Dieser Artikel wurde am 26. März 2011 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Die Kopfschmerztabletten, der Hustensaft, das Nasenspray, die Magentabletten, die Augentropfen – So ein Arsenal angebrochener Arzneimittel häuft…
Dieser Artikel wurde am 26. März 2011 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Die Kopfschmerztabletten, der Hustensaft, das Nasenspray, die Magentabletten, die Augentropfen – So ein Arsenal angebrochener Arzneimittel häuft sich schnell in der Schublade. Nicht selten werden sie über die Spüle oder die Toilette ausgeleert, bevor man ihre Verpackungen in den Müll wirft. Ein fataler Fehler.

Laut start (Strategien zum Umgang mit Arzneimittelwirkstoffen im Trinkwasser) hat man vor etwa 20 Jahren schon Medikamentenreste im Berliner Trinkwasser nachweisen können. Mittlerweile wurden bereits über hundert Substanzen in deutschen Gewässern, Grund- und Trinkwasser identifiziert. Am häufigsten waren unter ihnen Schmerzmittel, Lipidsenker, Antiepilektika, Antibiotika und Beta-Blocker zu finden. Der Medikamenteneintrag in Flüsse ist laut Bayerischem Landesamt für Umwelt größer als der von Pflanzenschutzmitteln. Welche Folgen hat dies für Mensch und Umwelt?

Wie kommen Arzneimittelwirkstoffe in die Umwelt?

Ein medizinischer Wirkstoff soll am besten da wirken, wo er gebraucht wird. Bevor er an seinen Bestimmungsort gelangt, muss er dafür Enzyme aus Speichel oder die aggressive Magensäure überstehen. Daher wird er besonders stabil gemacht. Seine Hartnäckigkeit führt dazu, dass er auch von den Enzymen der Kläranlagen nicht vollständig abgebaut werden kann und so letztendlich im Grundwasser landet. Zusätzlich landen Tierarzneimittel über die Düngung der Felder im Boden.

In Deutschland werden jährlich bis zu 30.000 Tonnen übrig gebliebener oder abgelaufener Medikamente weggeworfen. Eine Umfrage von start hat ergeben, dass jeder Siebte Tabletten übers Klo entsorgt. Flüssige Arznei schüttet sogar jeder Zweite in die Toilette.

Welche Folgen haben Medikamentenrückstände für die Umwelt?

Medikamentenrückstände im Abwasser sind sehr verdünnt, doch rechnet man auf Dauer mit Umweltauswirkungen. Langzeitstudien gibt es noch nicht und auch weiß man noch nichts über Wechselwirkungen mit anderen Chemikalien, die sich in der Umwelt anreichern. Doch man verweist häufig auf folgende Beispiele:

Man hat nachgewiesen, dass die Verweiblichung männlicher Fische in der Nähe von Kläranlagen mit Rückständen der Antibabypille in Verbindung steht. Ein Antirheumatikum hat in Indien und Pakistan zum Aussterben dreier Geierarten geführt, nachdem diese verendete Rinder aasten, die zuvor mit dem Mittel behandelt wurden.

Experten gehen von der Wahrscheinlichkeit aus, dass Antibiotika in der Natur nützliche Keime abtöten oder Antiparasitika zum Bienensterben beitragen könnten. Antiepileptika könnten auf andere Organismen neurotoxische Wirkung entfalten oder Zytostatika aus der Krebsbehandlung die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.

Tabletten

Rückstände von Medikamenten im Trinkwasser

In Deutschland wurden laut start bisher fünfzehn Medikamentenwirkstoffe im Trinkwasser gefunden. Grenzwerte auf europäischer Ebene gibt es diesbezüglich keine, in Deutschland nur ein unverbindlicher Vorsorgegrenzwert. Ein Gesundheitsrisiko wird bisher ausgeschlossen. Als Beispiel wird die nachgewiesene Menge eines Antiepilektikums im Trinkwasser angeführt, die bei 30 Nanogramm pro Liter liege. Würde man siebzig Jahre lang jeden Tag zwei Liter von diesem Wasser trinken, käme man nicht mal auf ein Tausendstel der empfohlenen Tagesdosis.

Es ist jedoch mangels Langzeitstudien nicht bekannt, wie die lebenslange Aufnahme der Stoffe über das Trinkwasser in Wechselwirkung mit anderen Stoffen auf den menschlichen Körper zu bewerten ist. Aus Vorsorgegründen für Mensch und Umwelt gilt es, den Medikamenteneintrag auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Dies erfordert einen angemessenen Umgang mit Arzneimitteln und die richtige Entsorgung alter Medikamente.

Wie entsorgt man Medikamente?

Abgelaufene oder nicht mehr benötigte Medikamente bringt man am besten zu einer Problemstoffsammelstelle oder zu einer Apotheke, die dies dann für einen übernimmt. Hier ist garantiert, dass die Arzneimittel durch thermische Behandlung unschädlich gemacht werden. Wird der Restmüll vom lokalen Entsorger ebenfalls direkt verbrannt (am besten beim Entsorgungsunternehmen nachfragen), kann man Tabletten und Co. auch über die Restmülltone loswerden.

Auf keinen Fall sollte man Medikamente über den Ausguss oder das Klo entsorgen. Die Wirkstoffe gelangen dabei nur unkontrolliert in die Umwelt.

Alternativen zu Medikamenten prüfen

Leider gibt es Erkrankungen, die Medikamente unabdingbar machen. Doch bei einem Schnupfen sollte man sich überlegen, ob es das Nasenspray sein muss oder ob man nicht lieber mit Kamillenblüten oder Teebaumöl inhaliert, um wieder richtig durchatmen zu können. Manch einem hilft bei Heuschnupfen oder Kopfschmerzen eine Akkupunkturbehandlung und bei Sonnenbrand hilft das Abtupfen mit verdünntem Essig ebenso gut. Hat man die Wahl, sollte man zur kleineren Verpackungsgröße greifen. Am besten wäre es natürlich, wenn man erst gar nicht über Behandlungsmöglichkeiten nachdenken müsste. Also: Bleiben Sie gesund!

Bildnachweis Titelbild: © Andrea Damm/ Pixelio.de

Bild Tabletten: © Martina Liel

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