ViennaGreenco2
ViennaGreenco2
Projektleiter Gerhard Schöny im Interview.
Dieser Artikel wurde am 27. Januar 2017 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Seit 2015 läuft an der TU Wien das Projekt ViennaGreenCO2. Die Forscher testen ein neues Verfahren, das Kohlendioxid aus Abgasen entfernt. Dieses abgetrennte CO2 soll dann als Dünger verwendet werden. Projektleiter Gerhard Schöny erklärt, wie das funktioniert und welchen Nutzen das Projekt für Wien und die Gewächshäuser bringt.

 

 

 

Wie kam es zum Forschungsprojekt „ViennaGreenCO2“?

Wir in der Forschungsgruppe und am Institut arbeiten seit Jahren an Technologien, die ermöglichen, dass das CO2 von fossilen Energieträgern, die in Kraftwerksprozessen eingesetzt werden, nicht emittiert, sondern herausgefiltert und somit nicht klimaaktiv wird. Das CO2 wird dann zum Beispiel in Speicherstätten endgelagert. Das wird schon sehr lange gemacht, entsprechende Projekte gibt es zum Beispiel in der Nordsee. Diese sparen eine Million Tonnen an Emissionen jährlich. So viel also zur Grundidee.

Dazu kommt, dass die Energiebranche sehr interessiert ist an dieser Technologie. Es gibt verschiedene Technologien, die wir erforschen. Wir haben bestehende Versuchslabors, wir möchten jetzt aber in einem nächsten Schritt eine Pilotanlage in Simmering, bauen und demonstrieren, wie die Technologie funktioniert. Da ist der TU-Zugang.

Was macht das CO2 in Gewächshäusern?

Wien Energie hat im Jahr 2012 gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer und LGV Frischgemüse eine Potenzialstudie durchgeführt. Die Gewächshäuser in Simmering beziehen über den Kraftwerksstandort Fernwärme und werden so beheizt. Bei Gewächshäusern ist es bereits Standard, dass CO2 eingeleitet wird, um das Wachstum der Pflanzen zu beschleunigen. Pflanzen benötigen für die Photosynthese neben der Sonne auch CO2. Wird die Luft mit CO2 angereichert, können die Pflanzen bis zu fünf Mal schneller wachsen. Damit erreichen wir einen doppelten Nutzen.

Was wäre der Nutzen des Projekts?

Viele Gewächshäuser nördlich der Donau erzeugen ihren Strom und ihre Wärme selber mit Gas-Blockkraftwerken. In Simmering nutzen sie die Fernwärme, kaufen das CO2 aber teuer von Lieferanten zu. Eine Tonne CO2 kann da schon mal 120€ kosten. Im Vergleich dazu werden CO2-Zertifikate derzeit um fünf bis zehn Euro gehandelt. Das ist relativ teuer und für die Gärtner mit einem wirtschaftlichen Druck verbunden.

2012 haben wir uns gemeinsam mit Wien Energie angesehen, ob es möglich ist, auch das CO2 von dort zu beziehen – zum Beispiel aus dem Biomassekraftwerk. Wir haben festgestellt, dass das technisch machbar ist. In Holland ist das bereits Stand der Technik.

Welche Vorteile bringt das Projekt?

Es gibt Technologien, die das CO2 aus dem Rauchgas abscheiden. Diese sind aber nicht kostengünstig. Wien Energie hat mit unserem Institut Kontakt aufgenommen, um zu sehen, welche Technologien es gibt. Schon ein Jahr später konnten wir eine Technologie anbieten. Dann wurde der Förderantrag gestellt.

Wie funktioniert die Technologie hinter ViennaGreenCO2?

Es werden Feststoffe eingesetzt, die als aktives Material Amine draufimprägniert haben. Bei niedrigen Temperaturen bis ungefähr 50°C kann das CO2 durch eine chemische Reaktion aufgenommen werden. Wird das Material im Anschluss aufgeheizt, gibt es das CO2 wieder ab. Wir arbeiten mit zwei Behältern. In den ersten werden die Abgase des Biomassekraftwerks eingeleitet, das CO2 kommt mit dem Feststoff in Kontakt und wird abgeschieden. Aus dem Behälter treten Abgase mit um bis zu 90 Prozent vermindertem CO2-Anteil aus.

Der beladene Feststoff wird dann im zweiten Behälter aufgeheizt, das CO2 wird freigegeben und in ein Testgewächshaus der LGV eingeleitet. Dort möchten wir anhand von Düngeversuchen herausfinden, ob das bessere Pflanzenwachstum auch mit unserem abgeschiedenen CO2 funktioniert, oder ob darin etwa Spurenstoffe enthalten sind, die die Blätter verfärben. Das Ergebnis vergleichen wir dann mit dem aus einem Vergleichsgewächshaus.

Wie geht es mit „ViennaGreenCO2“ weiter?

2015 fand der Projektstart statt. Beteiligt sind die TU Wien, die BOKU Wien, Wien Energie, Shell, die Anlagenbaufirma Bertsch, die LGV Frischgemüse, die LK Projekt und EmTec.

Das Basisdesign ist nach diversen Vorarbeiten an den Unis für die Pilotanlage nun fertig. Mitte 2017 soll die Pilotanlage gefertigt werden und sämtliche Anschlüsse und Einrichtungen durchgeführt werden, sowie die ersten Versuche beginnen. Das bedeutet, dass wir die Anlage in Betrieb nehmen, sie kennenlernen und zu einem günstigen Düngezeitraum im August oder September auch einen Versuch an Gurken durchführen. Wir werden eine gesamte Düngeperiode von 12 bis 14 Wochen durchlaufen.

Ziel des Projekts ist es, herauszufinden, ob die neue CO2-Abscheidung zu bestehenden Konzepten konkurrenzfähig ist und ob sie billiger und energieeffizienter ist. Also, ob anhand der Technologie Wien Energie den Gärtnern das abgeschiedene CO2 aus den Abgasen kostengünstiger bereitstellen kann.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit beim Projekt?

Wir scheiden das CO2 aus den Abgasen des Biomassekraftwerks ab. Natürlich wird das CO2 nicht zur Gänze gebunden, sondern geht letztlich wieder in die Atmosphäre. Wird das CO2 aber am Markt gekauft, hat es lange Transportwege hinter sich, die wir vermeiden könnten. Die CO2-Reduktion passiert also vorwiegend durch das Wegfallen der Transportwege, für die ja fossile Energieträger herhalten müssen.  

Könnte man das CO2 , das aus den Gewächshäusern in die Atmosphäre gelangt, nicht erneut binden?

Das haben wir auch schon überlegt, haben es aber nicht vor. Je geringer die Konzentration des CO2 ist, desto größer wird auch der Energiebedarf, um es abzuscheiden. Wir maßen uns nicht an, dass wir mit unserem CO2-Gewächshaus die Welt retten. Das CO2 wird emittiert und letztendlich doch klimawirksam. Aber durch unsere Technologie entsteht ein enormer Nutzen für die LGV, die ja bis zu 70 Prozent des Gemüsebedarfs von ganz Wien deckt. Vor allem aber wird das CO2 regional genutzt und der Transport fällt weg.

httpv://www.youtube.com/watch?v=ib5meAW8Tss

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Quelle: Energieleben Redaktion
Foto: TU Wien/Julius Pirklbauer

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