Fotocredit: followyourwildheart.org/Elisabeth Demeter
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Was versteht man unter nachhaltiger Forstwirtschaft? Was bedeuten die unterschiedlichen Siegel und welche Rolle spielen Monokulturen dabei?
Dieser Artikel wurde am 15. November 2022 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Über die letzten 20 Jahre wurden einige Zertifizierungen für die Forstwirtschaft entwickelt, die unterschiedliche Mindeststandards für eine nachhaltigere Forstwirtschaft sicherzustellen. Aber warum?

Es wird zwar viel weniger darüber berichtet als bei der Lebensmittelproduktion und Tierhaltung, aber auch in der Wald- und Forstwirtschaft haben sich die Praktiken über die Zeit immer mehr ins negative, zerstörerische gewandelt. Es wird Raubbau betrieben, der Waldboden und ganze Lebensräume zerstört, nicht-heimische Bäume gepflanzt, etc.

Dabei gibt es einige Aspekte, die beachtet werden sollten, wenn wir wollen, dass unsere Wälder und auch jene in anderen Orten der Erde wieder nachhaltiger behandelt werden.

Aspekte der nachhaltigen Forstwirtschaft

Wenn wir eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder anstreben, gibt es einige Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Teils wird dies bereits durch die unterschiedlichen Zertifizierungen (siehe weiter unten im Text) abgedeckt, jedoch noch lange nicht vollständig.

Wenn ein Forst nur aus einer Baumsorte besteht, ist auch nur Bedingt Diversität bei den restlichen Lebewesen in diesem Ökosystem möglich. - Fotocredit: followyourwildheart.org/Elisabeth Demeter
Wenn ein Forst nur aus einer Baumsorte besteht, ist auch nur bedingt Diversität bei den restlichen Lebewesen in diesem Ökosystem möglich. – Fotocredit: followyourwildheart.org/Elisabeth Demeter

Monokultur-Wälder

Ein großer, wenn auch weit nicht der einzige Aspekt, der in der Forstwirtschaft weiterhin vorherrscht, sind Monokultur-Wälder. Die meisten Menschen erkennen auf Feldern Monokulturen auf den ersten Blick. Aber was ist mit Wäldern?

Sehr häufig sind sie rein forstwirtschaftlich genutzte in Reih und Glied gesetzte, Fichtenwälder. Optimiert darauf, mit entsprechenden Geräten die “Ernte” durchzuführen. Und so sehr wir an die heile Welt der Wälder glauben wollen, sind diese Monokulturen einem natürlichen Wald in etwa so ähnlich wie ein Rapsfeld einer diversen Blumenwiese.

Kahlschläge statt Verjüngung

Es passiert noch immer sehr häufig, dass größere Flächen vollständig dem Erdboden gleich gemacht werden. Dadurch verschwindet mit einem Schlag ein ganzer Waldteil. Das ist aus unterschiedlichen Aspekten problematisch.

Unter anderem ist es so, dass dadurch ein ganzes Ökosystem plötzlich verschwindet. Auch wenn in diesen Monokultur-Wäldern meist keine so große Diversität herrscht, entsteht dennoch ein Lebensraum für diverse Tiere und Pflanzen, der von einem Tag auf den anderen zerstört wird.

Es macht viel mehr Sinn, immer nur einzelne Bäume aus dem Wald zu entfernen, um sowohl unterschiedliche Altersstufen von Bäumen zu erhalten, als auch das darunterliegende Ökosystem nicht zu stark zu belasten.

Schutz des Waldbodens

Auch der Waldboden ist ein wesentlicher Teil des Ökosystems. Wenn schwere Maschinen den Boden aufwühlen oder verdichten hat das einen großen Einfluss auf all die Bodenlebewesen. Auch für das Wachstum der Bäume ist es relevant, dass sich andere Pflanzen und Tiere um sie herum ansiedeln, um die natürlichen Kreisläufe der Nährstoffe sicherzustellen.

Wenn es schon ein Monokultur-Wald sein muss, dann ist es zumindest gut darauf zu achten, dass die nächsten Jungbäume schon nachwachsen, bevor die alten geschlägert werden. - Fotocredit: followyourwildheart.org/Elisabeth Demeter
Wenn es schon ein Monokultur-Wald sein muss, dann ist es zumindest gut darauf zu achten, dass die nächsten Jungbäume schon nachwachsen, bevor die alten geschlägert werden. – Fotocredit: followyourwildheart.org/Elisabeth Demeter

Standortgerechte Bepflanzung

Bei all den Fichtenmonokulturen zeigt sich sehr schön, dass es zusätzlich sehr relevant ist, darauf zu achten, welche Baumarten für einen Standort wirklich geeignet sind. In welchen Lagen und mit welchem Klima sind diese Bäume vertraut? Wie sehr sind sie eventuell aufgrund ihrer Bedürfnisse an manchen Standorten wesentlich anfälliger auf Parasiten oder ähnliches?

Und dies sind nur ein paar wenige der relevanten Aspekte für eine wirklich nachhaltige Forstwirtschaft.

Zertifizierungen

Es gibt inzwischen einige Zertifizierungen, die dafür sorgen, dass gewisse, auch nachhaltige Standards bei der Forstwirtschaft eingehalten werden. Hier ist eine kurze Übersicht:

FSC Zertifizierung

FSC steht für “Forest Stewardship Council” und ist ein internationales Zertifizierungssystem, das prüft, ob die Wälder umweltgerecht, sozialverträglich und ökonomisch tragfähig bewirtschaftet werden. Hierbei wird auch unter Anderem auf eine Beteiligung lokaler und indigener Bevölkerungsgruppen geachtet.

Das FSC Siegel prüft – im Vergleich zum PEFC Siegel – , dass auch auf den größtmöglichen Verzicht von Pestiziden und das Ausweisen von nicht-wirtschaftlich genutzten Waldflächen geachtet wird.

Mit Kahlschlag geht eine Zerstörung eines gesamten Ökosystems einher, inklusive der meisten Bodenlebewesen. - Fotocredit: followyourwildheart.org/Elisabeth Demeter
Mit Kahlschlag geht eine Zerstörung eines gesamten Ökosystems einher, inklusive der meisten Bodenlebewesen. – Fotocredit: followyourwildheart.org/Elisabeth Demeter

PEFC Zertifizierung

Bei diesem Siegel werden auch die Waldbesitzer:innen miteingebunden, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Es ist jedoch das international am weitesten verbreitete Siegel, und deckt wie auch die anderen den Schutz vor Raubbau, Umweltverschmutzung und nachhaltigen und sozial verträgliche Bedingungen für die Waldarbeiter:innen ab.

ZÖFU Zertifizierung

Um eine PEFC Zertifizierung für alle Betriebe inklusive ihrer beauftragten Waldbesitzer:innen zu vereinfachen und auf die österreichischen Verhältnisse anzupassen wurde das Siegel für „Zertifiziertes Österreichisches Forstunternehmen“ entwickelt. Es stellt sicher, dass die zertifizierten Unternehmen ökologisch, sozial nachhaltig, mit gut ausgebildeten Mitarbeiter:innen und einwandfreier Technik agieren. Es ist daher in etwa mit dem PEFC Siegel zu vergleichen.

Naturland

In Deutschland gibt es zusätzlich noch das strengere Waldzertifzierungssystem nach Naturland. Hier wird neben der Nicht-Nutzung von Pestiziden auch noch auf das Pflanzen standortangepasster Bäume und nicht gentechnisch veränderter Pflanzen, Schutz des Waldbodens und den Verzicht auf Kahlschläge geachtet.

Nachhaltige Forstwirtschaft vs. gesunde, diverse Wälder

Ähnlich wie bei Wiesen und anderen Landschaften ist es für eine wirkliche Nachhaltigkeit auch bei Wäldern wichtig, Diversität zu erhalten oder wieder aufzubauen. Das bedeutet bei Wäldern vor allem unterschiedliche Formen von Mischwäldern, sowie auch das erhalten und erlauben von unterschiedlichen Generationen von Bäumen.

Ein wirklich diverser Wald wird nicht zur gleichen Zeit gepflanzt und abgeholzt. Darin finden wir junge, mitteljunge und auch sehr sehr alte Bäume, wodurch eine natürliche Balance entsteht – ähnlich wie auch bei vielen anderen Lebewesen.

Forscher:innen wie Peter Wohlleben zeigen sehr schön auf, dass auch Bäume über Generationen hinweg Gemeinschaften und Familien bilden und sich um die Jungbäume kümmern. Und jeder und jede, die schon einmal unter einem richtig alten Baum gestanden ist, und dessen Energie gespürt hat, kann wohl kaum widersprechen, dass das Alter eines Baumes einen Unterschied macht, und dass wir wieder mehr Bäume auch wirklich altern lassen sollten.

Dies ist jedoch meist nur schwer mit einer Bewirtschaftung des Waldes wie sie heutzutage verstanden wird vereinbar.

Je diverser der Wald sowohl in Arten als auch in Alter, umso faszinierender ist er auch für uns Menschen. - Fotocredit: followyourwildheart.org/Elisabeth Demeter
Je diverser der Wald sowohl in Arten als auch in Alter, umso faszinierender ist er auch für uns Menschen. – Fotocredit: followyourwildheart.org/Elisabeth Demeter

Fazit

Wenn wir den Wald als mehr sehen als nur wachsendes Nutzholz, und zusätzlich beim Holzbau wieder organischer denken, dann finden wir sicher auch eine nachhaltigere Lösung, wie wir den Wald wieder als diversen Lebensraum ermöglichen können, und ihn dennoch bewusst und ausgeglichen nutzen können.

Es darf nicht sein, dass wir noch heute in so vielen Ländern ganze Waldteile mit Kahlschlägen verwüsten und dadurch ohnehin schon nicht sonderlich diverse Lebensräume zerstören, nur um wieder bei Null anzufangen.

Wenn dir also beim nächsten Gang durch den Wald nur eine Baumart, oft noch in Reih und Glied, oder große offene Stellen, oder nur junge Bäume auffallen, sind dies alles Anzeichen für einen nicht wirklich nachhaltig geführten Wald. Je mehr wir unser Bewusstsein dafür schärfen, umso eher fordern wir als Konsumenten eine nachhaltigere Forst- und Holzwirtschaft ein. Und vielleicht kann sich dann ja doch noch etwas ändern.

Weiterführende Quellen

naturland.de: Naturland zertifiziert Wald und Holz
waldwissen.net: BFW Forstunternehmerzertifizierung
oekocontrol.com: Nachhaltige Forstwirtschaft FSC
fsc-deutschland.de
waldwissen.net: FEFC FSC und Naturland
wwf.de: FSC was ist das