Trampelpfade geben eindeutige Auskunft über das Verhalten der Menschen, auch in der Stadt. In den USA werden entlang der neuen Verkehrsströme immer öfter neue Straßenbahnlinien gebaut.
Dieser Artikel wurde am 20. Juli 2014 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Trampelpfade nennen wir die schmalen Fußwege, die wir in Parks oder Wäldern hinterlassen. Sie sind das Ergebnis einer Optimierung, einer Abkürzung oder eines bequemeren Weges um ein Hindernis. Die berühmtesten Trampelpfade sind am Campus der Universität von Oregon zu finden. Ende der Sechziger Jahre kämpften Studenten um Mitbestimmung bei der Umgestaltung der Universität. Der in Wien geborene Architekt Christopher Alexander ließ das Gelände zwischen den Universitätsgebäuden planieren und mit Rasen besäen. Die nach Monaten entstandenen Trampelpfade wurden zu befestigten Wegen umgestaltet und boten ein nahezu optimales Wegenetz, bestehend aus den kürzesten bzw. angenehmsten Routen.

In anderer Größenordnung können wir auch in Städten Trampelpfade festmachen, Verkehrs- und Stadtplaner sprechen dann von Wunschlinien oder Verkehrsstromlinien. Im Sinne der Wegoptimierung stellen diese Wunschlinien häufig eine bessere Lösung dar, als die von den Architekten geplante. Umso mehr gilt das für Städte, deren Straßen- und Verkehrssystem vor dem Wachsen der Städte angelegt wurde. Wie Trampelpfade sind Wunschlinien demnach eine Richtlinie für die Verbesserung der städtischen Infrastruktur. Sie sind nichts anderes als die direkte Verbindung zwischen zwei Punkten.

NY-Times Video: Riding New York City’s Desire Line

Stadtplaner in den USA beschäftigen sich seit längerem mit den Wunschlinien. New York City befindet sich einem Wandel, der Wunschlinien abseits der traditionellen Wege erkennen lässt. In der Stadt führen alle U-Bahnen nach Manhattan, immer mehr Verkehr ergibt sich aber zwischen den Stadtteilen Brooklyn und Queens auf der anderen Seite des East River, und diese beiden Gebiete sind kaum durch öffentlichen Verkehr verbunden. In Los Angeles liegt wiederum das Problem vor, dass die an der Peripherie gelegenen Freizeitmöglichkeiten nicht direkt miteinander verbunden sind.

Ein U-Bahn-Netz umfasst ein größeres infrastrukturelles Netz, eine neue Busroute, ein Radweg oder eine Fähre kann den Wunschlinien direkt entsprechen. In den USA ist deswegen ein Boom der Straßenbahn ausgebrochen. Im ganzen Land sind derzeit lediglich 23 Straßenbahnlinien in Betrieb, zwölf Linien werden gerade gebaut, vier Linien sollen im Jahr 2014 noch eröffnet werden. Dazu sollen sich 89 weitere Linien in Planung befinden. Die Zeit großer Stadtentwürfe ist vorbei, nun geht es um die flexible Anpassung an das Verhalten der Stadtbewohner und Straßenbahnen befahren die Trampelpfade.