Der Ausbau des Stromnetzes in Deutschland stagniert. Dabei sind die neuen Verbindungen für die Energiewende unverzichtbar. Doch oft scheitert der Bau an Bürgerinitiativen.
Dieser Artikel wurde am 18. September 2014 veröffentlicht
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1.877 Kilometer neue Stromtrassen müssten in Deutschland gebaut werden. Die neuen Leitungen sind notwendig für den Transfer vom windreichen Norden in die Industriezentren im Süden zu transportieren, wo besonders viel Strom verbraucht wird. Doch der Ausbau kommt kaum in die Gänge: Die Bundesnetzagentur befürchtete 2013 in ihrem Monitoring-Bericht gar, dass in jenem Jahr kein einziger Kilometer dazukommen würde. 94 Kilometer neue Leitungen sind es im Vorjahr dann doch geworden. Fünf Jahre nach der parlamentarischen Verabschiedung des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) sind nicht einmal ein Viertel der geplanten Leitungen gebaut.

Einer der Hauptursachen für das Stagnieren des Netzausbaus ist der Widerstand der Anwohner. Bürgerbewegungen in Hessen oder Bayern machen gegen die neuen Leitungen mobil, beeinspruchen Genehmigungsverfahren und verhindern neue Bauprojekte. Die bayerische Regierung opponiert nun auch gegen eine nach Augsburg führende geplante Trasse. Ministerpräsident Seehofer fordert einen Planungsstopp. Bundeskanzlerin Merkel hat allerdings bereits deutlich gemacht, dass sie am Bau neuer Stromtrassen in den Süden festhält.

ausbau

Die Regierung will den Protest abmildern, indem sie die Bürger am Leitungsbau beteiligt. Doch entsprechende Initiativen werden bislang nicht angenommen, denn die Netzbetreiber zeigen kein ernsthaftes Interesse an Bürgerbeteiligungsmodellen. Der Betreiber Tennet hat für die längste der geplanten Trassen, den „SuedLink“, alle Informationsveranstaltungen vorläufig gestoppt. Auch die für dieses Jahr geplante Antragstellung ist bis auf Weiteres verschoben.

Schön langsam läuft die Zeit davon. Ende 2015 soll das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld vom Netz gehen. Das Werk liegt in Bayern, in der Nähe von Schweinfurt, und produziert im Jahr mehr als zehn Milliarden Kilowattstunden Strom. Der Strom wird in den umliegenden Industriestandorten dringend gebraucht. Ohne Netzausbau kann der Strom ab 2016 nicht aus anderen Regionen geliefert werden.