fühlt es sich nicht wirklich so viel besser an ob es nun einer war oder mehrere, die für uns entschieden haben, ohne unsere Meinung wirklich in Betracht zu ziehen. Es ist meist nur ein kleiner Trost, wenn überhaupt, zu wissen, dass es zumindest die Mehrheit der Menschen so wollen. Das kann oft sogar noch frustrierender sein, als bei einer Person.
Alle entscheiden
Sowohl die Holokratie, als auch die Soziokratie sind auf Konsent ausgelegt. Beim Konsent werden alle Beteiligten gehört. Danach macht der, der das Thema eingebracht hat, einen Vorschlag, und es wird berücksichtigt, ob es einen starken (oder schwachen) Einwand gibt.
Bei anderen Formen von Redekreisen, werden Entscheidungen sogar nach dem Konsens-Prinzip getroffen. Hier müssen tatsächlich alle Beteiligten aktiv zustimmen, bis die Entscheidung getroffen werden kann. Dies bringt natürlich auch Probleme mit, da es in langen Diskussionen enden kann, die dann möglicherweise auch gar keine Entscheidung bringen.
Alle entscheiden, aber unterschiedliche Aspekte
Der Entscheidungsfindungsprozess der Sechs-Nationen-Stämme in Nordamerika etwa basiert darauf, dass die Frauen entscheiden, welche Männer sie anführen sollen. Diese Anführer treffen in Folge alle weiteren Entscheidungen, können aber von den Frauen jederzeit wieder abgesetzt werden. Dies wirkt möglicherweise etwas archaisch, aufgrund der Aufteilung der Aufgaben der Männer und der Frauen. Aufgrund der Kontrollfunktion ist es jedoch ebenfalls eine sehr spannende Lösung dafür, dass alle Beteiligten zu jedem Zeitpunkt Einfluss nehmen können auf die Entscheidungsfindung.
Andere Wege
Diese Beispiele zeigen, dass es viele Möglichkeiten der Entscheidungsfindung gibt, die wir möglicherweise gar nicht alle kennen. Sie zeigen auch auf, dass es mehr Varianten als nur die bekannten Wege der Entscheidungsfindung gibt. Sie sind nicht die einzigen, aus denen wir wählen können.
Ich habe letztes Jahr eine kleine Gruppe Menschen kennenlernen dürfen, die ihr eigenes System der Entscheidungsfindung gefunden hatten: Jeder bringt seine Stimme und Meinung ein, und jedes mal wählt einer in der Gruppe zufällig jemand anderen. Dieser trifft dann alleine, aber auf Basis aller eingebrachten Stimmen, die Entscheidung.
Das ist zwar sicher auch kein perfektes System, und kann in größeren Strukturen nur bedingt funktionieren, aber es hat mir sehr schön gezeigt, dass die Möglichkeiten für Entscheidungsfindungsprozesse, die alle Menschen mit einbeziehen, und alle Stimmen hören sehr vielfältig sind, und wir uns nicht auf die uns bekannten Systeme beschränken müssen.
Fazit
Wichtig ist bei Entscheidungen – sowohl für sich alleine als auch in Gruppen – dass wir uns aktiv damit auseinander setzen. Dass wir für uns herausfinden, was wir wirklich wollen und was uns wichtig ist. Bei Entscheidungen gibt es nicht nur eine Lösung. Sie besteht aus vielen kleinen Teilaspekten. Und je genauer wir wissen, welcher Aspekt uns wichtig ist, umso besser können wir darauf achten, dass dieser in der Entscheidung auch mit eingebunden ist.
Dann fühlen wir uns gehört, akzeptiert und verstanden. Dann haben wir das Gefühl, einen Einfluss auf unser Leben und weitere Entwicklungen zu haben. Und all das sind wichtige Grundbedürfnisse, die wir meist zu oft überspielen oder ignorieren.