Eine Studie an der Uni Wien untersuchte Proteine in Pflanzen.
Dieser Artikel wurde am 25. September 2015 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Es geht um Pflanzen: Biochemische Vorgänge des Stoffwechsels helfen beim Aufbau und dem Erhalt von Substanz in Organismen. Dabei spielt ebenso der Energieverbrauch eine wichtige Rolle. Markus Teige, selbst Biochemiker der Universität Wien, hat gemeinsam mit einem Team in einer Studie die Rolle des sogenannten Proteins “bZIP63” untersucht. Die Ergebnisse dazu wurden neulich im Fachmagazin “eLife” veröffentlicht. Wir haben dem Biochemiker einige Fragen gestellt.

Was tun Pflanzen gegen “Burnout”?

Wann leiden Pflanzen eigentlich unter Burnout? Man sollte doch eigentlich erwarten, dass sie immer genügend Energie haben, weil sie sich zwar nicht von Luft und Liebe, dafür aber von Luft, Wasser, Licht und einigen anorganischen Nährstoffen aus dem Boden ernähren. Allerdings sind für Pflanzen die Bedingungen nicht immer rosig.

Sie können z.B. unter Stressbedingen geraten, denen sie nicht entkommen können, da sie ja im Boden fest verwurzelt sind, das können Nährstoffmangel oder Hitze oder Trockenheit sein, sowie Pathogenbefall. Also damit wird klar, von einem Burnout im eigentlichen Sinne kann man bei Pflanzen wohl nicht sprechen, allerdings durchaus von Bedingungen, unter denen es ihnen nicht gut geht. In der Realität dürften das wohl unter Bedingungen sein, wenn Felder überflutet werden, oder wenn auf einer Wiese ein Zelt aufgestellt wird. Denn dann können die Pflanzen keine Fotosynthese mehr betreiben und leiden unter Energiemangel.

Unter diesen Bedingungen ist es für die Pflanzen Zeit ihren Stoffwechsel auf einen Energiesparmodus zu schalten, also alle Prozesse abzuschalten, die viel Energie verbrauchen und für das direkte Überleben nicht notwendig sind. Außerdem werden unter solchen Bedingungen Proteine abgebaut, um durch ihre Verbrennung in den Mitochondrien Energie zu gewinnen, wenn nicht mehr genügend Zucker zur Verfügung steht.

Somit verhalten sich da Pflanzen eigentlich ähnlich wie wir – wir verbrennen zuerst die Zucker und schalten dann auf Fett- und Proteinverbrennung um. Und genau dieser Schalter, der diesen Prozess reguliert, ist ebenfalls hochkonserviert, in Tieren ist das die AMP-abhängige Proteinkinase, in Pflanzen ist es prinzipiell das gleich Protein, nur heißt es dort SnRK1.

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Wie sind Sie und ihr Team bei Ihren Forschungsarbeiten vorgegangen?

Seit vielen Jahren haben wir nach Faktoren gesucht, die durch einen bestimmten molekularen Schalter, die Proteinkinase CDPK3, reguliert werden. Dabei sind wir auf einen Transkriptionsfaktor (TF) gestoßen, der bZIP63 heißt. Transkriptionsfaktoren stellen hochinteressante Targets für solche Kinasen (Schalter) dar, da sie die Genexpression regulieren und somit den Stoffwechsel einer Zelle sehr effektiv regulieren können, weil so eine einzige Regulation, in diesem Falle eine Phosphorylierung des TF bZIP63, ein ganzes Genexpressionsprogram steuern kann.

Die Frage war nun natürlich, ob dieser Zusammenhang tatsächlich für die Pflanze von Bedeutung ist und wie man das zeigen kann. Wir haben uns dann den Phänotyp von Knockout Mutanten von bZIP63 angesehen, also die Frage gestellt: was passiert wenn dieser TF bZIP63 nicht mehr da ist? Dabei haben wir gesehen, dass diese Pflanzen ein anderes Energiemanagement haben, denn diese Pflanzen sind auch nach mehreren Tagen in der Dunkelheit noch grün, wohingegeb Wildtyp-Pflanzen (WT) schon vergilbt sind.

Wir haben dann einzelne Gene und Stoffwechselprodukte (Metabolite) angesehen, und dabei starke Unterschiede zwischen WT und bzip63 Knockout Pflanzen gesehen. Wir haben darauf hin wieder verschiedene Versionen des TF bZIP63 in diese Knockout Pflanzen gebracht und dabei getestet, wie wichtig der Prozess der Proteinmodifikation ist (also die Phosphorylierung). Dabei konnten wir zeigen, dass die WT Situation nur wieder hergestellt werden kann, wenn der TF modifiziert werden kann.

Mit welchen Pflanzen haben Sie sich da beschäftigt?

Wir haben in diesen Studien mit dem gängigen Modellsystem Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) gearbeitet. Diese Ergebnisse lassen sich aber mit ziemlicher Sicherheit auf alle höheren Pflanzen übertragen – also auch auf die wichtigsten Kulturpflanzen. Wir wissen aus den vorliegenden Sequenzdaten der Genome, dass alle Komponenten hier vorhanden sind.

Was kann man nun aus den Ergebnissen der Studie lernen?

Die Regulation des Energiestoffwechsels in Pflanzen ist von zentraler Bedeutung für viele Kulturpflanzen, weil sie ganz stark in Prozesse der Fruchtreifung, aber auch der Mobilisierung der Energiereserven eingreift. Das spielt z.B. für die Lagerfähigkeit von Kartoffeln eine ganz zentrale Rolle. Darüber hinaus sind die Prozesse, die wir hier aufgeklärt haben von fundamentaler Bedeutung für die Regulation der Genexpression und des Stoffwechsels in allen höheren Organismen, also auch in Tieren und Menschen.

Wie bereits gesagt, sind die molekularen Schalter und ihre direkten Ziele – also die Kinasen und TF – hoch konserviert. Aber ihr Zusammenwirken versteht man noch nicht im Detail. Wir haben hier einen neuartigen Mechanismus aufgeklärt, der darauf beruht, dass die Modifikation eines TF (Phosphorylierung) die Dimerisierung mit einem zweiten TF reguliert und verschiedene Dimere (Paare) schalten unterschiedliche Gruppen von Genen an oder aus. Dieser Mechanismus könnte damit also auch für Tiere und somit den Menschen von zentraler Bedeutung in der Regulation des Energie-Stoffwechsels sein.

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Quellen:

Text: Interview mit Markus Teige

Fotos: Universität Wien; Markus Teige, Universität Wien

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