Wie wirkliche Präsenz auch wesentlich zur Nachhaltigkeit beitragen kann.

Oft wird Meditation und das im Hier und Jetzt sein dargestellt wie ein Allheilmittel für Zufriedenheit im Leben, oder vielleicht sogar um die Erleuchtung (oder was auch immer) zu finden. Wenn wir nur wirklich präsent sind, dann ist alles gut. Und ich streite nicht ab, dass Präsenz im aktuellen Moment uns nicht auch zufriedener fühlen lässt. Das tut es sogar in den meisten Fällen.

Es kann jedoch so viel mehr als nur den persönlichen individuellen Wunsch des sich gut Fühlens erfüllen. In diesem Beitrag betrachte ich den direkten, greifbaren und erlebbaren Zusammenhang zwischen Achtsamkeit im Moment und einem nachhaltigeren Leben.

Direkt Wahrnehmen

Wenn wir verstärkt im Hier und Jetzt sind, und wirklich beobachten und wahrnehmen, was sowohl in uns als auch um uns herum passiert, können wir viel direkter erkennen, wo es gerade hakt. Wir erkennen, wo es gerade nicht so rund läuft, und was wir ändern wollen. Und das betrifft nicht die Überthemen wie Klimawandel, Gewalt oder ähnliches. Wir erkennen die konkreteren Themen, wo wir auch greifbarer ins Handeln kommen können.

Oft meinen wir, Achtsamkeit nur in einer bestimmten Position mit genauen Regeln üben zu können. Es geht aber jederzeit und überall. – Photocredit: pixabay.com/lograstudio

Es sind Beispiele wie die Beobachtung, dass in einem bestimmten Baum oder einer Baumgruppe eine bestimmte Art Eichhörnchen zu einer bestimmten Jahreszeit ihre Jungen aufziehen. Nur wenn wir das wissen, können wir auch aktiv werden, wenn die Gefahr besteht, dass die Bäume gefällt werden.

Oder wenn wir einen bestimmten Waldpfad entlang gehen, und an einer Stelle vermehrt Müll herumliegen sehen, wir ihn gleich aufheben können. Beobachten wir hingegen, dass an der gleichen Stelle immer wieder neuer Müll sich anhäuft können wir initiieren, dort einen Mistkübel aufstellen zu lassen, der auch regelmäßig geleert wird.

Wie die Beispiele zeigen, ist das Wahrnehmen aber nicht nur auf den Moment beschränkt, um danach wieder alles zu vergessen. Wenn wir bewusster und aufmerksamer durch die Welt gehen, bemerken wir mehr Zusammenhänge. Wir können es mit anderen Ereignissen in der Vergangenheit besser verknüpfen, und daraus direktere Folgen abschätzen.

Schnell Reagieren

Zusätzlich ist das Training, im Hier und Jetzt zu sein, auch bei der Umsetzung ein wichtiger Helfer. Wenn wir im Moment sind, können wir nicht nur direkter erkennen, was gerade schief läuft, wir können auch schneller unseren Kurs ändern, oder auf Veränderungen reagieren. Dann lassen wir uns nicht so leicht von irgendwelchen unwichtigeren Dingen ablenken, sondern kommen direkter ins Handeln.

Wenn wir den Himmel ständig beobachten, und präsent sind, erkennen wir viel früher, wenn ein Gewitter aufzieht. – Photocredit: pixabay.com/12019

So oft denken wir uns: „Oh, wie schlimm, da muss man echt was dagegen tun!“ Und manchmal kommen wir sogar soweit, dass wir die Info über eine Katastrophe in sozialen Medien teilen. Vielleicht unterschreiben wir sogar eine Petition dagegen. Aber wie viele von uns schaffen es dann, sich nicht vom Alltag mitreißen zu lassen, und wirklich mal auf eine Demonstration zu gegen? Oder sogar eine Initiative in die Welt zu rufen, um etwas zu ändern? Oder auch einfach nur dem Menschen, der da einsam sitzt und um Hilfe bittet ein paar Minuten (oder auch länger) unserer Zeit zu schenken, um ihm wirklich zuzuhören?

All diese Aktionen und Reaktionen – egal wie klein oder groß sie scheinen – sind die einzig wahren Dinge die einen Unterschied machen für eine lebenswertere Zukunft.

Präsenz trainieren

Sowohl das aufmerksamer wahrnehmen als auch das Aufstehen und in die Gänge kommen können wir trainieren. Und es hängt direkt mit dem im Hier und Jetzt sein zusammen.

Viele von uns kennen Meditation in Form von starr sitzen und mit geschlossenen Augen den Atem beobachten, während wir die ständig auftauchenden Gedanken beobachten und wieder weiterziehen lassen. Das ist aber nicht die einzige Möglichkeit.

Häufig ist es viel hilfreicher, die Übungen fließend in den Alltag einzubauen. Das kann sein, dass wir uns einen zufälligen Wecker stellen, der uns daran erinnert, JETZT hier zu sein. Dann können wir mehrmals tief atmen, unsere Sinne schärfen, beobachten, was wir jetzt gerade in dem Moment sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken. Oder wir verknüpfen die Erinnerung an eine Tätigkeit, wie etwa gehen, oder auf jemanden oder etwas warten. Immer wenn wir das tun, und es uns auffällt, dass wir es tun, gehen wir in die Sinneswahrnehmung.

Wenn wir einfach nur beim gehen trainieren, achtsam zu sein, anstatt uns auf unsere diversen Geräte zu konzentrieren, kann dies auf lange Sicht gesehen ein viel nachhaltiger Akt sein, als wir denken. – Photocredit: pixabay.com/Free-Photos

Um dann auch in eine schnellere Reaktionsfähigkeit zu kommen, können wir unsere alltäglichen Muster beobachten und durchbrechen. Das hilft auch schon bei einfachen Dingen, wie etwa mit welcher Hand oder auf welche Art wir uns die Zähne putzen, oder welchen Weg wir in die Arbeit nehmen. Wie können wir Wege finden, es jedes Mal ein wenig anders zu machen?

Für bestimmte Bewegungen die andere Hand nutzen, oder einen leicht anderen Weg oder ein anderes Fortbewegungsmittel zu nutzen wirken wie sinnlose Übungen. Sie trainieren jedoch unser Hirn darauf, im Moment wahrzunehmen, was wir tun, und bewusst eine andere Handlung auszuführen. Und wenn wir es im Kleinen üben, tun wir uns in anderen Situationen wesentlich leichter, flexibler zu reagieren.

Auf diese Prämisse ist auch das Training für mehr Resilienz und Widerstandsfähigkeit aufgebaut. Und diese sind in Kombination mit der Diversität ja schließlich auch Eckpfeiler für eine nachhaltige, lebenswerte Zukunft.

Herausforderungen

Wir haben uns in unserem Kulturkreis speziell über die letzten Jahrzehnte, oder auch Jahrhunderte immer stärker vom Handeln und Wahrnehmen im Moment entfernt. Daher ist eine dauerhafte Änderung unserer Gewohnheiten hin zum direkteren Agieren eine große Herausforderung. Häufig wird auch unsere Faulheit siegen, oder die Überforderung zuschlagen, wo wir denn nun aktiv werden sollen bei all den tragischen Dingen auf der Welt. Und auch da hilft eine stetige Praxis, immer wieder, egal was wir gerade tun, uns in den Moment zurückzuholen und wahrzunehmen. Erst dann können wir konkreter handlungsfähig werden.

Fazit

Viele Praktiken, die häufig in spirituellen oder spirituell anmaßenden Kreisen präsent sind, haben in den meisten Fällen durchaus auch praktischen Nutzen. Das sind nicht nur Meditation, sondern auch das Üben von Dankbarkeit, oder das Lernen, ohne Erwartungen zu geben bzw. zu schenken. Diese Praktiken automatisch als „komisch“, „sinnlos“ oder “nur für Hippies” abzustemplen, kann uns daran hindern, davon zu lernen. Dadurch verschließen wir uns außerdem davor, dass es für unser Leben, und dadurch auch für unser Umfeld und in weiterer Folge vielleicht sogar für unsere Umwelt einen hilfreichen Beitrag leisten kann.

Weiterführende Quellen

Die Wichtigkeit großer Raubtiere
Kontinuierliche Verbesserung statt unendliches Wachstum