Dieser Artikel wurde am 12. März 2015 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!„Moderne“, „Postmoderne“ und alle weiteren Termini, die Handlungsoptionen für Gestalter definieren sollen, sind akademische Diskussionen, die sich…
Dieser Artikel wurde am 12. März 2015 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

„Moderne“, „Postmoderne“ und alle weiteren Termini, die Handlungsoptionen für Gestalter definieren sollen, sind akademische Diskussionen, die sich ohne einen wirklichen Bezug zur Realität und wirklicher Notwendigkeit in einem leeren Raum bewegen. Die Aufklärung und alle folgenden rein theoretischen Bewegungen, Gedankenspiele über mögliche Entwicklungen einer wachsenden globalen Weltgesellschaft haben nichts weiter hinterlassen, als eine große Leere, die eine ebenso große Unsicherheit, ja Verlassenheit bei den Menschen erzeugt hat. Diese wird immer wieder gern von radikalen Bewegungen, die erklären, die alte Gemeinschaft und eine jeweilige Heimat zu bieten gefüllt. So hat es Napoleon nach der französischen Revolution zum Kaiser und Herr Hitler nach dem Fall des Kaiserreichs – und der Weimarer Republik – zum „Führer“ gebracht. Aktuell sind weltweit ähnliche Bewegungen zu beobachten. Eine nachhaltige Entwicklung scheint so unmöglich.

Die Moderne endete im Westen 1933, im Osten schon 1930

Der einzige, ernst zu nehmende Versuch, die Leere, die die Revolutionen von 1917 und 1918 hinterlassen hatten, sinnvoll mit neuen Inhalten, die der schon längst zerstörend um sich greifenden Industrialisierung angepasst sein sollten, zu füllen, scheiterten bereits wenige Jahre nach ihrem Beginn. Das Bauhaus – der westliche Versuch – wurde 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet und nach kurzer, intensiver Arbeit, zuletzt in Dessau, dort dann 1933, geschlossen. Der Nationalsozialsismus hatte eine Beschäftigung mit „aufgeklärten Werten“ überflüssig gemacht und den Menschen eine „neue Heimat“ angeboten. Genauso erging es der östlichen Variante, der Kunstschule der Moderne „WchUTEMAS“ in Moskau, die ab 1920 versuchte, Konzepte für den „Neuen Menschen“ zu entwickeln. Sie wurde von Stalin bereits 1930 geschlossen. Auch er hatte den Menschen in seinem Einflussbereich eine neue Nationalität, eine neue Heimat geboten.
Wie schon die Aufklärung, die zuerst nur in Akademikerkreisen, unter Intellektuellen stattfand und erst im 19. Jahrhundert mit der Industrialisierung die Menschen auf dem Lande erreichte, scheiterten die Versuche der „Kunstschaffenden“, den Gestaltern der Umwelt, zu denen insbesondere die Architekten gehören, eine Antwort auf das Nichts zu finden, in das die Menschen stürzten, die aus ihrer Heimat gerissen, in die Gettos der Städte und eben die riesigen Industriebetriebe getrieben wurden. Letztlich blieb das absolutistische System erhalten, nur die Protagonisten wurden ausgetauscht. Statt der Landjunker und regionalen Fürsten ergriffen nun finanzkräftige Großindustrielle – mit ihren Banken – die Macht und die Kaiser und Könige wurden durch „gewählte Volksvertreter“ ersetzt, die jedoch nur machtlose Marionetten blieben. Im 21. Jahrhundert ist nun sogar die Macht der Finanzbarone größer, als die irgendeines absolutistischen Herrschers zuvor.

Gestaltung für Mensch und Mitwelt wird zur Geschäftsidee

Mit Beginn der Industrialisierung wurden ungeheure Kapitalmengen bewegt und entfalteten damit eine zerstörerische Gewalt. Das bisher bei den meisten Menschen noch zutiefst empfundene Gefühl, in einer Welt zu leben, in der der Mensch ein Teil einer Gemeinschaft ist, wurde radikal durch eine Vision beseitigt, die gesamte Welt – und den Weltraum – erobern und nach eigenen Vorstellungen umbauen zu können. Die treibende Kraft war – und ist – allerdings nicht der Wunsch, die überlebenswichtige Balance mit der Mitwelt zu festigen und dauerhaft zu gestalten, sondern allein die Gier nach schnellem und möglichst großem Profit.
Für die Architektur hieß dieses, dass die Rendite eines Projekts, also der damit für den Auftraggeber – der nun Investor hieß – erzielbare Gewinn zum Maßstab wurde und nicht mehr die Qualität. Statt Gebäuden, die noch organisch in der Umgebung, der regionalen Landschaft eingebettet sind, wurden nun überdimensionale Schachteln gebaut, in die Menschen, wie in „Käfighaltung“ gesperrt werden. Auf einem Architektenforum in Dessau, im Jahre 1992 verteidigten noch „ostdeutsche“ Architekten vehement ihre Plattenbauten als konsequente Weiterentwicklung der „Moderne“ des Bauhauses. Die „westlichen“ Architekten hatten ihnen allerdings kaum Besseres entgegenzusetzen. Sie hatten konsequent die bis 1945 zerbombten Städte mit ihren Neubauten endgültig zerstört. So behielten die „nicht wieder aufgebauten“ Stadtkerne in der DDR oft ihre Qualität – einer Beheimatung – und konnten nach 1990 sogar noch „gerettet“ werden.

„Organische Architektur“ wird als esoterischer Unsinn abgetan

In einer Welt, in der der Kalkulator bestimmt, was und wie gebaut wird, haben alle Versuche noch Reste von Heimat zu retten, keine Chance. Die „großen Architekten“, wie Frank Lloyd Wright, Antonio Gaudi, Hugo Häring, Alvar Aalto bis hin zu Hans Scharoun und Friedensreich Hundertwasser und andere schafften es immerhin in abgelegenen Zonen und gar manchmal innerhalb der Städte ihre Konzepte einer organischen Architektur umzusetzen, doch blieben diese Bauten und ganz besonders ihr Gestaltungsansatz exotisch. Wright zog sich bereits 1910 in seinen Landsitz „Taliesin“ zurück und arbeitete dort an seinem Konzept einer neuen Harmonie von Gebäude, Landschaft und Mensch.
Allen Künstlern war – schon immer – klar, dass eine Trennung in die vielen Fächer und insbesondere der „Richtungen“ grober Unfug waren und sind und letztlich nur das große Empfinden der Gemeinschaft mit der Mitwelt und letztlich dem Universum zerstören soll. Das neue System – nun der Kapitalismus – reißt Menschen aus ihren Gemeinschaften, also ihrer Heimat und macht sie damit manipulierbar, zu willenlosen Sklaven. Ebenso wird die Kommunikation mit der Mitwelt über die Künstler – egal, ob mit Musik, Bildern, Worten oder plastischen Werken wie auch Gebäuden – unterbrochen, indem ihre „Werke“ nur noch zu einer Ware werden, die wie jede andere auch, nur noch dem Renditedenken unterworfen ist. Jeder Aufschrei, jeder Hinweis auf das zerrissene Band wird seitdem als esoterischer Blödsinn oder eben faschistische Ideen denunziert.
Aus harmonischen Stadtbildern und idyllischen, in die Landschaft eingebetteten Dörfern wurden chaotische Ansammlungen von Zweckbauten. Hier lebende – und arbeitende – Menschen können aber keine Heimat fühlen und schon gar nicht ein Gefühl für ihre Mitwelt entwickeln, sie haben den Kontakt mit der Welt – und sogar untereinander – verloren. Neue Ideologien – oder Religionsvarianten – die Heimat und Gemeinschaft versprechen haben hier ein leichtes Spiel, wie Rattenfänger Menschen zu betören.
Es ist wirklich Zeit für eine neue industrielle Revolution.