Milchkühe, Alm, Bio
Milchkühe, Alm, Bio
Wie lebt so eine Milchkuh heute eigentlich? Und macht es einen großen Unterschied in der Milchqualität, ob die Kuh in einem industriellen oder einem Bio-Betrieb lebt?
Dieser Artikel wurde am 11. November 2016 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Vor Kurzem hab ich ja schon über den gesundheitlichen Wert der Kuhmilch geschrieben, und da hat mich interessiert, wie so eine Milchkuh heute eigentlich lebt. 

Um die 7000 Liter Rohmilch gibt eine Milchkuh im Jahr – klingt viel? Das ist die Zahl für Bio-Milchkühe, die Superkühe der Milchindustrie erreichen 10.000 Liter und mehr. Doch auch die erste Zahl wird nur durch Zugabe eines Spezialfutters erreicht, ohne würden sie jährlich weniger als 5000 Liter geben. Mehr ist aber nicht immer besser – der gesundheitliche Wert der Milch von Kühen, die auf der Weide grasen und frisches Grün fressen, ist nachweislich gesünder als jene von Kühen, die in Ställen hausen und Industriefutter fressen. Sie enthält zum Beispiel 50 Prozent mehr Omega-3-Fettsäuren, mehr Linolsäure, Eisen und Vitamin E. Sehen wir uns also an, wie Kühe heutzutage leben!

Die natürliche Umgebung einer Kuh

Eine Kuh fühlt sich von Natur aus auf der Alm am Wohlsten. Sie braucht Heu, Gras und anderes sogenanntes Raufutter, das sie wiederkäuen kann. Rund 20 Kilogramm Futter braucht eine Kuh am Tag. Schafft man das als Bauer in den Stall, ist das ganz schön viel – einfacher ist es, der Kuh genügend Auslauf zu geben, und sie quasi zum Selbstversorger zu machen. Kälber leben bei der Mutter und wachsen in der Herde mit ihren Artgenossen auf. Natürliche Verhaltensmuster und Liegegewohnheiten können hier erlernt und ausgelebt werden. Viel frische Luft, viel Gras und allerhand Kräuter, Bewegung… so lebt es sich gut als Kuh!

Als Industrie-Kuh im Stall

In Industriebetrieben stehen die Kühe (teils angebunden) in winzigen Ställen, fressen Industriefutter und haben wenig Auslauf. Klar, sie dürfen in manchen Fällen sogar raus gehen und sich die Beine vertreten, aber ideal sind die Bedingungen bei Weitem nicht. Durchschnittlich nur knapp 1 mal 2 Meter muss eine Liegebox groß sein (also knapp 2 Quadratmeter), bei Anbindehaltung sogar noch etwas weniger (die Zahl variiert nach Gewicht der Kuh). Die Fressplätze müssen nur knapp 50 Zentimeter breit sein. Außerdem werden den Tieren meist die Hörner entfernt (ein wichtiges Sinnes- und Kommunikationsorgan), um die Verletzungsgefahr zu verringern. Viele Kühe bekommen mehr industrielles, milchbildendes Kraftfutter als Heu und Gras. Dass das für die 4 Mägen nicht gut ist, und diese Kühe durch die nicht artgerechte Haltung öfter krank werden, versteht sich fast von selbst. Aber sie geben Milch, die verkauft werden kann. Das ist für die Industrie in der heutigen Konsumgesellschaft am wichtigsten.

Ach, und für mich als Mama unvorstellbar: die Kälber werden von ihren Müttern getrennt, die Milch bekommen wir Menschen! Die weiblichen Tiere werden wieder zu “Milchproduzentinnen” herangezogen, die männlichen gemästet und gegessen.

Milchkühe, Stall, Lebensraum

Bio-Tiere leben anders

Bio-Bauern dürfen dagegen nicht mehr als zwei Kühe pro Hektar Land, das sie bewirtschaften, halten. Damit soll eine Überdüngung mit Gülle vermieden werden. Sie dürfen die Tiere nicht anbinden und müssen ihnen genug Platz bieten. Vorschrift sind 6 Quadratmeter pro Kuh plus 4,5 Quadratmeter Mindestauslauffläche. Freier Auslauf ist nicht zwingend vorgeschrieben, wird aber von den Bio-Verbänden propagiert.

Laut Öko-Verordnung muss das Futter für Bio-Kühe zu 100 Prozent aus ökologischer Herstellung stammen. Bio-Verbände wie Demeter, Bioland oder Naturland haben noch höhere Anforderungen. Hier muss der Bauer mindestens die Hälfte des Futters auf eigenen Flächen oder mit einem regionalen Partner erzeugen. Außerdem müssen die Betriebe im Sommer mindestens 50 Prozent Grünfutter anbieten (der Rest ist konserviertes Grünfutter, die sogenannte Silage). Auch Ja!Natürlich hat hohe Ansprüche an seine Lieferanten. Die Tiere müssen mindestens 120 Tage im Jahr an der frischen Luft verbringen, und auch den Rest der Zeit genügend freie Fläche zur Verfügung haben. Anbindehaltung ist streng verboten. 

In der Milchwirtschaft bleibt es den Bio-Bauern überlassen, wann sie die Kälber von der Mutterkuh trennen. Leider ist das in der Praxis auch oft nach einigen Tagen. Dann wird das Kalb mit Bio-Milch aufgezogen und die Mutterkuh gemolken. (Wobei zumindestens festgeschrieben ist, dass Bio-Kälber in der Gruppe gehalten werden, und nicht alleine in winzigen Boxen liegen!)

Natürlich weicht diese Art der Haltung auch von dem Leben in freier Wildbahn ab. “Artgerecht” ist leider auch immer nur ein Annäherung an die natürlichen Bedingungen.

Und wieder gewinnt Bio

Wenn ich also eine Kuh wäre, würde ich mich also auf jeden Fall auf einen Bio-Bauernhof wünschen (denn wie realistisch ist heutzutage eine Kuh in freier Wildbahn)! Da ich aber keine bin, kaufe ich zumindestens die Bio-Milch – Vollfett und nicht länger haltbar als nötig – doch dazu kommen wir ein anders Mal.

Quelle:
http://www.abg.at/files/INFO-BlattRinderhaltungUeberblick1.2014-0.pdf
http://www.bio-austria.at/bio-milchkuehe-und-ihre-besondere-gabe/
https://schrotundkorn.de/ernaehrung/lesen/die-haltung-machts.html
http://www.janatuerlich.at/Ja!_Nat_rlich/Artgem__e_Tierhaltung/Bio-Milchk_he/

Bilder/Fotograf: 
Annie Spratt / unsplash.com
Ales Krivan / unsplash.com

ulli goeblUlrike Göbl, MA

Die nebenberufliche Fitness- und Ernährungstrainerin beschäftigt sich schon seit ihrer Jugend mit gesunder Ernährung und alternativen Lebensweisen. 2010 begann die begeisterte Hobbyköchin ihren Foodblog „Fit & Glücklich“. Dort vereint sie ihre Liebe zu gutem Essen und Sport mit dem Versuch, die Balance im Leben zu finden. Seit 2012 vernetzt sie mit einer Kollegin auch noch die Österreichischen Foodblogger auf einer eigenen Plattform und hat 2015 auch ein Kochbuch  zum Thema “Clean Eating” geschrieben.