Was hat die weltgrößte Biogasanlage ihrer Art mit dem Milchverbrauch in China zu tun? – Seit dem wirtschaftlichen Aufschwung Chinas wird nicht nur mehr Milch getrunken, sondern generell sind Milchprodukte häufiger in den Supermarkt-Regalen zu finden. Das hat zur Folge, dass die Rinderhaltung signifikant zunimmt. Wo Kühe, da Methan. Und wie aus Methan Strom werden kann, zeigt ein Beispiel vor Ort.
Umweltfreundlicher “Kuhmist”
Der in Nordost-China gelegene Milchproduzent “Huishan Dairy” ist einer der größten in ganz China und hat eine Strategie ausgeklügelt, durch die selbst Abfallstoffe der eigenen Produktion nutzbringend eingesetzt werden können: Das durch die Abfälle aus der Rinderhaltung entstehende Methan kann durch Biogasanlagen in Strom umgewandelt werden. Huishan Dairys Biogasanlage ist zehnmal größer als andere Anlagen und damit die größte ihrer Art – in China wird eben in großen Dimensionen gedacht.
Die chinesische Anlage verfügt über eine Leistungskraft von 6,5 Megawatt und kann so für zehntausende Haushalte Strom produzieren. Jährlich ergibt das 20 Millionen Kubikmeter Biogas, das rund 60% Methangehalt aufweist. Produzent der riesigen Biogasanlage ist General Electric (GE). Mithilfe der massiven chinesischen Konstruktion sollen auch andere Staaten von der positiven Wirkung der umweltfreundlichen Technologie überzeugt werden. Da die anfänglichen Ausgaben für solch eine Anlage aber sehr hoch sind und auch die Fördermittel der Regierungen meist hager ausfallen, entscheiden sich viele gegen eine Anschaffung.
Strom aus Methan
Wie funktioniert eine Biogasanlage eigentlich?
Im wahrsten Sinn des Wortes dreht sich alles um den “Mist”: Zuerst werden Pflanzenreste, Kot, Jauche und andere Reste des Stallmistes in einer sauerstofflosen (anaeroben) Vergärung in verschiedene chemische Stoffe zersetzt. Dieser Prozess erfolgt mithilfe von Mikroben. Die Produkte, die aufgrund des Ablaufs entstehen, sind Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2). Ersteres spielt in der anschließenden Stromgewinnung eine tragende Rolle. Durch ihre gasförmige Konsistenz, scheiden sich Methan und Kohlendioxid vom Gärsubstrat und bilden die so die wesentlichen Komponenten für das Biogas.
In China verwenden laut Schätzungen der Regierung bereits Millionen Bauernhöfe kleine, einfache Biogasanlagen, die jedoch nicht immer so effektiv arbeiten, wie sie könnten: Bei der Vergärung werden auch Stoffe wie Schwefelwasserstoff (H2S) freigesetzt. Damit Anlagen eine zufriedenstellende Leistung erbringen können, sollten diese Nebenprodukte noch vor der Verbrennung des Methans entfernt werden.
Wenn man den Blick nach Amerika oder Europa richtet, zeigt sich eine ernüchternde Bilanz: Die Wirtschaftlichkeit dieser Anlagen liegt mit rund 300 bis 500 Kilowatt Leistung weit unter jener von Huishan Dairys Biogasanlage.
“Kuhmist stinkt nicht”
Auf wessen Mist sind eigentlich die größten, globalen Umweltverschmutzungen gewachsen? – Die meisten Treibhausgase werden von den USA und China ausgestoßen. Während in den USA nur rund ein Prozent des Methans aus der Landwirtschaft zur Stromerzeugung genutzt wird, versucht die Volksrepublik Vorteile aus dem “Kuhmist” zu schöpfen: Trotz ihres rasanten Wirtschaftswachstums wird dem Bewusstsein für nachhaltiges Haushalten mit Ressourcen Beachtung geschenkt.
Die Technologie, die bei Biogasanlagen zum Einsatz kommt, erweist sich als extrem kostspielig und rentiert sich erst ab einer bestimmten Betriebsgröße. So zieht die Stromproduktion aus Biogas einem Bauernhof mit 100 Milchkühen rund doppelt so viel aus der Tasche wie einem Betrieb mit 2000 Tieren. Für Kleinbetriebe lohnt es sich deshalb am meisten, die Abfallstoffe aus der Rinderhaltung an größere Betriebe zu liefern, deren Anlagen eine Leistung von mindestens einem Megawatt aufweisen. Huishan Dairy greift so im Umkreis Shenyangs auf den Stallmist von 20 kleineren Landwirtschaftsbetrieben zurück, um die Wirksamkeit der Biogasanlage zusätzlich zu unterstützen.
Oftmals – so meinen Experten – sei die Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen nur eingeschränkt durchkalkuliert. Je nach Anlagentyp, Betriebsgröße und Art des, zu verarbeiteten Stallmistes variiere der Stromgewinn und damit die Rentabilität der Anlagen. Weltweit wird bisher nur ein Bruchteil des Methans genutzt, das für die Stromgewinnung zur Verfügung steht. Ein baldiges Umdenken in Sachen “Kuhmist” könnte nicht nur viele Haushalte mit Strom versorgen, sondern vor allem auch schädliche Schadstoffe in der Atmosphäre verringern.