Der im Juli 2012 veröffentlichte Report zum Status der Atomindustrie zeigt einen Rückgang der Bedeutung der Atomkraft auf; wie auch die gleichzeitig massiven Investitionen in Erneuerbare Energien
Dieser Artikel wurde am 27. August 2012 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Die Beraterfirma Mycle Schneider Consulting hat im Juli dieses Jahres den aktualisierten World Nuclear Industry Status Report veröffentlicht, der die aktuellen Entwicklungen am Atomenergie-Sektor nachvollzieht und mit jenen der Erneuerbaren vergleicht.

Gleichzeitig sind die Veränderungen durch das Fukushima-Desaster hier nun in ihrer Gesamtheit erkennbar und absehbar.

Hier ein Überblick der Ergebnisse:

  • 2011 wurden sieben Reaktoren hochgefahren, während 19 endgültig abgeschalten wurden. Bis Ende Juni waren in Japan alle Reaktoren abgeschalten, die beiden Einheiten in Ohi bekamen aber die Erlaubnis, wieder gestartet zu werden.
  • 5 Länder haben entschieden, nicht oder nicht mehr in Nuklearprogramme zu investieren: Ägypten, Italien, Jordanien, Kuwait und Thailand.
  • In Bulgarien und Japan wurde die Errichtung von zwei Reaktoren endgültig gestoppt.
  • In Brasilien, Frankreich, Indien und den USA wurden Neubauprojekte zurückgezogen.
  • Die Zertifizierung des EPR (Europäischer Druckwasser-Reaktor) in den USA wurde bis Ende 2014 verschoben.
  • In China wurde der Bau an keinem einzigen der geplanten Kraftwerke begonnen.
  • 59 Reaktoren sind offiziell in Bau. Bei mindestens 18 davon sind mehrjährige Bauverzögerungen zu verzeichnen. Den Rekord hält das US-Projekt Watts-Bar-2, dessen Bau 1973 gestartet wurde.
  • Nahezu alle Reaktoren in Bau sind zum Teil erheblich über dem geplanten Budget. Die Kostenschätzungen für den EPR sind in den letzten 10 Jahren auf etwa das vierfache gestiegen.
  • Ratingagenturen haben 7 von 11 Atomenergieunternehmen in den letzten 5 Jahren herabgestuft und kein einziges Rating verbessert. Alle Unternehmen, die sich auf weniger riskante Unternehmensbereiche verlagerten, wie RWE, E.ON oder Siemens, wurden aufgewertet.
  • Die Aktienkurse aller untersuchten Atomenergieunternehmen haben schlechter als der UK FTSE100-Index abgeschnitten, mit einer Ausnahme. TEPCO, die Betreiberfirma von Fukushima, hat 96% ihres Marketwertes verloren, EDF 82% und AREVA 88%.
  • Die weltweiten Investitionen in Erneuerbare betrugen 2011 260 Mrd. US $, 5% mehr als 2010 und etwa 5x so viel wie 2004. Photovoltaik nimmt dabei etwas mehr als die Hälfte des Investitionsvolumens ein.
  • Seit 2004 wurden mehr als eine Billion US $ in Erneuerbare investiert, während Investitionsentscheidungen von 120 Mrd. US $ in Atomenergie im gleichen Zeitraum bekanntgegeben wurden.
  • Die installierte Leistung von Nuklearreaktoren nahm ab 1998, 2006, 2009 und 2011, während die Produktionskapazität installierter Windkraft um 41 GW wuchs alleine in 2011.
  • Seit 2000 wurde in der Europäischen Union die installierte Nuklear-Leistung um 18 GW reduziert, während 142 GW Leistung an Erneuerbaren installiert wurden; mehr als die 116 GW an Leistung aus Erdgas-Verstromung.

Zusammenfassend sagen die Berater, dass die Atomindustrie vor dem Fukushima-Unfall versuchte klarzustellen, dass sie keinen weiteren großen Störfall bewältigen könne und nichts weiter als eine Überlebensstrategie zu verkaufen suchte, die auf einer nuklearen Renaissance beruhen sollte. In Wahrheit waren schon vor dem Unfall viele Firmen und Kraftwerke in großen Schwierigkeiten. Seither beschleunigt sich der Niedergang des Atomenergie-Sektors höchstens noch. Vor 15 Jahren betrug der Anteil der Nuklearenergie an Japans Stromproduktion ein Drittel – jetzt wurde zumindest vorübergehend der letzte Reaktor vom Netz genommen.

Es sieht zusehends so aus, als wäre Nuklearenergie nicht wettbewerbsfähig; egal ob man es, wie die Berater meinen, aus systemischer, ökonomischer, ökologischer oder sozialer Perspektive betrachtet und ungeachtet der massiven Förderungen, die die Atomkraft seit jeher erhalten hat.

Foto: glaube + atomkraft © M. Hermsdorf / pixelio.de