Banken, Fonds oder Investorengruppen nennen sich nachhaltig, wenn sie „grüne“ Projekte finanzieren. Wenn man aber wirklich ernsthaft vorhat, eine nachhaltige Zukunft zu schaffen, müssen sowohl die angeblich grünen – und damit vielleicht nachhaltigen – Projekte, als auch das „Investieren“ grundsätzlich überdacht werden. Es macht wenig Sinn, das System beizubehalten, dass für die eben grundsätzlich nicht nachhaltige Entwicklung verantwortlich ist. Möglicherweise verhindern also all die „grünen“ Investitionen – mit fremdem Kapital – eine wirklich nachhaltige Zukunft, weil sie das kannibalische System letztlich erhalten.
Rendite will Wachstum und keine Nachhaltigkeit
Das Beispiel Griechenlands zeigt, wie falsch es ist, eine Wirtschaft auf externes Kapital zu gründen. Dieses will nämlich eine Rendite haben, also mehr Geld aus der Wirtschaft herausziehen, als hineingegeben wurde. Wachstum unter nachhaltigen Bedingungen ist vielleicht anfänglich – wenn das Projekt neu ist und eine „Marktnische“ besetzt – möglich, darf aber niemals eine grundsätzliche Forderung bleiben. Wirklich nachhaltig können also grundsätzlich nur zinslose Darlehen sein, wenn überhaupt fremdes Geld für ein Projekt erforderlich ist.
Eine echte nachhaltige Wirtschaft funktioniert ausschließlich ohne Fremdkapital und ohne einen Wachstumszwang. Jedes Projekt muss so ausgelegt sein, dass es problemlos beendet werden kann, wenn nämlich der ursprüngliche Zweck erfüllt ist. Werden zum Beispiel von einem Tischlerbetrieb nachhaltige, also dauerhafte Möbel hergestellt und der regionale Markt ist „gesättigt“, muss der Betrieb sich umstellen können, z.B. nur noch ab und an kleinere Reparaturen auszuführen. Der Rest der „Belegschaft“ muss dann anderweitig „Beschäftigung“ finden.
Wirtschaft muss völlig neu gedacht werden
Produkte jedweder Art dürfen nur solange hergestellt werden, bis der wirkliche Bedarf gedeckt ist. Natürlich gibt es aktuell einen enormen Bedarf an nachhaltigen Produkten, aber auch dieser ist relativ schnell gedeckt. Europa lebt in einem Überflusssystem und hat Bedürfnisse geschaffen, die es eigentlich nicht gibt. In Wahrheit sind wahrscheinlich 90 Prozent aller „Dinge“, die Menschen meinen zu benötigen, nicht nur überflüssig sondern unsinnig und letztlich schädlich – für die Menschen und in jedem Fall für die Mitwelt. Diese müssen also nicht durch nachhaltige Produkte ersetzt werden.
Es muss also bei jedem „grünen“ Projekt genau geprüft werden, wie sinnvoll es an dem jeweiligen Ort ist und ob es einen ernsthaften Bedarf gibt. Sodann sollte vor Ort untersucht werden, ob nicht die potenziellen Nutzer des Projekts dieses selbst finanzieren – oder sonstwie umsetzen – können. Ein gemeinsam, zum Beispiel genossenschaftlich realisiertes, Projekt, finanziert von den „Kunden“ ist natürlich viel sinnvoller, als eines mit fremdem Kapital bezahltes. Ein Vorbild hierfür ist die solidarische Landwirtschaft oder genossenschaftliche nachhaltige Energieprojekte. Derartige Verfahren können möglicherweise irgendwann völlig ohne „Geld“ auskommen. Die Menschen bauen das an, stellen das her, was sie am Ort und zum Leben benötigen. Sie machen es selbst und beachten dabei sehr aufmerksam alle lokalen Bedingungen, also die lokale Mitwelt. Ihr Projekt wirkt sich dann nur auf ihren Ort, ihre Region aus und diese wollen sie ja erhalten, als sicheren zukünftigen Lebensraum. Eine besonders wichtige Bedingung ist dann auch die nachhaltige Rohstoffversorgung.
Können heute „Projekte“ überhaupt „grün“ sein?
Wie weit die westliche Wirtschaft in den globalen Kannibalismus verstrickt ist, beweist das „Kongo-Tribunal“, das der Regisseur Milo Rau angeregt und im Kongo selbst und in Berlin den Menschen vorgeführt hat. Schon, wenn Projektbeteiligte ein Handy besitzen, gehören sie zu den Mitschuldigen an dem „neuen Holocaust“, der seit 1885 in ganz Afrika und aktuell besonders im Kongo wütet und hier bereits 10 Millionen Menschen auf grausamste Weise abgeschlachtet hat. Seit gut 15 Jahren ist Coltan, der wichtigste Rohstoff für Handys, die Ursache der Gier. In Nigeria ist es das Öl, auch ein Rohstoff für die Kunststoffherstellung.
Wie kann man also eine Verstrickung, eine Mitschuld vermeiden?
Solange die Menschen diesen Kannibalismus weiter zulassen, werden Millionen Afrikaner in ihre Länder strömen und ihnen die Grausamkeit ihres Wohlstandssystems vor Augen führen. Ebenso lange wird es sehr schwer sein, wirklich nachhaltige Projekte zu finden, die guten Gewissens unter Beibehaltung des kannibalischen Systems gefördert werden können. Auch die aktuelle Eskalation des „griechischen Problems“ ist ein Beleg dafür, wie skrupellos die angeblich Guten, das sollen die demokratisch legitimierten Industrienationen, also die eigentlichen „Schlächter“, sein, mit Menschen und Mitwelt umgehen.
Rendite und Wachstum sind die Wurzeln des Übels, der Pakt mit dem Teufel oder mit dem „Kaufmann von Venedig“, dem grausamen Shylock. Solange auch das grünste Projekt in irgendeiner Form noch dieses System aufrechterhält, kann es nicht nachhaltig sein.
http://www.zeit.de/wirtschaft/geldanlage/2015-07/nachhaltigkeit-geld
http://www.landeszeitung.de/blog/aktuelles/247320-internationales-forschungszentrum-fuer-nachhaltigkeit-an-der-leuphana
http://www.forum-ng.org/de/
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/fng-marktbericht-nachhaltige-geldanlagen-2012-a-857288.html
http://www.forum-ng.org/images/stories/Publikationen/fng_marktbericht2015_online.pdf
http://www.3sat.de/page/?source=/scobel/152914/index.html
http://www.spektrum.de/news/der-wert-des-geldes/1207706
http://www.3sat.de/page/?source=/specials/137798/index.html
http://www.zeit.de/2015/27/kongo-tribunal-milo-rau-theater
https://www.planet-schule.de/sf/filme-online.php?film=8553