Landwirt Stefan Döller im Mähdrescher bei der Ernte von Mais als Schweinefutter – Foto: © Privat
Landwirt Stefan Döller im Mähdrescher bei der Ernte von Mais als Schweinefutter – Foto: © Privat
Stefan Döller schlachtet seine Schweine am Hof, vermarktet die Fleischprodukte selbst und spendet die Herzen immer wieder für die medizinische Forschung. Was dem niederösterreichischen Landwirt Nachhaltigkeit bedeutet.
Dieser Artikel wurde am 1. März 2019 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Inzersdorf im niederösterreichischen Bezirk St. Pölten Land – eine beschauliche Gemeinde mit 1581 Einwohnern. Hier kennt man sich. Und hier kennt man auch Stefan Döller. Gemeinsam mit seinem Vater, der nach wie vor tatkräftig mithilft, bewirtschaftet er seinen Hof, auf dem derzeit etwa 150 Schweine leben. Geschlachtet werden die Tiere von Döller selbst und in gewohnter Umgebung. Warum das für Stefan Döller so wichtig ist und was das für ihn mit Nachhaltigkeit zu tun hat, verrät der sympathische Landwirt, der in seiner Freizeit Musiker auf Veranstaltungen ist, im Interview.

Herr Döller, Sie hätten am Hof Platz für ca. 240 Schweine. Warum sind hier trotzdem nur 150 Tiere bei Ihnen?

Weil es mir lieber ist, dass meine Schweine möglichst ideale Lebensbedingungen haben. Das fängt natürlich beim Aufwachsen der Tiere an. Und mir geht es nicht darum, immer noch mehr zu verkaufen. Ich will beispielsweise gar keines unserer Tiere einem Fleischhacker weiterverkaufen. Bei uns werden die Schweine zu 100 Prozent am Hof geschlachtet. Das ist mir wichtig.

Wieso ist für Sie die Hofschlachtung so essenziell?

Nun ja, einerseits bringt das zwar enorm strenge Auflagen – der Tierarzt kommt jede Woche, um die Schweine lebend zu beschauen und auch der Amtstierarzt überprüft regelmäßig, ob wir alle Auflagen erfüllen. Da haben wir genau die gleichen Auflagen wie die großen Schlachthöfe auch. Aber diese strengen Gesetze sind wichtig und ich nehme das gerne in Kauf. Denn wenn ich früher beobachtet habe, wie der Schlachter die Schweine mit dem LKW abgeholt hat, da hat mir wirklich immer das Herz weh getan. So ein Transport ist ganz fürchterlich für ein Tier. Schweine sind unglaublich intelligent. Das Tier kriegt auf jeden Fall mit, dass da jetzt etwas passiert. Vor allem, wenn schon Tiere am LKW sind und die Hektik oder Kämpfe ausbrechen. Diesen Stress und diese Angst können wir komplett vermeiden. Würde die Schlachtung bei uns am Hof nicht so ruhig ablaufen, ich könnte das gar nicht machen. Wir haben eine elektrische Betäubung, das kriegen die Schweine gar nicht mit. Die laufen selbst dort hin, denn die Schlachtung befindet sich nur zehn Meter neben ihrem Stall. Das ist ihre gewohnte Umgebung, sie kennen unsere Stimmen und sind dadurch bis zur letzten Sekunde völlig entspannt.

Das heißt, hier finden wir so gut wie keine Stresshormone im Fleisch? Apropos: Was genau wird denn dann aus ihren Tieren?

Selchfleisch, gekochtes und rohes Geselchtes, Schweinsbraten, Blunzn, Sulz, Leberaufstrich, Grammln, Bratwürstel und was sonst noch gerne vom Schwein gegessen wird. Einige Heurigen aus der Umgebung holen sich aber auch mal ein halbes Schwein ab und verarbeiten es selbst. Hauptsächlich vertreiben wir unsere Waren aber im mobilen Verkauf. Das heißt, wir fahren wöchentlich auf vier Märkte. Dort leben wir sehr viel von der Stammkundschaft. Aber gerade in Melk sind auch immer wieder Schiffstouristen aus Japan, Kanada und Frankreich an unseren Ständen. Da muss man dann halt auf Englisch erklären, was eine Blunzn oder was in einer Saumeise drinnen ist. Ich bin da sprachlich recht kreativ und flexibel und spreche auch ein paar Brocken Französisch. Das ist dann schon immer nett, wenn man auch mit den Touristen ein bisschen fachsimpeln kann und sie mit Begeisterung verkosten.

Stefan Döller  mit seinem Vater Alois – und einem Teil ihrer Produkte – Foto: © Privat
Stefan Döller mit seinem Vater Alois – und einem Teil ihrer Produkte – Foto: © Privat- Familie Stefan Döller

Gibt es da eigentlich in Ihrer Arbeit etwas, worauf Sie besonders stolz sind?

Natürlich – da gibt es sogar einiges. Wir sind zum Beispiel als Familienbetrieb extrem beständig. Mein Vater arbeitet auch noch immer mit und unser polnischer Arbeiter ist schon seit 27 Jahren bei uns am Betrieb. Er lebt auch hier mit seiner Frau und deren beider Kinder. Und es macht mich stolz, dass das Futter für unsere Schweine zu 95 Prozent aus eigenem Anbau kommt. Wir bewirtschaften 38 Hektar Ackerland und bauen hier mit Mais die Futtergrundlage für unsere Schweine an. Und es gefällt mir, dass wir nicht nur selbst am Betrieb schlachten können, sondern dass mein Vater schon vor 40 Jahren angefangen hat, auf bäuerliche Selbstvermarktung zu setzen. Dafür wurde er noch belächelt, damals ging es ja viel um Masse und darum, so günstig wie möglich zu produzieren. Und diesen Selbstvermarktungs-Gedanken weiterzuführen, den Betrieb ständig zu modernisieren und dabei auf die Tiere zu achten, das ist ein tolles Gefühl. Und wir stellen auch immer wieder in unregelmäßigen Abständen Schweineherzen für das AKH zu Forschungszwecken zur Verfügung. Als kleiner Schlachtbetrieb können wir so Herzen von einem stressfrei geschlachteten Tier zur Verfügung stellen. Man muss dafür das Herz ja auf ganz spezielle Weise mit allen Zu- und Abflüssen herausschneiden. Das muss fein säuberlich nach den Anforderungen der Medizin geschehen und kann nicht maschinell passieren. In großen Schlachthöfen ginge das nicht. Und da sind wir natürlich schon auch stolz drauf, wenn wir so unseren Beitrag zur Forschung leisten können.

Was genau bedeutet für Sie eigentlich Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit heißt für mich, möglichst regional zu kaufen. Ich kann ein Bio-Produkt kaufen, aber wenn das vom anderen Ende der Welt kommt, ist es zwar bio, aber der Transport ist sicher nicht nachhaltig. Je kürzer die Wege, desto nachhaltiger kauft man. So schont man die Ressourcen. Und Regionalität hat noch weitere Vorteile für die Konsumenten: Unsere Kundschaften kennen uns persönlich, wissen dass wir die Tiere gut behandeln und nur wir mit den Fleischwaren in Verbindung kommen. Aber ich beobachte auch, dass viele über Nachhaltigkeit sprechen, und dann doch lieber billig irgendwas von irgendwo kaufen. Spannend ist, dass ich wirklich nachhaltige Lebensstile vor allem bei sehr jungen Menschen und bei Pensionisten beobachte. Das Mittelalter lässt da ein bisserl aus. Für mich persönlich gehen  aber auch Nachhaltigkeit uns Ausgewogenheit miteinander einher. Auch wenn es bei uns natürlich immer viele hochwertige Produkte vom Schwein gibt, achten wir darauf, gesund und abwechslungsreich zu essen. Da kommen auch die selbst angebauten Fisolen, Paradeiser, Paprika und Zucchini regelmäßig auf den Tisch.