Dieser Artikel wurde am 10. Februar 2014 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell! In unseren Regierungen und wissenschaftlichen Instituten, in der Wirtschaft und den Medien wird Nachhaltigkeit stets an…
Dieser Artikel wurde am 10. Februar 2014 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

In unseren Regierungen und wissenschaftlichen Instituten, in der Wirtschaft und den Medien wird Nachhaltigkeit stets an ökonomischen Maßstäben gemessen. Der Mensch – oder besser sein Gehirn – kann nur mit den Bausteinen, den Begriffen denken, die er kennt. Zusätzlich erhält er jedoch Informationen in Form von Gefühlen. Im „westlichen Denken“ werden diese jedoch ignoriert, weil sie nicht in die materialistische Anschauung passen, die unser Weltbild bestimmen. Das ist jedoch ein schwerwiegendes Problem, weil gerade diese Offenheit für „nicht mit Worten zu beschreibenden“ Informationen für eine vollständige Kommunikation mit der Mitwelt entscheidend ist. Die grundsätzlich und absolut materialistische Anschauung kann damit wirkliche Nachhaltigkeit nicht denken, und damit auch so keine Konzepte für eine nachhaltige Zukunft entwickeln.

 

Eine globale „Verwestlichung“ zerstört auch den Rest der Welt

 

Bereits 1855 beschrieb Alexis de Tocqueville die beginnende „feindliche Übernahme“ der restlichen Welt durch die Europäer: „die europäischen Völker sind oft die größten Schurken, aber wenigstens sind sie Schurken, die Gott mit Willen und Kraft begabt und denen er die Bestimmung zugewiesen hat, für einige Zeit an der Spitze der Menschheit zu stehen. Nichts auf dem gesamten Erdball vermag ihrem Einfluss zu widerstehen“ („The European Revolution“ and Correspondence with Gobineau, N.Y. 1959, S. 268).

Es folgte die beispiellose, barbarische Ausbeutung Asiens, Afrikas und Südamerikas, angetrieben durch den unstillbaren Rohstoffhunger und der Bedarf an riesigen Absatzmärkten. der explosionsartig wachsenden Industrie. Mit dem Beginn der „Eroberung“ Südamerikas, in Verbindung mit einem Millionenheer aus Afrika „importierter“ Sklaven hatte die Kolonialisierung der Welt ihren Lauf genommen, vor deren Scherbenhaufen die Menschen heute stehen. Der „Westen“ ist jedoch bisher nicht bereit, ja nicht in der Lage, das eigene Handeln in Frage zu stellen, sondern verharrt in seinem „großimperialen Denken“. Dass diese Entwicklung zerstörerisch ist, haben Menschen außerhalb Europas, die nun einmal eine völlig andere Art zu denken und zu leben hatten, sofort erkannt. Der indische Gelehrte Tagore (Rabindranath Thakur), Literaturnobelpreisträger (1913) und Freund und Berater Gandhis schrieb 1901: „Eher wissenschaftlich als menschlich (…), überrennt er (der Westen) die ganze Welt wie ein wucherndes Unkraut (…). Er ist raubtierhaft und kannibalistisch in seinen Strebungen, er ernährt sich von den Ressourcen anderer Völker und versucht, deren ganze Zukunft zu verschlingen (…). Er ist mächtig, weil er all seine Kräfte auf ein Ziel konzentriert, wie ein Millionär, der auf Kosten seiner Seele Geld scheffelt.“ (Amiya Dev und Tan Chung (Hg.), Tagore and China, Delhi 2011, S. 242).

 

Eine fast 4.000 Jahre währende “Harmonie” wird dem Profit geopfert

 

„Asiatische Länder (…) haben einander nur selten überfallen, sie behandeln sich wechselseitig gemäß der kunfuzianischen Tugend der Mitmenschlichkeit mit Respekt. …“ schrieb der chinesische Denker – und Revolutionär – Zhang Taiyan 1907 angesichts der wirklich kannibalischen Aktionen der Europäer in Asien seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Auch der große indische Revolutionär Mohandas Gandhi konnte den brachial agierenden Kapitalismus, mit den christlichen Missionaren im Schlepp („eine blutrünstige Religion“) nur als „satanisch“ bezeichnen. Die Auswüchse in Deutschland von 1933 bis 1945 erschienen „dem Rest der Welt“ nicht einmal mehr besonders abgründig,sie nahmen sie lediglich als preußisch akkurat organisiert und dokumentiert wahr, jedoch durchaus im Kontext des europäischen Gebarens seit Beginn des globalen Imperialismus.

„Wenn organisierter nationaler Eigennutz, rassische Antipathie und kommerzielle Selbstsucht ihre entstellten Gesichter in ihrer ganzen Nacktheit zu zeigen beginnen, ist es für den Menschen an der Zeit zu erkennen, dass sein Heil nicht in politischer Organisation und erweiterten Handelsbeziehungen liegt, nicht in einem mechanischen Umbau der Gesellschaftssysteme, sondern in einer tieferen Umgestaltung des Lebens, in der Befreiung des Bewusstseins durch Liebe, in der Erkenntnis Gottes im Menschen“, schrieb Tagore dazu bereits vor 100 Jahren. (M. Collins, Empire, Nationalismand the Postcolonial World. R. Tagores Writings on History, Politics and Society, N.Y. 2011, S.67) Der Westen ignorierte stets, dass der Rest der Welt nicht allein in ökonomischen Begriffen dachte, sondern nach wie vor sogenannte „spirituelle“ Momente, also ein Gefühl für die Harmonie mit der Mitwelt in das Handeln einbezog und noch einbezieht.

„Die Grundprinzipien, in denen unsere Nation gründet, sind Quietismus im Unterschied zum westlichen Aktivismus, spirituelle Zufriedenheit im Unterschied zum Streben nach materiellen Vorteilen, agrarische Selbstversorgung im Unterschied zum merkantilistischen Profitstreben und ein moralisch veränderndes Gefühl für Brüderlichkeit statt Rassentrennung (…). Einer auf Landwirtschaft basierenden Nation fehlt es an Wissen im Bereich der industriellen Künste, aber die materiellen Ansprüche sind vergleichsweise gering“, beschrieb der chinesische Philosoph Zhang Junmai 1920 das asiatische Problem. Genau dieses Problem ist im 21. Jahrhundert noch die Ursache für alle Kriege, Aufstände und den „globalen Terrorismus“, also die Ursache dafür, dass eine wirklich nachhaltige Entwicklung, die nur global erfolgen kann, durch die Ignoranz des Westens verhindert wird.

Wissenschaftlich (psychologisch) gesehen, sind die Politiker und die sie lenkenden Ökonomen und Konzernlenker „Psychopathen“, gefährlich seelisch Kranke (nach: Kevin Dutton: Psychopathen. Was man von Heiligen, Anwälten und Serienmördern lernen kann. dtv München, 2013) Diese „seelischen Krüppel“ beherrschen mit ihrer ökonomischen Macht seit nunmehr fast 200 Jahren den Globus. Um eine nachhaltige Zukunft überhaupt denken zu können, müssen all diese „asozialen Elemente“ entmachtet werden und die europäischen Menschen müssen sich trauen wieder zuzulassen, dass sie in Wahrheit auch in der Lage sind „Spiritualität“, also das Gefühl einer Harmonie mit der Mitwelt zu spüren.

Derartige Bestrebungen gab es in der Tat seit Beginn der „Beherrschung der Welt“, seit die Industrialisierung begann „die Welt zu fressen“.