Johannes Seidl hat dieses Jahr den Betrieb übernommen – Zirbenbett-Profi ist er aber schon deutlich länger. Foto: © privat
Johannes Seidl hat dieses Jahr den Betrieb übernommen – Zirbenbett-Profi ist er aber schon deutlich länger. Foto: © privat
Es scheint, dass guter Schlaf plötzlich nicht mehr nur ein Thema ist, mit dem sich ältere Menschen beschäftigen. Beim Thema gut schlafen kommt man dabei derzeit nicht ohne das Stichwort „Zirbe“ aus. Woher kommt der Trend zum Zirbenholz? Und was macht Möbel eigentlich nachhaltig?
Dieser Artikel wurde am 23. Oktober 2020 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Es sind Start-ups mit besonders fancy Namen, die gerade auch in den jüngeren Generationen ein Bedürfnis wecken, das wir früher eher mit Senioren und Matratzenfahrten in Verbindung gebracht haben: gut schlafen! Dass dabei der Trend wieder zu Betten aus massivem Holz und vor allem zu einer bestimmten Holzart – nämlich der Zirbe – geht, ist aber wohl nicht nur ausgeklügelten Marketing-Strategien zu verdanken, sondern vor allem auch dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Dass sich modernes Digital Marketing und traditionelles Handwerk nicht ausschließen, zeigt der Familienbetrieb von Johannes Seidl: Die Auftragsbücher des Tischlers, der schon seit vielen Jahren vor allem Zirbenholz verarbeitet, sind voller denn je. 

So ganz erklären kann sich der junge Salzburger, der den Familienbetrieb dieses Jahr übernommen hat, nicht. Erst habe er Corona im Verdacht gehabt. „Ich dachte, im Lockdown hätten jetzt alle mehr Zeit, wären an daheim gebunden und würden sich endlich an die Dinge heranwagen, die man sonst eben oft vor sich her schiebt: eine Renovierung, ein neues Bett oder die Küchen-Umgestaltung. Aber selbst jetzt, wo die Maßnahmen über den Sommer deutlich lockerer waren, bleibt die Nachfrage zunehmend hoch. Die Leute möchten anscheinend wirklich gerne wieder langlebige Möbel haben“, so der sympathische Tischler. Wir haben den Holz- und Bettenprofi befragt, was nachhaltiges Schlafen eigentlich ausmacht, warum die Zirbe dabei zu einem solchen Trendholz geworden ist und was Nachhaltigkeit für ihn persönlich bedeutet. 

Herr Seidl, Sie haben diesen Sommer von Ihrem Vater die Tischlerei in Kuchl bei Salzburg übernommen – wie kam es dazu? Und wie geht’s Ihnen damit?

Johannes Seidl: „Gut geht es mir, aber ich muss auch sagen, es hat sich nicht viel geändert, seit ich am ersten Juni die Tischlerei übernommen habe. Ich bin ja schon seit Jahren im Betrieb eingebunden, den mein Vater Johann Seidl 1984 gegründet hat. Aber natürlich fühlt es sich schon schön an, jetzt offiziell als Firmeninhaber und Leiter des Unternehmens tätig zu sein. Das bringt mit sich, dass ich mittlerweile weniger in der Werkstatt arbeite, aber dafür näher am Kunden dran bin, weil ich mich im Büro persönlich um die Kunden-Anliegen kümmere. Das ist auch, was mir an meiner Arbeit wirklich große Freude macht, nämlich auch individuell arbeiten zu können und für alle Kunden die passenden Lösungen zu finden und herumzutüfteln, bis eben der perfekte Stauraum oder das beste System gefunden wurde. Das ist für die Kunden auch einer der Unterschiede, warum sie zu uns kommen, anstatt ihre Möbel in einem der großen Kaufhäuser zu kaufen. Beim Tischler ist individuelle Anpassung an Wohnsituationen möglich und auch das Erfüllen spezieller Bedürfnisse, wie der Wunsch nach einem ganz bestimmten Holz oder einer ganz besonderen Machart. Und natürlich geht es auch um den Wunsch, dass die Sachen lange halten sollen, wenn man sich für Tischlerarbeit entscheidet.“ 

Johannes Seidl mit seinem Vater Johann Seidl, der 1984 die Tischlerei gegründet hat. Foto: © privat
Johannes Seidl mit seinem Vater Johann Seidl, der 1984 die Tischlerei gegründet hat. Foto: © privat

Apropos „länger halten“ – beobachten Sie in Ihrer Branche auch einen Trend zur Nachhaltigkeit? 

Johannes Seidl: „Auf alle Fälle, ja. Die Leute wünschen sich Möbel, die wirklich lange halten und die in einer Qualität verarbeitet sind, dass man sie auch mehrfach auf- und abbauen kann. Da ist wirklich ein Trend spürbar, dass Möbel wieder aus Massivholz in die Wohnungen und Häuser kommen. Aber das verwundert auch wenig: Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich im Möbelgeschäft ein Möbelstück aus furnierten Spannplatten kaufe, das sich nicht mehr einstellen lässt, wenn man die Schrauben, ein- oder zweimal nachgezogen hat, oder ob ich zum Beispiel ein Massivholzbett daheim stehen habe, das je nach Fertigung locker 40 oder 50 Jahre formstabil hält – auch wenn ich es öfter auf- und abbauen muss. Der andere Trend geht hin zu natürlichen Oberflächen. Das ist aber nicht überall bzw. für alle Kunden sinnvoll. Da erkläre ich die Vor- und Nachteile immer ausführlich. Wer es zum Beispiel charmant findet, dass mit Möbelstücken sichtbar gelebt wird und sie im Laufe der Zeit Flecken und Patina kriegen, der kann einen Tisch oder eine Küchenarbeitsplatte schon auch aus geöltem Vollholz bestellen. Wir setzen dabei auch auf natürliche Öle. Im Außenbereich oder da, wo man ganz ohne Flecken auskommen möchte, empfehle ich trotzdem Lack, damit die Möbel beständig bleiben.“

Also Langlebigkeit und Natürlichkeit ist bei den Oberflächen gefragt. Wie steht es um die Herkunft des Holzes?

Johannes Seidl: „Wo das Holz herkommt, das wird tatsächlich auch zunehmend von unseren Kunden gefragt. Dazu muss man sagen, dass Hölzer, die aus Österreich stammen, immer einen hohen, nachhaltigen Stellenwert haben, da hierzulande mehr Holz nachwächst, als derzeit abgebaut wird. Der Wald wird in Österreich jedes Jahr größer. Wir beziehen unser Holz zum größten Teil aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Ich frage trotzdem immer ganz genau nach, denn die Kunden wollen es heute selbst sehr genau wissen: Wo kommt das Holz genau her, das dann verwendet wird? Woher bezieht es der Holzhändler? Wir kontrollieren sowohl beim Kauf als auch bei der Verarbeitung das Holz penibel und achten auf die richtige Lagerung und eine schonende Trocknung, damit unsere Kunden auch in den Genuss der wertvollen Holzeigenschaften kommen. Die Endkunden, die nicht mit Tischlern zusammenarbeiten und Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft kaufen möchten, sollten auf entsprechende Zertifikate – wie etwa das PEFC-Logo – achten.“

Neben diesen allgemeinen Trends: Welche Tendenzen beobachten Sie beim Thema Schlafen?

Johannes Seidl: „Die Zirbe ist und bleibt aktuell sehr beliebt. Gerade bei den Betten kommen wir dem Wunsch nach natürlichen Materialien im besonderen Maße nach und setzen auf rohes Holz, das nur geschliffen wird, damit gar keine Chemie zum Einsatz kommt. So breitet sich auch der charakteristische Zirbenholzduft ideal aus. Die ätherischen Öle sind es neben der schönen Optik, die Zirbenholz bei Schlafzimmermöbeln so begehrt machen. Und ich höre von meinen Kunden sehr häufig, dass sie in ihren neuen Zirbenbetten sehr gut schlafen. Einer meiner Kunden ist beispielsweise Schichtarbeiter, der sich extra ein Zirbenholzbett hat anfertigen lassen, weil er sich so schwer getan hat, untertags einzuschlafen. Er hat mir geschrieben, dass er jetzt immer sofort einschläft, seit er das Zirbenbett hat.“

Nicht nur angenehm duftend, sondern vor allem auch schön anzusehen – ein Zirbenholzbett. Foto: © Tischlerei Seidl
Nicht nur angenehm duftend, sondern vor allem auch schön anzusehen – ein Zirbenholzbett. Foto: © Tischlerei Seidl

Wie kommt das eigentlich, dass das Zirbenholz im Verhältnis zu anderen heimischen Hölzern teuerer ist?

Johannes Seidl: „Da geht es darum, dass die Nachfrage eben auch am Holzsektor den Preis bestimmt. Man muss aber dazu sagen, dass das Nadelholz Zirbe, auch Zirbelkiefer genannt übrigens, in größeren Höhen wächst. Also man findet sie in den Bergen über 1400 Metern und das ist auch ein Aufwand, sie da runter zu bringen. Das spielt mit rein in den Umstand, dass es ein wenig teurer ist. Für viele Kunden bleibt es trotzdem das beste Holz fürs Schlafzimmer. Nicht nur weil es durch die schöne Holzzeichnung besonders ansprechend aussieht, sondern weil gerade das frisch geschlagene Zirbenholz noch viele Jahrzehnte seinen beruhigenden Duft abgibt.“

Das heißt: Rein mit der Zirbe ins Schlafzimmer, raus mit den Schlafproblemen? 

Johannes Seidl: „Die Zirbe trägt sicher einen großen Teil dazu bei. Aber guter Schlaf hängt insgesamt auch von einem guten Schlafsystem ab. Das zeigt einfach die Erfahrung, wir sind ja schon seit weit über 30 Jahren im Bereich der Betten und des Schlafes tätig – es braucht schon auch einen guten Lattenrost und unterstützende, hochwertige Matratzen, um sich wirklich ein ideales, auf die eigenen Schlafbedürfnisse angepasstes Bett zu gestalten. Neben dem Vollholz-Zirbenbetten sind da im Moment generell auch die hochwertigen Schlafsysteme im Trend, wie beim Boxspringbett.“

Als besonders hochwertig gelten ja im Moment auch metallfreie Betten. Wie ist Ihre Ansicht dazu?

Johannes Seidl: „Das stimmt: Stecksysteme für Betten, damit möglichst keine Schraube darin verarbeitet wird, sind gefragt. Wir bieten das auch an, aber ich weise meine Kunden schon immer auch darauf hin, dass das mit erhöhten Kosten verbunden ist. Man muss dabei einfach bedenken, dass es fraglich ist, wie viel Sinn es ergibt, für mehr Geld auf ein paar Schrauben zu verzichten, während dann das Handy am Nachttischkasterl aufgeladen wird und ja auch im Beton der Wände Eisen verbaut ist und die Elektroleitungen durch die Wände laufen.“ 

Wir haben jetzt viel über Zirbe und nachhaltiges Holz gesprochen: Welches Holz ist Ihnen am liebsten? Und wie halten Sie es selbst mit der Nachhaltigkeit? 

Johannes Seidl: „Also mein persönliches Lieblingsholz ist Ahorn. Weil es für mich wirklich schön anzusehen ist mit seinen hellen und freundlichen Eigenschaften, aber auch weil es zum Verarbeiten sehr angenehm ist. Und auf Nachhaltigkeit stehen einfach die Zeichen der Zeit. Wir kaufen da, wo es möglich ist, regional. Und es wird in Zukunft immer mehr darum gehen, sich wieder auf Beständiges zu konzentrieren. Wir machen das heute auch anders als vielleicht noch vor einiger Zeit. Man lebt bewusster und fragt sich vielleicht eher: Muss es gleich etwas Neues sein? Gerade erst ist unser eigentlich eh schon alter Rasenmäher kaputt geworden. Anstatt dem ersten Impuls zu folgen und einen neuen zu kaufen, haben wir versucht, ihn herzurichten. Wir haben ihn wirklich repariert. Und jetzt geht er wieder.“ (Lacht) 

Fotos: © privat und Tischlerei Seidl


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