In der Schafflerhofstraße in Wien-Donaustadt befindet sich die größte Photovoltaikanlage des Landes mit einer Leistung von über 12 Gigawattstunden Sonnenstrom pro Jahr. Von April bis Oktober weiden hier circa 100-150 Schafe. Fotocredit: Wien Energie/Johannes Zinner
In der Schafflerhofstraße in Wien-Donaustadt befindet sich die größte Photovoltaikanlage des Landes mit einer Leistung von über 12 Gigawattstunden Sonnenstrom pro Jahr. Von April bis Oktober weiden hier circa 100-150 Schafe. Fotocredit: Wien Energie/Johannes Zinner
Mit Agrovoltaik sollen Grün- und Anbauflächen mehrfach genutzt werden. In den USA läuft eine große Studie zu Low-Impact Solaranlagen.
Dieser Artikel wurde am 7. Februar 2023 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Immer mehr Forschung und Feldversuche findet sich derzeit zum Thema Agrovoltaik. Dabei handelt es sich um eine mögliche Kombination von Photovoltaikanlagen und der Instandhaltung sowie Nutzung der umgebenden Natur. Low-Impact-Solarentwicklung lautet das Stichwort. Eine schonende Solarentwicklung soll die Bodengesundheit verbessern, Wasser speichern, einheimische Arten pflegen, Nahrungsmittel produzieren und den lokalen Gemeinschaften kostengünstige Energie liefern.

Traditionell wird bei großen Solaranlagen das Land zuerst eingeebnet, wodurch ein Großteil des Mutterbodens und der Vegetation entfernt und der Boden mit Kies oder Rasengras bedeckt wird. Bei Low-Impact-Solaranlagen kann der Boden zwar an einigen Stellen auch eingeebnet werden, aber der Mutterboden bleibt erhalten. Nach der Installation der Paneele wird einheimische und andere nützliche Vegetation gepflanzt, die oft für Bienen und andere Bestäuber freundlich ist. Die tiefen Wurzeln der einheimischen Vegetation speichern bei schweren Stürmen und Dürreperioden mehr Wasser als Rasengras und Kies. Am wichtigsten ist vielleicht, dass einheimische und blühende Vegetation einen Lebensraum insbesondere für Bestäuber und andere nützliche Insekten bietet, die die Erträge auf nahegelegenen Feldern verbessern können.

Genau diese Kombination von Solaranlagen mit Landwirtschaft wird derzeit in den USA getestet. Um die Vorteile und Hindernisse für Agrovoltaik besser zu verstehen, bringt das InSPIRE Projekt Forscher vieler verschiedener Institutionen zusammen. An mehreren Standorten werden die Bienen in der bestäuberfreundlichen Vegetation unter den Sonnenkollektoren beobachtet, Pflanzenarten gezählt und auch landwirtschaftliche Kulturen angelegt. Der Anbau landwirtschaftlicher Kulturen im Schatten von Sonnenkollektoren nutzt Wasser viel effizienter und schützt die Pflanzen vor der schlimmsten Mittagshitze. Agrovoltaik wird für großflächige Einzelkulturbetriebe, die auf schwere Maschinen angewiesen sind, nicht machbar sein. Vorläufige Ergebnisse deuten jedoch bereits darauf hin, dass es die Erträge bestimmter Pflanzen in überdurchschnittlich heißen Jahren deutlich steigern kann. So wurden am InSPIRE-Standort in Arizona, im Südwesten der USA, die Kirschtomatenerträge verdoppelt, wenn sie im Schatten von Sonnenkollektoren angebaut werden, obwohl sie weniger Wasser benötigten.

Eine schonende Variante von Photovoltaik könnte dazu beitragen, die Auswirkungen extremer Wetterbedingungen auszugleichen, indem sie den Wasserverbrauch reduziert, die Nahrungsmittelerträge erhöht und die negativen Auswirkungen von Wärme auf Sonnenkollektoren begrenzt. Zudem bietet die Solarenergieerzeugung den Landwirten auch eine stetige, zusätzliche Einkommensquelle – eine wertvolle Sicherheit in einer potenziell volatilen Landwirtschaft.

Der Low-Impact-Ansatz kommt auch Solarentwicklern zugute. Zum Beispiel reduziert das Überspringen der Entfernung von Mutterboden die Kosten für die Standortvorbereitung. Da die Preise für Solarmodule und andere Hardware weiter fallen, werden die Nicht-Hardware-Kosten (einschließlich Standortvorbereitung) bald 20% der gesamten Solarkosten im Versorgungsmaßstab ausmachen. Die einheimische Vegetation erfordert, wenn sie entsprechend ausgewählt wird, auch weniger laufende Pflege als herkömmliche Kies- oder Rasengrasansätze, da weniger gemäht oder besprüht werden muss.

Die Entwicklung von Solaranlagen mit geringen Auswirkungen erfordert zwar zusätzliche Vorabplanung und -ausgaben, bietet aber – nach den bisher von den InSPIRE-Forschern gesammelten Daten – überraschend robuste Vorteile im Laufe der Zeit. Am wichtigsten ist vielleicht, dass eine umweltfreundliche Solarentwicklung Solarprojekte dazu bringen kann, besser auf die Prioritäten und Anliegen der lokalen Gemeinschaften einzugehen.

Agrovoltaik ums Eck

Übrigens, wem der Weg nach Arizona zu weit ist, der kann mit den Wiener Linien in die Donaustadt fahren. Dort steht die Agrarphotovoltaikanlage Schafflerhofstraße. Sie ist eines der größten Solarkraftwerke in Österreich. Die Fläche dient dabei eben nicht nur der Stromproduktion durch Solarmodule, sondern gleichzeitig der landwirtschaftlichen Nutzung und der Beheimatung von rund 150 Schafen.


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