Dieser Artikel wurde am 5. August 2012 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Die Politik überlässt die Energiewende, die Umkehr zu einer nachhaltigen Entwicklung dem Markt. Dieser ist daran überhaupt…
Dieser Artikel wurde am 5. August 2012 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Die Politik überlässt die Energiewende, die Umkehr zu einer nachhaltigen Entwicklung dem Markt. Dieser ist daran überhaupt nicht interessiert, jedoch die Bürger dafür umso mehr. Alle Initiativen, die einen Weg aus der Misere suchen, gehen von Initiativen engagierter Bürger aus.

 

Betroffen und daher auf der Suche nach einem Ausweg

 

Die Stadt Geesthacht an der Elbe liegt direkt neben dem Pannenreaktor Krümmel. Seit 30 Jahren wehren sich die Bürger gegen den Betrieb des Atommeilers und seine Auswirkungen. Häufungen von Leukämie bei den Kindern sollen nach offizieller Lesart keinen Zusammenhang mit dem Betrieb des Atomkraftwerks haben, unabhängige Studien beweisen dieses aber seit Jahrzehnten. Gleichzeitig suchen die Menschen im Süden Schleswig-Holsteins nach Alternativen zu Strom aus Atomkraft. Vom 24. Bis zum 26. August stellen sie in zahllosen Beispielen und Vorträgen ihre Ideen und Konzepte vor (http://www.energiewende-messe.de/). Schirmherr ist der neue Energiewendeminister des Bundeslandes Dr. Robert Habeck, den Einführungsvortrag hält Dr. Franz Alt.

Wie immer, wenn Menschen feststellen, dass ein Verfahren, eine Handlung zu einem sichtbaren Schaden führt, entwickeln sie schnell alle möglichen Alternativen. Solange sie sich noch innerhalb des Systems befinden, sozusagen betriebsblind sind, sind diese Alternativen nur Veränderungen in dem bestehenden System. Sobald sie aber ein paar Schritte zurück oder zur Seite treten und sich das Problem quasi von außen betrachten, kann es passieren, dass sie merken, dass das ganze Konzept in die Irre führt. Sie beginnen zu erkennen, dass eine nachhaltige Zukunft so nicht zu erreichen ist.

 

Immer sind es die Bürger selbst, die aktiv werden müssen

 

Die mit sehr viel ehrenamtlichem Aufwand, viel geopferter Zeit organisierte Veranstaltung zeigt, dass Menschen sehr wohl in der Lage sind, ein Problem zu erkennen und dann in der Gemeinschaft Lösungen zu suchen – und vielleicht sogar zu finden. Das ist völlig logisch und widerspricht gleichzeitig der neoliberalen Meinung, dass ein Markt aus sich heraus immer einen nachhaltigen Weg finden wird.

Das „Leben“ nahm sich gut 3 bis 4 Milliarden Jahre Zeit, aus ersten sich vervielfältigenden Molekülen die Primaten zu entwickeln. Immer wurde die sich am Besten in der Mitwelt bewährende Variante bevorzugt, will sagen, sie konnte sich länger halten. Diese längste Erfahrung, die auch in unserem Gehirn gespeichert ist, ist eigentlich die grundlegendste: „im Einklang mit der Mitwelt geht es mir am Besten“.

Mindestens 100 Millionen Jahre lebten wir als Primaten dann in den Wäldern Afrikas, wo es uns recht gut ging, denn Verwandte leben noch heute dort, in den Resten des Urwalds. Eine auch noch in uns vorhandene Erfahrung, die ab und an als Sehnsucht nach dem schützenden Wald auftritt.

Allerdings machten sich einige Gruppen, die an den Waldrändern gelebt hatten vor 5 Millionen Jahren auf den Weg, aus dem Wald heraus in die Weiten der Steppe. Auf diesem Weg bis hin in den hohen Norden Europas und die Weiten Sibiriens machten wir eine andere wichtige Erfahrung. Wir lernten in einer Gruppe zu leben, die darauf angewiesen ist, gemeinsam zu handeln um gegen die Bedrohungen von außen zu bestehen und effizient jagen zu können. Das soziale Verhalten und ein Gefühl für Verantwortung wurden perfektioniert. Diese Erfahrung ist im 20. Jahrhundert ziemlich verschüttet worden.

 

Asozialer Egoismus ist noch nicht in unserem Hirn etabliert

 

Seit gerade einmal 10000 Jahren haben wir begonnen, uns anzusiedeln und nicht mehr als Nomaden durch die Welt zu ziehen. Das ist, gemessen an den Zeiträumen, in denen Erfahrungen im kollektiven Bewusstsein gespeichert und verarbeitet werden, ein winziger Augenblick. Seit dieser Zeit allerdings, also seit „gerade eben“, beginnt ein asozialer Gedanke aufzukommen, der Wunsch sich in seinem kleinen „privaten Paradies“ zu verschanzen. Die „Erfindung des Privateigentums“ führte bisher geradewegs in den Kollaps. Dass dieses Verhalten noch nicht gespeichert ist, zeigen immer wieder anrührende Versuche der Psychologen und Neurowissenschaftler. Der soziale Gedanke ist bei Kleinstkindern absolut intakt und aktiv. Erst mit der folgenden Erziehung trainieren wir den Kindern dieses Verhalten ab, erziehen sie zu asozialen Wesen, die erst einmal den eigenen Vorteil im Blick haben sollen, Selbstverwirklichung, individuelle Freiheit und damit absolute Steuerbarkeit durch die absolutistischen Herrscher, die uns mit all dem versorgen, was wir zu diesen Aktionen brauchen: „Brot und Spiele“. Und die modernen Menschen leben nicht besser, sind nicht freier als die Sklaven im römischen Reich. Dieses zumindest, solange sie mit allem versorgt werden, was sie meinen, zu ihrem Glück zu brauchen. Gleichzeitig spüren sie aber, dass sie gegen ihr uraltes Gewissen handeln und geraten in Stress.

Im Augenblick des Zusammenbruchs dieses künstlichen Paradieses, merken die meisten Menschen dann, dass sie grausam belogen und ausgenutzt wurden. In diesem Moment werden sie aktiv und lassen den archaischen Trieb sozial handeln zu müssen, wieder zu. Natürlich ist dann auch der Stress verflogen und obwohl sie sich vielleicht aufopfern müssen, eine Arbeit leisten, die sie zuvor nie angerührt hätten fühlen sie sich erleichtert, glücklich. Die archaische Erfahrung hat sich endlich durchsetzen können.

 

Gemeinsam aufräumen

 

In diesem absolut kurzen Zeitraum, einem Wimpernschlag in der Geschichte von Mutter Erde haben wir Menschen eine heillose Verwüstung, ein absolutes Chaos angerichtet. Wie ein Kind, das einen immer neuen Teller zerschlägt, sitzen wir vor dem Scherbenhaufen, kratzen uns am Kopf und wissen eigentlich, dass unsere Aktion die Teller zerstört. Trotzdem gehorchen wir immer wieder diesem Befehl und schlagen zu. Es ist Zeit, nicht mehr zu gehorchen. Wenn wir dann von unserem ziemlich sinnlosen Tun aufschauen, stellen wir fest, dass wir eine große Gruppe von „Elefanten im Porzellanladen“ sind. Gestehen wir dann noch unseren Fehler ein, geben unsere Hilflosigkeit zu, finden wir schnell wieder Kontakt mit der Gruppe und können dann gemeinsam aufräumen, die Scherben zusammenkehren.

Wie Ende August in Geesthacht an der Elbe engagieren sich vielerorts und überall auf unserem kleinen Planeten Menschen in Gruppen, um all die Fehler zu korrigieren, die Zerstörung beseitigen, die wir angerichtet haben. Das ist der einzige Weg, wenn wir überhaupt eine Chance haben wollen, nicht als kurze Episode, allerdings mit großer Zerstörungskraft in die Geschichte des Lebens, eingehen zu wollen.