Nach Fukushima hat die EU-Kommission die Grenzwerte für radioaktive Strahlung bei Nahrungsmitteln aus Japan zunächst gelockert und dafür viel Kritik eingesteckt. Durch eine Initiative der Nationalstaaten wurde der Kurs nun geändert.
Die Reaktion auf den Reaktorstörfall in Japan löste Kopfschütteln, Verwunderung und nicht wenige zynische Kommentare aus: Während in Japan selbst Lebensmittel wie Spinat und Milch vorsichtshalber aus dem Verkehr gezogen und verschärfte Grenzwerte peinlich genau kontrolliert wurden, zog man in Brüssel eine Notfallverordnung aus dem Jahr 1986 aus der Schublade und lockerte die Bestimmungen für japanische Waren. Im Fall von Fischöl wurde der erlaubte Grenzwert sogar verzwanzigfacht. War es ein Fehler? Absicht? Wer profitierte davon? Welche Motivation trieb die Kommission an? Fragen, die wohl nie verlässlich beantwortet werden können.
Schärfere Grenzwerte
Nun dreht sich das Rad in die andere Richtung. Bis zum Sommer gelten vorübergehend verschärfte Grenzwerte für die Strahlenbelastung von Nahrungsmittelimporten aus Japan. Der Antrag auf die Verschärfung ist von den Mitgliedsstaaten an die EU-Kommission herangetragen worden, besonders aus Deutschland.
Die Kehrtwende erfolgt rechtzeitig, denn bisher sind in Europa noch keine radioaktiv belasteten Waren aus Japan angekommen – zumindest nicht in großen Mengen auf dem Wasserweg. Dass belastetes Material kommt, kann nicht ausgeschlossen werden. Die üblichen Stichproben werden jedenfalls im Fall japanischer Ware deutlich verstärkt und durch systematische Kontrollen ersetzt werden.
Grenzwerte
Wie werden Grenzwerte aber überhaupt festgelegt?
Experten packen einen statistisch durchschnittlichen Warenkorb für ein Jahr. Die Festlegung erfolgt dann auf der Basis eines Querschnitts aus Menge und Dauer der Nahrungsaufnahme durch die Menschen: Weil im Warenkorb sehr viele Milchprodukte landen, und weil Milchprodukte besonders oft von Kindern konsumiert werden, ist der Grenzwert für sie strenger als der für andere Produktfamilien.
Das Ziel ist insgesamt eine Strahlenbelastung von nur einem Millisievert pro Jahr für die Normalbevölkerung. Dieser Richtwert wurde, mehr oder weniger willkürlich, in der Richtlinie 96/29/EURATOM festgesetzt. Die Grundlagen für die Einschätzung, wie gefährlich radioaktive Strahlung für Menschen ist, stammen immer noch zu einem bedeutenden Anteil aus den Beobachtungen nach Hiroshima.
Feuerwehrleute dürfen als im Einsatz aufgrund ihrer besonderen Arbeit einer höheren Strahlendosis ausgesetzt werden, nämlich 15 Millisievert im Jahr. Einmal pro Jahr dürfen sie einer Dosis von 100 Millisievert ausgesetzt werden, wenn sie dabei Menschenleben retten, im Katastrophenfall dürfen sie eine Strahlendosis von 250 Millisievert einstecken. Letzteres aber nur ein einziges Mal im Leben.