Was wir bei nachhaltigem Konsum alles bedenken sollten.
Dieser Artikel wurde am 10. März 2021 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Wenn wir die Kombination von „nachhaltig“ und „Konsum“ hören, könnten wir meinen, dass dies ein Widerspruch in sich ist. Sobald wir neue Dinge kaufen und konsumieren werden Ressourcen gebraucht. Dies muss aber nicht automatisch den Planeten zerstören. Viel wurde in den letzten Jahren und Jahrzehnten gemacht, um der geplanten Obsoleszenz und der Ausbeutung entgegen zu wirken. Aber wie können wir wirklich nachhaltig konsumieren?

Im Beitrag über Ohne Geld leben habe ich bereits einige wichtige Aspekte aufgezeigt. Die Nutzung von Second Hand Börsen, Carsharing, Lebensmittelrettung und co. Und auch in anderen Beiträgen findest du Tipps zum nachhaltiger Leben und nachhaltigem Konsum. Ohne Geld, bzw. geldfrei zu leben ist jedoch nicht zwingend eine Voraussetzung für nachhaltigen Konsum. Auch Minimalismus spielt hier eine Rolle. Und noch einige andere Aspekte. Also wie funktioniert nachhaltiger Konsum nun?

Eine grüne Landschaft mit einer Kuh wird schnell mal mit Nachhaltigkeit verbunden. Es braucht aber so viel mehr. – Photocredit: pixabay.com/Camera-man

Tobi Rosswog von livingutopia.org entwickelt rund um diese Frage aktuell eine Kampagne, die mit 15. April auf nachhaltigerkonsum.net starten soll. Es soll Vorträge, ein ebook und einen Onlinekurs geben, die sich mit der Frage beschäftigen. Alles davon auf offen zugänglich.

Ebenen des Konsums

Noch bevor wir genauer betrachten, was denn nun nachhaltiger Konsum sein könnte, und wie wir das umsetzen, ist im ersten Schritt relevant, wo und wie wir überhaupt konsumieren. Dies ist nämlich nicht nur beim Kauf von Lebensmitteln oder anderen Gütern der Fall. Wir konsumieren auch in unterschiedlichen Formen Medien, Energie und anderen Dienstleistungen. All diese Bereiche müssen wir beachten, wenn wir wirklich auf nachhaltigen Konsum achten möchten.

Das kommerzielle Bike-Sharing ist schon mal ein guter Ansatz. Idealerweise schaffen wir aber wieder gemeinschaftliche Netzwerke, wo für die Fahrrad-Nutzung nicht ständig extra bezahlt werden muss. – Photocredit: pixabay.com/sferrario1968

Was brauchen wir wirklich?

Im Zusammenhang mit dem Thema Nachhaltigkeit kommt diese Frage immer und immer wieder. Und sie einmal zu beantworten ist auch in vielen Fällen nicht ausreichend. Wir können uns sowohl fragen, ob wir – wie beim Minimalismus-Gedanken – irgendein Produkt oder eine Dienstleistung überhaupt brauchen und vielleicht sogar ersatzlos streichen können.

Auf einer anderen Ebene ist es jedoch oft so, dass hinter jedem Wunsch ein Bedürfnis steckt. In den meisten Fällen ist jedoch das was wir glauben zu brauchen etwas völlig anderes als wir wirklich brauchen. Der Wunsch, bzw. das vermeintliche Bedürfnis nach einem (bestimmten) Auto etwa, ist im Kern möglicherweise das Bedürfnis nach Bequemlichkeit, Zugehörigkeit, Freiheit oder Anerkennung. Und auch diese Bedürfnisse haben darunterliegend möglicherweise noch weitere Ebenen.

Wenn wir also klarer erkennen, aus welchem tiefgreifenden Bedürfnis wir handeln, können wir unseren Konsum entsprechend umleiten, und uns das geben, was wir wirklich brauchen.

Wie viele Autos brauchen wir wirklich? Wie viel Zeit stehen sie einfach nur ungenützt herum? – Photocredit: pixabay.com/al-grishin

Gemeinschaft und Diversität stärken

Im Gespräch mit Tobi Rosswog hat sich für mich gezeigt, dass im Kern von diversen Aspekten des nachhaltigen Konsums die Gemeinschaft und Diversität liegt. Egal ob es nun um gemeinsame Initiativen in Form von Foodcoops, Car/Bike-sharing, Gemeinschaftswerkstätten oder ähnliches geht.

Wenn wir uns zusammenschließen, brauchen wir insgesamt weniger, weil wir tauschen, teilen und unsere Fähigkeiten ergänzen. Diversität ist genauso Teil dieses Kerns, weil Gemeinschaften mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Stärken, und Bedürfnissen es erst zum wirklich nachhaltigen, stabilen und resilienten Ökosystem machen.

Außerdem können Gemeinschaften sehr häufig einige der Bedürfnisse abdecken, die sich hinter dem ursprünglichen Wunsch des Konsums verstecken. Speziell Bedürfnisse wie etwa Zugehörigkeit, Anerkennung, gesehen werden, aber auch das Gefühl, nicht alleine für eine Sache zu kämpfen können im Idealfall in einer Gemeinschaft (und dies muss keine Wohn-/Lebensgemeinschaft sein) besser abgedeckt werden. Dazu braucht es jedoch auch Gemeinschaften, deren Werte nicht an verschwenderische Konsumgüter als Statussymbole geknüpft sind.

Unternehmenswerte und die Wahl wo wir einkaufen

Neben der Frage, WAS wir konsumieren, darf beim Thema nachhaltiger Konsum natürlich auch nicht außer acht gelassen werden, WO wir konsumieren. Welche Werte vertreten die Unternehmen, bei denen wir konsumieren? Erlauben oder unterstützen sie Praktiken der Ausbeutung? Wie ernst nehmen sie ihre soziale Verantwortung gegenüber ihrer Kunden, ihrer Mitarbeiter, ihrer Zulieferer, der Herkunft ihrer Rohstoffe, der Umwelt und der Zukunft des Planeten?

Wenn wir Unternehmen, die auf lange Sicht planen, und dadurch nachhaltiger denken und produzieren durch bewussten, gezielten Konsum unterstützen, kann es nachhaltig sein, solange wir die Dinge auch wirklich brauchen. – Photocredit: pixabay.com/Rollstein

Simon Sinek beschreibt im Buch Das unendliche Spiel wie manche Unternehmen auf „gewinnen“ fokussiert sind, während andere ihre Unternehmung als unendliches Spiel spielen. Letztere sind nicht darauf aus, besser als die Konkurrenz zu sein um zu gewinnen, sondern wissen, dass es darum geht, für eine Sache zu arbeiten, die größer ist als jeder und jede einzelne von uns. Das bedeutet noch nicht automatisch, dass dies auch auf gesundheitlicher und umwelttechnischer Ebene wirklich nachhaltig ist. Aber sobald wir wissen, was denn diese größere Sache ist, für die sie arbeiten, können wir klar erkennen, ob wir diese Sache auch mit unserem Konsum fördern und unterstützen wollen.

Zahlen wir mit Geld oder viel wertvolleren Dingen?

Bei Konsum denken wir automatisch an Geld als Zahlungsmittel. Ein mehr oder weniger fairer Tausch, oder? – Naja, wären da nicht auch die versteckten Kosten. Beim Medienkonsum zahlen wir in unterschiedlichen Ausprägungsgraden mit unserer Aufmerksamkeit, und somit mit unserer Zeit. Zusätzlich aber auch mit unseren Gefühlen, die durch jegliche Geschichte, die uns erzählt wird, manipuliert werden. Das muss nicht per se schlecht sein. Da es aber häufig passiert, ist es wichtig, es sich bewusst zu machen. Und dass wir speziell bei „gratis“-Angeboten häufig mit unseren Daten bezahlen ist ohnehin den meisten von uns inzwischen klar.

Viele von uns wissen, dass wir etwas ändern müssen. Aber wie sehr sind wir bereit, auch wirklich auf persönlicher Ebene hinzuschauen und etwas nachhaltig zu verändern? – Photocredit: pixabay.com/cubicroot

Wenn wir Produkte kaufen oder Unternehmen unterstützen, die ausbeuterische Praktiken verfolgen (egal ob von natürlichen Ressourcen oder von Arbeitskräften), zahlen wir meist mit unserer und anderer Leute Zukunft. Da ist es dann egal, ob nun bestimmte Rohstoffe nicht mehr verfügbar sein werden, wir Lebensräume und damit die Zukunft anderer Lebewesen zerstören, oder auch die zukünftige Arbeitsunfähigkeit eines Menschen in Form von burnout oder körperlichen Überlastungen oder frühzeitigem Tod.

Daher ist es umso wichtiger, bei jeder Form des Konsums wirklich hinzuschauen, womit wir tatsächlich zahlen, und ob es uns diese Kosten wirklich wert ist.

Fazit

Ob nun nachhaltiger Konsum wirklich möglich ist, ist schwierig zu beantworten. Realistisch betrachtet ist auch das ein unendliches Spiel. Wir können „Nachhaltigkeit“ nicht “gewinnen”. Wir können uns aber für eine höhere Sache einsetzen und kontinuierlich verbessern. Mit jedem Mal, wo wir eine Kaufentscheidung bewusster fällen, uns die Frage „Was brauche ich wirklich?“ stellen, und gezielter entscheiden, wo wir konsumieren und ob diese Unternehmen der gleichen oder einer ähnlichen höheren Sache dienen, kommen wir diesem idealen Bild wie wir uns die Welt wünschen ein kleines Stückchen näher.

Quellen

livingutopia.org
nachhaltigerkonsum.net
Ohne Geld leben – geht das?
Nachhaltiger leben als Familie – wo anfangen?
4 Tipps für ein nachhaltigeres Konsumverhalten
Was ist eigentlich nachhaltiger Kleiderkonsum?
umweltberatung.at: Handbuch nachhaltiger Konsum