Dieser Artikel wurde am 23. März 2012 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Nikolaus Otto entwickelte seinen Ottomotor 1860 noch für den besonders klopffesten Kraftstoff „Spiritus“ (Oktanzahl 104 ROZ) und…
Dieser Artikel wurde am 23. März 2012 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Nikolaus Otto entwickelte seinen Ottomotor 1860 noch für den besonders klopffesten Kraftstoff „Spiritus“ (Oktanzahl 104 ROZ) und Henry Fords erstes Serienauto, das T-Modell sollte ebenfalls in 1908 den optimalen, nachwachsenden Kraftstoff tanken. Leider hat der Alkohol einen anderen Nutzungsweg gefunden.

 

Agraralkohol als Idealtreibstoff für des Farmer´s Automobil

 

Henry Ford war ein Perfektionist und Tüftler. Genau, wie Nikolaus Otto wollte er den hochwertigen Alkohol in seinem Gasmotor verbrennen, nicht das minderwertige, schmutzige Benzin. Ihm stand dabei natürlich auch sein gewünschtes Klientel vor Augen, die Farmer in den Weiten der USA, die sein T-Modell in Massen kaufen sollten. Sie könnten den benötigten Treibstoff leicht selbst herstellen und somit günstig Mobilität erhalten. Der Treibstoff konnte aus Zuckerrohr, Zuckerrüben, ja Obst oder Abfällen hergestellt werden. Ford war es auch lieber, dass der Alkohol in den Tank des Fahrzeugs kam, statt in das Blut des Fahrers. „The fuel oft the future is going to come from fruit like the sumach out of the road, or from apples, weeds, sawdust – almost everything”.

Leider benötigte Ford Kredite zum Bau der Fabrik, in der er das T-Modell erstmals massenhaft herstellen wollte. Die entsprechenden Banken standen allerdings unter dem Einfluss der Standard Oil, die Nelson Rockefeller gehörte. Dieser wiederum musste dringend neue Absatzmärkte für sein Erdöl finden, dass er auch in Übersee in immer größeren Mengen förderte. Der stark wachsende PKW-Markt war da ein ideales Feld. Ford wurde daher genötigt, auch sein T-Modell für den Betrieb mit Benzin auszulegen. Allein die ersten Serien – bis 1915 – konnten noch mit beiden Kraftstoffen betrieben werden. Dazu gab es einen kleinen Schalter am Armaturenbrett, um auf den jeweiligen Kraftstoff umzuschalten.

Inzwischen hatte aber das Erdölzeitalter begonnen, mit den bekannten, fatalen Folgen.

 

Der Fortschritt verliert seine Unschuld

 

Es wäre sicher eine gute Entscheidung gewesen, den Alkohol verstärkt als – sauberen, nachhaltigen – Treibstoff zu nutzen, als ihn in dem bekannten Umfang zu inhalieren. Der Autofahrer mag nun entscheiden, ob er lieber fahren oder sich betrinken möchte. Die Zeit des unbegrenzten Benzinkonsums ist jedenfalls vorbei, die Preise für den Kraftstoff steigen langsam in nicht mehr hinnehmbare Höhen. Der von den deutschen Bundesbürgern jährlich konsumierte Alkohol, immerhin 10 Liter reinen Alkohols pro Kopf, oder rund 800 Millionen Liter würde immerhin für eine halbe Millionen PKW, bei einer Fahrleistung von 30.000km/Jahr ausreichen.

Den Schaden, den diese Entscheidung angerichtet hat, haben beide Kontrahenten nicht mehr erlebt. Ungezählte Alkoholleichen und Tote infolge alkoholisierter Fahrten und noch mehr Leben, die für das Öl verloren wurden, sowie die fast nicht wieder heilbaren Wunden an der Umwelt sind mit dem Geld, das mit dem „schwarzen Gold“ verdient wurde wohl nicht zu bezahlen. Die Verantwortlichen werden eine Haftung auch sicher nicht übernehmen wollen.

Es bleibt daher den kommenden Generationen überlassen, die Energiewende auch im Verkehrssektor vollständig umzusetzen. Neben den Elektromobilen, die mit begrenzter Reichweite als Stadtautos genutzt werden können, wird der Verbrennungsmotor für Langstrecken auf den nachwachsenden Treibstoff umsteigen müssen. Schweden hat hier bereits Erfolge in der Gewinnung von Ethanol aus dem Lignin aus Bäumen erzielt.

Fortschritt, das „fort schreiten“, kann nun wieder zu einem sinnvollen Kreislauf werden. Wenn dabei der Alkoholgenuss ein wenig zurückgehen sollte, wäre das sicher kein Verlust.

 

Der Kraftstoffverbrauch sinkt, die Gewinne der Ölkonzerne steigen

 

Wie bei den Stromkosten bringt das „Energiesparen“ für den Verbraucher keinen wirtschaftlichen Gewinn. Während der private Stromverbrauch stetig sinkt, steigen die Strompreise umso mehr. Besonders deshalb, weil nunmehr die stromintensive Industrie kaum noch etwas für ihren Strom zahlen muss. Unterm Strich sind die Gewinne der Konzerne stetig gestiegen.

Ähnlich bei den Kraftstoffen. Der Verbrauch an Otto-Kraftstoff ist in den letzten 20 Jahren um rund 30 Prozent gesunken, der Preis um 240 Prozent gestiegen. Der Verbrauch an dem – noch – günstigeren Dieseltreibstoff nahm allerdings im selben Zeitraum um fast 60 Prozent zu, der Preis stieg auch hier um rund 250 Prozent.

Ärgerlich ist dabei, dass von dem Umsatz dieser Kraftstoffe – immerhin in Deutschland gut 100 Milliarden Euro – kaum etwas im Lande bleibt. Das könnte völlig anders aussehen, ökonomisch, ökologisch und sozial, also nachhaltig.

 

Alkohol im Tank bei der Hälfte der PKW bis 2020

 

Laut einer Studie der „crop.energies“ (CropEnergiesAG, Mannheim, www.cropenergies.com) aus dem Jahre 2007 lassen sich bis zum Jahr 2020 45 Prozent des Ottokraftstoffs durch Bioethanol und weitere 5 Prozent durch BtL-Kraftstoff (Biomass-to-Liquid) ersetzen. Beim Dieselkraftstoff sind es lediglich 10 Prozent, die durch nachhaltig erzeugten Biodiesel und weitere 6 Prozent durch BtL. Insgesamt also 16 Prozent.

Dieser Ersatz fossiler und zu importierender Energierohstoffe durch heimische Ressourcen kann erfolgen, ohne dass wesentlich in die Nutzung von Ackerland für Nahrungsmittel eingegriffen werden muss. Im Wesentlichen sollen die bisherigen Verfahren der Nutzung von Non-food-Pflanzen intensiviert werden, wobei alle Reststoffe komplett verwendet werden. Hinzu sollte die Umwandlung von Futterpflanzen kommen, deren Verarbeitungsreste sogar noch besser als Futter nutzbar sind. Also eine insgesamt intelligentere Nutzung der vorhandenen Verfahren und Kreisläufe.

Sinnvoll koordiniert und von der Politik unterstützt können also die Hälfte aller PKW bis 2020 auf Biokraftstoffe umgestellt werden. Das geht bei den meisten Otto-Motoren relativ einfach, fahren doch in Brasilien längst die meisten PKW mit Ethanol. Die andere Hälfte des Bedarfs sollte dann mit elektrischem – natürlich grünem – Strom gedeckt werden.

Wenn es endlich gelingen würde, den LKW-Verkehr wesentlich auf die Schiene zu verlagern, könnte der Anteil des Bedarfs für Dieselmotoren auch auf ein aus natürlichen, lokalen Ressourcen zu deckendes Maß gebracht werden. Auch hier besteht eine Forderung an die Politik, da es anders nicht zu machen sein wird. Die Re-Verstaatlichung der Bahn und Pflichttransport auf der Schiene wie in der Schweiz für alle Wege über 100km. Transitfahrten müssen grundsätzlich auf der Schiene abgewickelt werden.

In 20 Jahren hat der „freie“ Markt, der allerdings von einer Handvoll Raubrittern beherrscht wird, es nicht vermocht, auf Nachhaltigkeit umzustellen. Er wird es ohne eine „Order per Mufti“ auch in Zukunft nicht schaffen.

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