Wie uns Hutewälder, die es seit der Antike gibt, beim Klimaschutz und Naturschutz helfen können.
Dieser Artikel wurde am 17. Februar 2023 veröffentlicht
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Denken wir heute an Wälder, wie sie zu Zeiten der Gebrüder Grimm weite Teile Europas bedeckten, dann sehen wir düstere, schier undurchdringliche Gehölze, in denen sich Hänsel und Gretel verirrten. Doch das Geschwisterpaar aus dem Märchen hätte in einer untypischen Einschicht, in der zuweilen Köhler hausten oder einem weit von der Zivilisation gelegen Weiler a la Sleepy Hollow gelebt haben müssen, um in solch einen Urwald und in die Fänge einer Hexe zu geraten.

In Wahrheit waren die Wälder, an die die mittelalterlichen, dann barocken Dörfer grenzten streng geregelte Nutzflächen, die entweder der Tierweide dienten oder den prosperierenden Städten als Holzlieferant dienten. Diese sogenannten Hut-, Hude oder Huteweiden existieren seit der Antike und lieferten Schweinen, Ziegen, Schafen, aber auch Kühnen und Pferden ihre Nahrung und wurden den Bedürfnissen der Tiere nach gewählt und gestaltet. Für die Schweine wichtig waren die Früchte von Eichen und Buchen. Sie sind nahrhaft und beeinflussten den Geschmack der Tiere, die für die Bevölkerung die bedeutendste tierische Nahrungsquelle waren. Durch diese Waldmast wurden Nadelhölzer, aber auch die Nachtriebe zurückgedrängt, der Wald lichtete sich und es entstanden Freiflächen, die Gras und Kräuter für die Huftiere boten.

Durch das Bevölkerungswachstum am Ende des Mittelalters etablierte sich die Dreifelderwirtschaft und die Nutzung wurde durch die Fruchtfolge immer effizienter. Offene Weideflächen konnten sich erholen, wenn Kühe und Pferde im Wald grasten, die Schweine labten sich im Herbst an den Eicheln und Bucheckern. Um im 16. Jahrhundert Bergleute anzulocken wurden Bergefreiheiten zugesichert, die den Bergleuten und ihren Zünften Weiderechte zusprachen und so ihre Selbstversorgung ermöglichten.

Nach den verheerenden Verwüstungen des Dreißigjährigen Kriegs und den Pestepidemien begann eine neuerliche Waldnutzung, der der sich zur Neuzeit hin steigernde Holz- und Nahrungsbedarf mit der Intensivierung der Ackerwirtschaft ein Ende setzte. Die Wälder wurden abgeholzt, freie Feld- und Weideflächen entstanden. Die verbleibenden Wälder wurden in staatliche verwaltete Forste umgewandelt, die keine Weidenutzung mehr zuließen. Der Wald wurde zu einer Monokultur aus schnell wachsenden Hölzern und der Hutewald, auch wenn er noch heute in Fragmenten existiert, geriet in Vergessenheit.

Comeback der Hutewälder?

Aus gegenwärtiger Sicht bieten Hutewälder Schutz für gefährdete Tierarten, zum Beispiel seltene Falter oder Totholz bewohnende Käfer wie den Hirschkäfer, für Spechte, Käuze und Eulen. Zudem wird die Biodiversität durch den viel höheren Lichtanteil drastisch gesteigert. Aber womöglich noch weit bedeutsamer ist die Rolle der Hutewälder für den Klimaschutz. Ein gelichteter, jedoch weiterhin Schatten spendender Wald, der weiterhin als Weide dient kann fünfmal mehr CO2 einlagern als baumlose, ungeschützten Weideflächen. Laut Kalkulation des Drawdown-Projektes könnten damit bis 2050 ca. 31 Gigatonnen CO2 reduziert werden. Eine lohnende Alternative und eine wunderschöne Landschaftsform, die durchaus wieder in unsere Heimat passen würde.


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Bild: Sten Porse, Wikimedia