Taube und Pastinake. - Fotocredit: James Gutierrez
Taube und Pastinake. - Fotocredit: James Gutierrez
Von der Nase bis hin zum Schwanz: Alle Teile eines Tieres komplett verwerten.
Dieser Artikel wurde am 14. März 2019 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

In meinem letzten Beitrag drehte sich alles rund um das Gemüse,  jetzt sind wir beim Fleisch angelangt. In der Küche hat sich für die Fleischverarbeitung der Name “Nose to Tail” durchgesetzt und ist in den letzten Jahren auch wieder populär geworden.

Altbewährtes neu angekommen – Was steckt hinter “Nose to Tail”?

Immer mehr Köche und Kochbegeisterte widmen sich mit Hingabe der Verarbeitung des ganzen Tieres. Denn so ein Tier besteht nicht nur aus Brust und Filet. Oftmals werden nur die Edelteile verwendet, doch es gibt so viel mehr zu entdecken. Und damit bringt man nicht nur das Verständnis für diesen kulinarischen Trend zum Ausdruck, sondern auch ein Argument der Ökologie und Nachhaltigkeit. 

Die Herkunft der Tiere ist essentiell

Jedes gute Steak, jede Wurst und jeder Schinken hat seinen Ursprung bei einem Tier und dessen Halter. Deshalb ist es essentiell, dass wir wieder nachfragen. Wo kommt das Tier eigentlich her? Massentierhaltung würde jeder von uns ablehnen, trotzdem wird Billigfleisch beim Discounter eingekauft. Hier findet mittlerweile ein großes Umdenken statt, welches einhergeht mit den gebotenen Bedingungen für die Haltung und Fütterung der Tiere. 

Hausgemachte Wurstwaren in der Labstelle. – Fotocredit: Marcel Drabits

Was kann man als Konsument tun? 

Natürlich ist es nur schwer möglich als Endverbraucher große Fleischteile zu kaufen. Ein halbes Rind oder auch Schwein zu verarbeiten ist schlichtweg nicht möglich. Aber trotzdem kann man versuchen bei kleinen Dingen zu starten. Statt einer Hühnerbrust einfach mal ein ganzes Huhn kaufen, die Brust zu einem Geschnetzelten verarbeiten, die Keulen gibt es dann geschmort und aus dem Rest kann man eine wundervolle Suppe kochen, die nicht nur an kalten Tagen schmeckt.

Auch ein Besuch beim Fleischhauer des Vertrauens ist eine tolle Sache, schließlich hat sich dieser dem Handwerk verschrieben. Wichtig ist meiner Meinung nach der Gedanke der einen dabei begleitet. Achtsam mit etwas umzugehen das gestorben ist um uns zu Ernähren und Genuss zu bereiten. Denn alles was man selbst angefasst, gespürt, gekocht und danach auf der Zunge hatte, schmeckt anders und führt zu größerer Erkenntnis und einem tieferen Einblick als je ein Bild oder Text es vermag. 

Fleischverarbeitung im Restaurant

Mir persönlich wurde die Wichtigkeit rund um das Thema des Verwertens des ganzen Tieres, wieder so richtig bewusst, als ich vor sechs Jahren als Koch in der Labstelle anfing. Mein langjähriger Freund, Küchenchef, Kristijan Bacvanin, legte viel Augenmerk auf eben diese Werte der Nachhaltigkeit und Verarbeitung, die er von seinem Opa und Papa in Kroatien mitbekommen hat. Als wir vor knapp sechs Jahren unsere Küchenlinie konzipierten, ging es uns von Anfang an darum dieses auf moderne Weise umzusetzen. Köche, und da schließe ich mich selbst ein, wollen selbstredend immer mit den besten Produkten arbeiten. Oft spiegelt sich das aber im Bezug auf Fleisch auf die immer wiederkehrenden Rücken, Filets und Brust zurück. Da so ein Tier aber so viel mehr zu bieten hat, sollte das dem Gast auch so vermittelt werden.

Deshalb fingen wir an ganzes Wild zu kaufen. Ganze oder halbe Schweine, Hühner und Enten. Auch halbe Rinder sind keine Seltenheit. So haben wir die einzelnen Gerichte reduziert und bieten dafür verschiedene Menüs an. Denn der Vorteil besteht darin das wir so die Möglichkeit haben in mehreren kleinen Gängen dem Gast ein großes Spektrum an verschieden Fleischteilen anbieten zu können. Was gibt es schöneren als vorweg eine hausgemachte Pastete, einen Schinken oder Pastrami, etwas Geräuchertes oder Gepökeltes zu bekommen. Als Zwischengang ein kleines Ragout oder die Innereien und im Hauptgang darf es dann etwas rosa gebratenes oder ein zart geschmortes Stück Fleisch sein. 

So haben wir die Möglichkeit unseren Fleischkonsum überschaubarer zu gestalten,  weil wir wirklich alles verarbeiten und so weiter anbieten. Und auch ich muss dann wieder an meine Oma denken die früher Blunzn, Grammeln und all diese Dinge selbst gemacht hat.

Geräucherte Paprikawurst (Kulen). – Fotocredit: James Gutierrez

Zurück zum Anfang und zu Omi

Den Duft, der bei uns im Haus herrschte, wenn meine Oma im Keller ihre Grammeln geröstet hat, habe ich bis heute nicht vergessen. Auch nicht die Schnitzerl, die im eigenen Schmalz ausgebacken wurden, und die Presswurst, die es sonntags immer gab. Dieser einzigartige Geschmack ist in meinem Innersten abgespeichert und werde ich stets jedem Fertigprodukt vorziehen. Und das nicht nur, weil die Oma so eine gute Köchin war, nein, weil das Fleisch, in dem Falle das Schwein, anders gehalten wurde, wie es heutzutage leider oft der Fall ist.

Alltag auf unseren Tellern

Zusammenfassend können wir also sagen, dass Fleisch und Wurst zum Alltag auf unseren Tellern gehören und mittlerweile zu einem heiß umkämpften Thema der Gesellschaft geworden sind. Doch leider decken Bücher und Dokumentationen ständig neue Skandale auf, vegane und vegetarische Ernährung ist im Aufschwung. Viel zu viele Tiere sehen in ihrem Leben keine Sonne mehr und finden in ihren Trögen Futter, dass sie krank macht. Es muss vor allem schnell gehen heutzutage in der Zucht. Was dabei auf der Strecke bleibt, sind Vielfalt, Geschmack und artgerechte Tierhaltung.

Erdäpfelgulasch neu interpretiert. – Fotocredit: Marcel Drabits

Aber es gibt auch eine andere Fleischwelt da draußen. Es entsteht wieder eine Bewegung, die sich daran macht dem Fleisch und dem Handwerk seine Würde wiederzugeben. Weniger, und keine Abstriche in puncto Qualität sollte wieder unser vorrangiger Gedanke werden.