Was Leidenschaft für das Wohl der Tiere und den Schutz von natürlichem Lebensraum tatsächlich bedeutet, das spürt man, wenn man ein paar Minuten mit DI Hermann Fast plaudern darf. Der seit 1995 im Tiergarten Schönbrunn beschäftige Techniker und Naturwissenschaftler leitet die Abteilung „Technik und Projektentwicklung“ im ältesten noch bestehenden Tiergarten der Welt. Und gerade diese Historie macht es manchmal notwendig, in Punkto Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung besonders kreativ zu werden – Stichwort Denkmalschutz! Dank seiner technischen Ausbildung an der HTL sowie seines naturwissenschaftlichen Studiums an der Universität für Bodenkultur Wien und aufgrund seiner Leidenschaft für die Tiere mangelt es Hermann Fast an dieser Form von Kreativität glücklicherweise nicht.
Seit 25 Jahren begleitet er nun also die Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsprojekte des Tiergartens strategisch und operativ. Man könnte meinen, dass es sich bei Fast damit um einen Mann handelt, der sich aufgrund seiner langen Erfahrung als Nachhaltigkeitsexperte auf seinen bisherigen Projekten längst ausruhen könnte. Aber weit gefehlt: „Was wir uns im Bereich der Energietechnik vor noch nicht einmal zehn Jahren gar nicht erst vorstellen konnten, ist heute bereits Usus in der Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. Gerade im Bereich des Umweltmanagements braucht es stets neue Ideen. Es gibt bei diesem Thema so viel zu tun, dass man sich nie auf das bisher Erreichte verlassen sollte, sondern immer wieder offen bleiben muss für neue Dinge“, so der sympathische Tiergartenmitarbeiter. Wir durften mit dem Ressourcen-Profi hinter die Kulissen eines der weltweit bekanntesten Tiergärten, der 2016 auch den Umweltschutzpreis der Stadt Wien erhalten hat, blicken und dabei Erstaunliches über die zahlreichen Umweltschutzmaßnahmen des Wiener Zoos erfahren.

Herr Fast, Sie haben im Laufe Ihrer 25 Jahre als Mitarbeiter des Tiergarten Schönbrunn unzählige Projekte im Bereich der Nachhaltigkeit begleitet. Gibt es da irgendwann einmal den Punkt, an dem man sagt: So, jetzt haben wir alles getan, was im Bereich der Ressourcenschonung getan werden musste?
Hermann Fast: „Absolut nicht. Als ich im Tiergarten begonnen habe, wurde unter der neuen Leitung vieles umgebaut und wir konnten dabei vieles modernisiern und neue technische Anlagen einbauen. Manche Dinge müssen aber einfach mehrmals angegriffen werden, schon alleine, weil sich eben auch die Technik ändert und immer neue ressourcenschonende Möglichkeiten bietet. Da bleiben wir am Puls der Zeit.“
Das bedeutet, Umweltschutz ist nicht nur ein großes, sondern vor allem auch ein stetig andauerndes Thema im Tiergarten Schönbrunn?
Hermann Fast: „Auf jeden Fall. Als wissenschaftlich geführter Zoologischer Garten sind uns Umweltfreundlichkeit und Umweltschutz enorm wichtig. Bei einem Besuch im Tiergarten geht es nicht nur darum, dass die Besucher bei uns Tiere bestaunen können und dass sich unsere Tiere wohlfühlen. Es geht für uns um ein größeres Ganzes als nur die exzellente Tierhaltung im Zoo selbst. Für uns ist es ein zentrales Herzensanliegen, dass wir Bewusstsein dafür schaffen, dass die wir den Lebensraum der Tiere, die man bei uns im Tiergarten sieht, erhalten müssen. Gerade in Zeiten wie diesen müssen wir hier bewusster auf unsere Umwelt und die Lebensraumerhaltung achten. Das ist der Nährboden für unser gesamtes umweltpolitisches Denken im Tiergarten und spielt in allen Bereichen des Zoos und für alle Mitarbeitenden eine enorme Rolle. Und das ist auch der Grund warum wir im Tiergarten schon vor langer Zeit umwelttechnisch Maßnahmen treffen konnten, für die an anderer Stelle erst mehr Bewusstsein geschaffen werden muss.“

Wie sehen denn diese Maßnahmen konkret aus?
Hermann Fast: „Wir achten bei jeder einzelnen Baumaßnahme und bei allem, wofür wir Energie einsetzen müssen, immer darauf, wie wir mit dem jeweiligen Vorhaben die Umweltbelastung reduzieren und unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Das beginnt damit, dass wir schon lange auf eine umweltschonende LED-Beleuchtung setzen und sukzessive unsere Beleuchtungstechnik austauschen, die langfristig effizient ist. Den Strom, von dem wir natürlich nur einen kleinen Bruchteil selbst produzieren können und mit dem wir sehr sparsam sind, beziehen wir zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen, seit dies angeboten wird. Die Maßnahmen gehen weiter über eine ganz bewusste Wärmedämmung bis hin zum Thema der Wärmerückgewinnung, auf die wir sehr großen Wert legen.“
Inwiefern ist die Wärmerückgewinnung für den Tiergarten Schönbrunn ein wichtiges Element?
Hermann Fast: „Sie müssen sich vorstellen, dass wir als Tiergarten sowohl viel kühlen als auch viel heizen müssen, damit unsere Tiere bei uns ein optimales Leben führen können. Beim Kühlen, etwa im Sommer, fällt Abwärme an. Wir versuchen dieses Prinzip, so effizient wie möglich, zu nutzen und die Abwärme gleich für die Aufbereitung von Warmwasser zu nutzen. Wir verwerten aber nicht nur die durch Kühlung entstandene Abwärme für das benötigte Warmwasser, sondern wir setzen dabei zum Teil auch auf selbst produzierte Sonnenenergie. Das wäre so ein Beispiel für Bereiche, die bereits auf Umweltschutz ausgerichtet sind, die man aber, wenn man das Thema ernst meint, immer wieder angreift. Photovoltaikanlagen haben sich erst in den letzten Jahren zu richtig effizienten Systemen entwickelt. Wir hingegen haben bereits 1999 damit begonnen, Warmwasser für die Elefanten mit Solarenergie herzustellen. Denn zumindest für die Warmwasser-Erzeugung waren Solar-Kollektoren schon damals effizient. Wir haben diese damals auf dem Dach des Elefantenhauses installiert und erzeugen damit noch heute das etwa 20 bis 25 Grad Celsius warme Wasser, das die Elefanten zum Duschen brauchen. Da die Wassertemperatur für diese Zwecke nicht extrem hoch sein soll, haben wir mit dieser Anlage von vornherein einen hohen Wirkungsgrad erzielt.“

Wenn Sie jetzt ansprechen, dass gerade Solarenergie ein Thema ist, zu dem man „immer wieder hingreift“ – was meinen Sie damit in diesem Fall?
Hermann Fast: „Dass wir hier technische Fortschritte nutzen möchten. Mittlerweile gibt es ja schon hervorragende Kollektoren, mit denen man sowohl Strom als auch Warmwasser effizient produzieren kann. Am Elefantenhaus überlegen wir gerade, ob wir die Photovoltaik-Module nicht durch kombinierte Kollektoren ersetzen. Diese Photovoltaik-Technik haben wir beispielsweise bereits bei den Pinguinen eingesetzt. Wir müssen ja im Sommer kühlen, denn die Königs- und Felsenpinguine stammen im Gegensatz zu den Humboldtpinguinen aus kälteren Regionen. Aufgrund dieser Kühlung verbrauchen wir im Sommer die meiste Energie. Das gilt übrigens nicht nur für den Tiergarten. Mittlerweile ist durch den Klimawandel und dem damit verbundenen Stromverbrauch für Klimaanlagen der Energieeinsatz in unseren Breiten im Sommer höher als im Winter. Auch darauf wollten wir mit dem bewussten Konzept der Photovoltaikanlagen für die Pinguine aufmerksam machen: Denn gerade im Sommer, wo ich mittlerweile so viel Energie benötige, kann ich durch die stärkere Sonneneinstrahlung mit Solartechnik besonders viel Energie erneuerbar erzeugen.“

Die Felsenpinguine haben es gern kühl. Auch im Sommer! © Daniel Zupanc
Den Tiergarten Schönbrunn besuchen in normalen Jahren, in denen es keine Pandemie gibt, etwa zwei Millionen Menschen. Ich kann mir vorstellen, dass es bei einem solchen Besucheraufkommen Energiethemen gibt?
Hermann Fast: „Das ist richtig. Denken Sie nur einmal daran, wie oft die Wasserspülung unserer Toiletten gedrückt wird, wenn eine solche Menge an Besuchern auch das stille Örtchen aufsuchen muss! Aber gerade solche Aspekte versuchen wir, intensiv zu berücksichtigen, wenn wir Anlagen umbauen oder modernisieren. Wir haben daher schon vor über zehn Jahren auf wasserlose Urinale in den Toiletten umgestellt. Heute sieht man diese durch eine spezielle Ventiltechnik hygienischen Urinale vielerorts. Aber vor zehn Jahren war das noch nicht selbstverständlich und wir haben Diskussionen geführt. So etwas ist ja auch in der Anschaffung und im Service nicht günstig. Aber die Investition hat sich gelohnt, wenn wir uns anschauen, wie groß die Wasserersparnis bei zwei Millionen Besuchern jährlich ist. Wasser ist auch bei unseren Wasseraufbereitungsanlagen immer wieder ein Thema. Wir versuchen konstant, unsere Filteranlagen zu verbessern, um den Wasserverbrauch zu reduzieren und damit gleichzeitig unseren Tieren ein besseres und saubereres Wasser zu bieten.“
Das klingt, als bräuchte es nicht nur ein aufmerksames Auge für neue technische Entwicklungen, sondern auch immer neue Ideen und kreative Einfälle, um beim Thema Ressourcenschonung auf dem aktuellsten Stand zu bleiben. Woher holen Sie sich hier Ihre Inspiration?
Hermann Fast: „Da kommt uns zugute, dass gerade zwischen Zoos kein Konkurrenzdenken, sondern eine äußerst gute Kommunikation herrscht. Als Tiergärten betrachten wir uns nicht als Gegenspieler. Da wir im Dienste des Tierwohls und des Umwelt- und Artenschutzes zusammenarbeiten, haben wir eine großartige Basis des Austausches. Das gilt nicht nur im Bereich der Tiere selbst, sondern auch in den wirtschaftlichen Bereichen. Wir besuchen zum Beispiel ganz unterschiedliche Zoos, je nachdem, was für uns umwelttechnisch gerade von Bedeutung ist. Unter diesen Gesichtspunkten haben wir uns die Reiseziele vor der Pandemie angeschaut. Wo könnte z. B. ein Austausch besonders hilfreich sein? So sammelt man Anregungen und Erfahrungswerte und dadurch konnten wir uns auch viele Herangehensweisen im Ressourcenmanagement von anderen Tiergärten abschauen. Wiewohl man hierbei keinesfalls den Fehler machen darf, die Zoos 1:1 zu vergleichen. Denn in jedem Zoo gibt es im Umweltmanagement ganz unterschiedliche Herausforderungen. Wir müssen in Wien etwa eine bestimmte Wassermenge pumpen. Ein Thema, das es wiederum im Münchner Zoo nicht gibt, denn durch die Isar haben sie dort kein Problem mit Wassermengen. Der Zoo in Zürich hingegen hat eine ähnliche Wassernotwendigkeit wie wir und somit kann man sich dazu ideal austauschen. Wir sehen uns überdies mit dem Umstand konfrontiert, dass der Tiergarten historisch gewachsen ist, was ganz eigene Herausforderungen bedeutet.“
„Historisch gewachsen“ meint in diesem Fall die unglaublich lange Geschichte, die der Tiergarten Schönbrunn hat. Er wurde ja immerhin schon 1752 gegründet. Welche Herausforderungen ergeben sich denn genau aus dieser unglaublichen Historie?
Hermann Fast: „Das beginnt bei den rund 50 kleinen Gebäuden, die aus dieser historischen Entwicklung heraus beheizt werden müssen. Hier haben andere Zoos mit weniger, aber dafür größeren Häusern einen prinzipiell geringeren Heizaufwand. Wir können dafür bei Filter- oder Wasseranlagen gut nachrüsten. Besonders spürbar ist die Herausforderung natürlich, wenn man sich die Schere zwischen Denkmalschutz sowie Stadtarchitektur und möglichen Umweltmaßnahmen anschaut. Wir wollen natürlich nicht mitten auf dem Kaiserpavillon eine Photovoltaikanlage installieren. Das würde uns auch nicht gefallen. Als Weltkulturerbe müssen wir jede Änderung durch die Behörden genehmigen lassen. Doch man merkt generell, dass das Bewusstsein für die Unumgänglichkeit von Umweltschutzmaßnahmen sowohl in der Bevölkerung als auch bei den Behörden deutlich gestiegen ist. So finden wir gemeinsam stets gute Möglichkeiten, die sowohl die Nutzung von Photovoltaik ermöglicht, als auch hinsichtlich des Denkmalschutzes und der Stadtarchitektur eine tolle Lösung darstellen.“

Wie kann eine solche für beide Seiten passende Lösung denn im Tierpark aussehen?
Hermann Fast: „Da können Sie unsere Giraffen fragen. Die haben sich als Versuchsobjekte zur Verfügung gestellt (lacht). Im Giraffenhaus haben wir das Dach verglast, damit die Tiere auch im Winter einen großen hellen Raum habenAuch wir schätzen ja einen Wintergarten. Da haben wir die Lösung gefunden, zwischen die doppelten Gläser des Daches stromproduzierenden Elemente zu integrieren. Diese Elemente sind nicht flächendeckend, sondern als einzelne Quadrate angeordnet, mit denen ein Architekt ein tolles Muster entworfen hat. Durch dessen Elemente, die als Blätter gesehen werden können, ist eine Struktur entstanden, die einen Baum, genauer gesagt eine Schirmakazie, darstellt. Darunter finden die Tiere wie ich in der Wildbahn Schatten. Und auch wir gewinnen mithilfe der ,Blätter’ wie in der Natur Energie. Nur eben nicht durch Photosynthese, sondern durch Photovoltaik. Dadurch entstehen immer mehr Umweltelemente, die nicht nur einen rein baulichen und stromproduzierenden Charakter haben, sondern die auch noch als Designelement fungieren. In der Übergangszeit heizt sich dieser Wintergarten durch das Glas übrigens gut auf. Auch hier setzen wir auf Wiederverwertung und haben eine Technik implementiert, bei der ein Schotterkörper unter dem Gehegeboden, auf dem die Tiere stehen, zum Zwischenspeicher wird. Von oben holen wir uns die warme Luft, saugen sie durch die Steine, wodurch sie aufgewärmt werden und in der Nacht, wenn es wieder etwas kühler draußen ist, wird durch sie das Gebäude wieder aufgewärmt.“

Um noch einmal auf die Menschen zurück zu kommen: Millionen Besucher – das führt doch auch zu einer riesigen Müllmenge, oder?
Hermann Fast: „Das ist richtig. Intern tun wir uns da aber leicht, weil es für uns selbstverständlich ist, Müll zu vermeiden und den angefallenen Müll sachgemäß zu trennen. Mit dem Thema Müll beginnen wir innerbetrieblich schon bei der Beschaffung selbst: Wir haben einen eigenen Beschaffungskatalog im Sinne der Nachhaltigkeit, begonnen von Büroartikeln über Reinigungsmittel bis hin zu den qualitativ hochwertigsten, palmölfreien Futtermitteln für die Tiere. Da müssen wir eben nicht nur auf die Qualität der Nahrungsmittel an sich schauen, sondern ich sehe es auch als unsere Pflicht, nichts zu beschaffen, wofür dann wiederum beispielsweise die Lebensräume der Orang-Utans zerstört werden. Aber zurück zum Müll: Ich finde, das Thema beginnt dabei, bereits in der Beschaffung nachhaltig zu denken. Von unseren Besuchern erhoffe ich mir hier auch besondere Achtsamkeit im Sinne des Umweltschutzes.“
Wie kann ich denn meinen Tierparkbesuch umweltsensibler gestalten?
Hermann Fast: „Ich sehe das als ganz allgemeines Thema. Zum Beispiel, indem Sie zur wiederverwendbaren Trinkflasche anstatt zur PET-Flasche greifen. Wir haben eine Müllanalyse des Restmülls durchgeführt und wir waren so erstaunt über den PET-Flaschen-Anteil, dass wir sofort getrennte Mülleimer in den Besucherbereichen aufgestellt haben, damit wir das zumindest dem Recycling zuführen können. Ich glaube aber, dass wir hier nicht von einem reinen PET-Flaschen-Problem sprechen, sondern viel mehr von der Notwendigkeit, dass wir alle gemeinsam gesamtgesellschaftlich bewusster werden müssen. Glücklicherweise wächst dieses Bewusstsein stetig. Aber es gibt noch viel zu tun. Wenn unsere Besucher offen durch die Welt gehen und die Geschichten, die wir erzählen, aufmerksam hören, können wir alle gemeinsam die richtigen Handlungen setzen und tun, was zum Schutze der Umwelt notwendig ist. Sei es, weniger Müll zu produzieren oder viel bewusster einkaufen. Wenn es uns als Tiergarten gelingt, Menschen sensibler für Naturschutz, Lebensraumschutz und Nachhaltigkeit zu machen, haben wir schon ein großes Ziel erreicht. Denn ich sehe uns in einer Botschafterfunktion, in der wir darauf aufmerksam machen, dass Lebensraum unbedingt schützenswert ist.“
Fotocredits: © Daniel Zupanc
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