Dieser Artikel wurde am 13. Februar 2012 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Der japanische Energieversorger Tepco, als Fukushima-Betreiber weltbekannt geworden, hat seinen vorletzten noch aktiven Atomreaktor vom Netz genommen.…
Dieser Artikel wurde am 13. Februar 2012 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Der japanische Energieversorger Tepco, als Fukushima-Betreiber weltbekannt geworden, hat seinen vorletzten noch aktiven Atomreaktor vom Netz genommen. Der Reaktor Kashiwazaki-Kariwa 5 muss für mindestens fünf Monate abgeschaltet bleiben, zwecks Wartung.

Mit der Abschaltung von Kashiwazaki-Kariwa 5 ist nur noch einer von ursprünglich 17 Tepco-Reaktoren aktiv. Im ganzen Land laufen nur noch 3 von früher 54 Atomreaktoren. Und mehr noch: bis spätestens Mai sollen auch die verbleibenden drei japanischen Reaktoren vorübergehend abgeschaltet werden. Wann wieder eingeschaltet wird ist offen, jedenfalls nicht ohne vorherige, harte “Stresstests” – und Atomkraftwerke werden in Zukunft nach aktuellen Plänen nicht mehr länger als 40 Jahre in Betrieb sein dürfen.

Wie geht das?
Vor allem: Wie geht das mit den Warnungen der Atom-Energiebetreiber zusammen, die bei jeder Abschaltung über Versorgungslücken und unverkraftbare wirtschaftliche Einbußen sprechen?

Maßnahmen für den Sommer treffen

Japans Industrieminister Yukio Edano sagte im Jänner, es müssten Maßnahmen getroffen werden, um einen Ausfall der Stromerzeugung durch Atomanlagen aufzufangen. Dass dies machbar wäre, daran wird nicht gezweifelt. Man baut zunächst voraussichtlich auf die Zuschaltung konventioneller Kraftwerke.

Trotzdem sind die Aussichten für Japan nicht günstig. Mangel an natürlichen Ressourcen, zu wenig Wasserkraft. Unter den erneuerbaren Energiequellen sind Wellenkraftwerke aufgrund der Geographie der aussichtsreichste Kandidat. Doch die stecken noch in der Testphase.

Atomausstieg? Nein.

Die 54 AKW haben 30 Prozent des japanischen Strombedarfs abgedeckt. Atomkraftgegner fordern jetzt zwar, die Gelegenheit zu einem vollständigen Atomausstieg zu nutzen; die Mehrheit der japanischen Bevölkerung ist aber von einem solchen Schritt nicht überzeugt. Die ungeliebte Abhängigkeit von Rohstoffimporten ist im öffentlichen Bewusstsein präsent, und trotz Fukushima will das Land nicht riskieren, für nukleare Sicherheit die wirtschaftliche Prosperität aufzugeben.

Die Altersobergrenze für Atomkraftwerke verlangt dennoch, sich diesem Thema bald zu stellen. Wenn vorhandene AKWs zu alt werden, müssen sie durch Neubauten – oder Alternativen ersetzt werden.

Deutschland

In Deutschland decken 17 Atomkraftwerke 23 Prozent des Strombedarfs. Energieexperten glauben übereinstimmend, dass sich Kraftwerke in dieser Größenordnung relativ kurzfristig abschalten ließen, ohne die Versorgungssicherheit in Deutschland zu beeinträchtigen.

Allerdings ist Deutschland in einer sehr viel glücklicheren Situation als Japan. Es gehe es bei der Versorgungssicherheit in Europa nicht in erster Linie um physische Stromknappheit. Die Frage sei vielmehr der Preis.

Es geht ums Geld

Durch Abschaltung und damit relative Verknappung (und den Ausfall beim “Exportartikel Strom”) würde der Großhandelspreis für Elektrizität steigen. Weil AKW zwar nicht umweltfreundlich, aber zumindest CO2-frei laufen, würden durch ihren Wegfall so genannte “Emissionszertifikate”, quasi “Erlaubnisscheine” für CO2-Ausstoß am Markt teurer werden. Das würde Strom verteuern und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie belasten.

Vollversorgung mit Ökostrom (noch) zweifelhaft

Von Studien, die von der baldigen Vollversorgung mit Ökostrom ausgehen, halten Energieexperten bis dato noch eher wenig. Zuletzt hatte der Sachverständigenrat für Umweltfragen ein Strategiepapier in dieser Richtung vorgelegt. Doch für eine Umsetzung fehlen noch immer die entsprechenden Leitungskapazitäten – etwa beim Seekabel zwischen Deutschland und Norwegen. Das trägt aktuell nur 700 Megawatt; einen winzigen Bruchteil der nötigen Leistung, um norwegische Wasserkraft auch in Zentraleuropa nutzen zu können.

Noch immer führt kein Weg daran vorbei: Bewusster Umgang mit den vorhandenen Ressourcen ist der Schlüssel zu einer sicheren und sauberen Energiezukunft – und weitere Forschung nach leistungsfähigeren alternativen Stromquellen.