Ein Haus, dass mit den Bedürfnissen seiner Bewohner wachsen oder schrumpfen kann – das wäre doch was. Gut, dass der Designer Steve Mead schon in den 1960ern die Pläne dafür gezeichnet hat.
Dieser Artikel wurde am 2. März 2023 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Im Lauf des Lebens ändern sich die Bedürfnisse an den Wohnraum oft dramatisch. In der Jugend ist es die Frage der Leistbarkeit oder man übernimmt das Haus oder die Wohnung von den Eltern und Großeltern. In den Studienjahren wohnt man auch gern günstig in Wohngemeinschaften, Mitbewohner kommen und gehen und zum Schluss bleibt oft nur ein Paar über, dass sich die Wohnung nun leisten kann.

Dann werden Familien gegründet, Kinder kommen und die wollen früher oder später ihr eigenes Zimmer. Andere wiederum trennen sich und als Single ist die Wohnung dann zu groß, aber Mitbewohner will man sich in reiferen Jahren eher nicht mehr zulegen, das wird erst wieder in der Alters-WG zur Option. Zuletzt wäre da noch die Variante Patchwork, mit erneut erhöhtem Platzbedarf. Kinder wachsen heran und irgendwann sind sie das Hotel Mama leid oder Mama hat keine Lust mehr den Totalversorger zu spielen und will ihre Freiheit, vielleicht nach einer Scheidung.

Ähnlich ergeht es den Hausbesitzern. Erst wird mühsam ein Haus errichtet, meist (zu) groß, denn man plant Nachwuchs. Doch der wird flügge, will in die Stadt, die weite Welt und plötzlich werden die Jugendzimmer nur noch von Erinnerungen bewohnt. Dann hat man zudem Schlafzimmer im Obergeschoß, die man im Alter nicht mehr erklimmen kann oder will, alles zu weitläufig und in der Erhaltung mühsam und kostspielig in der Rente.

Mit dem Aus- und Umziehen tun wir Österreicher uns allerdings schwer oder kennen Sie jemanden, der gerne übersiedelt? Anders ist das in angelsächsischen Ländern, in den Niederlanden oder in Skandinavien. Dort hängt man nicht so sehr am Eigenheim und die Möbel sind austauschbar und werden vom Neubezieher übernommen.

Steve Meads Module

Gehen wir zurück in die 60er Jahre. Damals entwarf der Designer Steve Mead um genau diese Probleme zu beheben eine Bauform, die der Architekt Avi Freidmann später als „Grow Home“ bezeichnete. Der Architekturjournalist verschaffte der Idee der modularen Bauweise im Journal „Better Home and Gardens“ eine breite Öffentlichkeit.

Das Fertigteilprodukt Grow Home basiert auf zwei aneinander gelegenen, rechteckigen Modulen. Auf der Baustelle selbst müssen die Zuleitungen bereitgestellt und die Fundamente betoniert werden. Die Module werden bereits in der Fabrik vollständig zusammengefügt, Türen, Fenster und Schrankeinbauten inkludiert. Geliefert werden sie per Lastwagen und umgehend in den Fundamenten verankert. Soweit unterscheidet sich das mitwachsende Haus nicht von heutigen Fertigbauweisen. Der große Unterschied ist, dass alle Module die gleichen Maße haben (12 Fuß x 20 Fuß) und so jederzeit ergänzt oder neu angeordnet werden können. Im Kernmodul befinden sich alle Installationen, Zu- und Abwasser. Die Elektrik läuft in allen Elementen im Bodenbalkenraum.

Steigt der Platzbedarf kann über ein genormtes und gedichtetes System angebaut werden. Klingt kinderleicht und so fragt man sich, warum sich Grow Home nicht durchgesetzt hat. Einerseits lag und liegt es an zu hohen Grundstückspreisen, denn nur wer eine ausreichend große Fläche kauft kann erweitern. Dichte Besiedelung macht es zudem schwierig die kompletten Module per Kran aufzusetzen und zu guter Letzt war die Isolierungstechnik in den 60ern nicht ausreichend für jedes Klima entwickelt. Doch mit der heutigen Technologie und dem steigenden Interesse an miniaturisiertem Wohnen sollte die Modulbauweise eine erfolgversprechende Alternative auch für den kommunalen Wohnbau darstellen.


Mehr zu Architektur

Wir berichten über architektonische Fortschritte, unterschiedliche Baumaterialien und Entwicklungen in Richtung umweltfreundlicher Bauweisen. Mit folgenden Links gelangst du der Reihe nach zu mehr Artikel in diesem Themenbereich für Einsteiger bis zu Profis.

Bild: Michael Tuszynski auf Unsplash