Die Strompreise in Australien sind im Keller. Der Boom privater Photovoltaikanlagen verändert den Markt nachhaltig: Kohlekraftwerke machen kaum noch Gewinne und die privaten Stromerzeuger könnten sich vom Netz völlig abkoppeln.
Dieser Artikel wurde am 27. September 2014 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Im Juni ist im australischen Bundesstaat Queensland erstmals ein negativer Preis für Strom notiert worden. Der Großhandelspreis, der üblicherweise zwischen 40 und 50 australische Dollar (27 bis 34 Euro) liegt, hat sich mehrere Tage lang um den Nullpunkt herum bewegt. Eine Woche lang regierte die Deflation am australischen Solarstrommarkt. Verantwortlich dafür (ähnlich wie in Deutschland) ist vor allem der Boom bei den Solaranlagen auf den Dächern der Einfamilienhäuser.

Traditionelle Modelle fallen

Negativpreise sind am Strommarkt nicht unüblich und ergeben sich oft in der Nacht. Zur Mittagszeit sind solche Vorgänge nicht eingeplant, denn sind die Menschen wach, laufen auch Bürogebäude und Fabriken auf vollen Touren. Der Einfluss der Solaranlagen auf den Dächern hat diese traditionelle Schema auf den Kopf gestellt. Alleine in Queensland erzeugen Solarmodule auf mehr als 350.000 Gebäuden gemeinsam 1.100 Megawatt Strom – genau zu jener Zeit, wenn die Kraftwerke üblicherweise den Großteil ihres Umsatzes machen. Der Effekt ist so groß, dass nur wenige Betreiber von Kohlekraftwerken in Australien im Jahr 2013 Profite erzielen konnten. In Queensland stammen mittlerweile elf Prozent des verbrauchten Stroms aus Solaranlagen. Energex Solar, das die Solaranlagen im Südosten des Bundesstaates verwaltet, ist der sechstgrößte Stromanbieter in Queensland.

Australien Energieverbrauch

Weg vom Netz?
Angesichts der riesigen Nachfrage, haben die Netzbetreiber den Hausbesitzern keine Grenze für ihre Solaranlagen auf den Dächern gesetzt. Einzige Bedingung ist, die überschüssige Energie nicht ins Netz zu exportieren. Angesichts der niedrigen Preise haben Besitzer von Solaranlagen daran sowieso kein Interesse. Der nächste logische Schritt: Die Haushalte installieren ihre eigenen Speicher und koppeln sich komplett vom öffentlichen Stromnetz ab. Die staatliche Forschungsbehörde CSIRO geht in einem Zukunftsbericht davon aus, dass im Jahr 2040 mehr als die Hälfte des australischen Stroms von den Prosumenten erzeugt wird. Gleichzeitig werden die Netzbetreiber gewarnt: Sollten sie ihre Betriebsmodelle nicht anpassen, könnten bis zu 40 Prozent der Konsumenten aus dem Netz aussteigen.