Nachdem ich bereits über meine Zugreise von Wien bis Nordschweden berichtet hatte, kam nun eine weitere Langstrecken-Zugreise hinzu. In den USA, von Minneapolis im Kern des Landes, etwa 2700 km nach Portland, Oregon, an die Westküste. Und diese zwei Reisen hätten unterschiedlicher fast nicht sein können.
Gerade Europa und die USA hatten eine sehr unterschiedliche geschichtliche Entwicklung, was das Zugreisen anbelangt. Daher werde ich hier einen Vergleich anstellen.
Planung
Alleine schon dadurch, dass die USA ein gemeinsames großes Land ist, und Europa ein Patchwork an vielen kleineren und größeren, ergeben sich schon bei der Buchung und Organisation einige Unterschiede. Dass es pro Land meist einen Hauptanbieter für Züge gibt, ist sehr häufig der Fall. Dadurch war es auch diesmal in den USA ohne Probleme möglich, ein Ticket für die gesamte Strecke bei einem Anbieter zu kaufen.
Ich hatte dennoch Glück: das Bahnnetz in den USA ist nur sehr beschränkt ausgebaut. Wenn man nicht zufällig eine der überschaubar vielen Streckenverbindungen benötigt, sieht es schlecht aus. Dann kann man nur auf Bus, oder sogar nur aufs Leihauto umsteigen.
Zugverbindung
Die meisten angebotenen Zugverbindungen sind Langstreckenzüge. Das liegt vor allem daran, dass das Land so groß ist, und auch an der Kultur, dass man Strecken von bis zu mehreren Stunden normalerweise mit dem Auto fährt, und meist auch fahren muss. Das bedeutet, dass es Verbindungen ohne jegliches Umsteigen etwa von Chicago nach Seattle, von New York nach New Orleans, oder von Los Angeles über Dallas nach Chicago gibt.
Das bedeutet aber auch, dass diese Züge 30, 40 oder sogar über 50 Stunden durchgehend unterwegs sind! Natürlich auch hie und da mit etwas längeren Halten, damit man auch mal kurz aussteigen, frische Luft schnappen, und für ein paar Minuten die Gegend ansehen kann, in die man gerade hineingeschoben wurde.
Komfort
Auch in amerikanischen Zügen gibt es sowohl Waggons mit Sitzen, als auch Schlafwägen, mit einem Speisewagen dazwischen. Die ganz „normalen“ Sitze sind jedoch in diesen Langstreckenzügen wesentlich breiter und komfortabler als in jeglichen Abteilen der 2. Klasse, die ich in Europa gesehen habe. Das Zurück klappen der Rückenlehne hatte ich ja erwartet. Aber dass es ausklappbare Fußstützen gibt, und generell der Bereich für die Beine, bis der nächste Sitz beginnt etwa doppelt oder dreifach so breit ist, wie in europäischen Zügen, hat mich sehr begeistert.
Geschwindigkeit
Was die Geschwindigkeit des Zuges angeht, lässt dies im Vergleich zu europäischen Zügen stark zu Wünschen übrig. Die durchschnittliche Geschwindigkeit des von mir genutzten Zuges war etwa 80km/h. Das lag wohl vor allem daran, dass es während langen Abschnitten der Strecke nur eine Spur gibt, und daher regelmäßig entweder auf Gegenverkehr gewartet werden muss, oder der Zug hinter einem um einiges langsameren Frachtzug dahinzuckeln muss.
Gleichzeitig habe ich jedoch beobachtet, dass wenn man sich darauf einstellt, lange unterwegs zu sein, die Geschwindigkeit dann auch keine Rolle mehr spielt. Sogar Verspätungen von ein oder sogar zwei Stunden fallen dann in Relation kaum mehr ins Gewicht.
Gemeinsamkeiten
Egal ob in den USA oder in Europa – überall bietet der Zug die Möglichkeit, mit Wildfremden Menschen über die gemeinsame Reise und den gemeinsam geteilten Raum ins Gespräch und in Kontakt zu kommen. Man kann spannende Menschen treffen, und sich austauschen.
Fazit
Ich habe tatsächlich die Zugreise in den USA mehr genossen, da der Stress des Umsteigens und der Sorge, irgendeinen Verbindungszug zu verpassen weggefallen ist. Außerdem hatte ich durch die ausgeklappten Fußstützen und den freien Doppelsitz (aufgrund viel geringerer Auslastung) sehr viel Platz, relativ gemütlich mich hinzulegen und zu schlafen. Die Zugfahrt war tatsächlich ein wesentliches Highlight meiner gesamten Reise.
Dennoch freue ich mich auch auf die europäischen Züge, die großteils um einiges schneller unterwegs sind, und ich dadurch schneller am Ziel bin.